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# taz.de -- Leichenfunde in Kenia: Massenmorde im Namen Jesu
> Ein christlich-fundamentalistischer Sektenführer in Kenia predigte
> Todesfasten, um Jesus Christus näherzukommen. Über 100 Kinder
> verhungerten.
Bild: Polizisten bergen die Toten von Shakahola
Berlin taz | Wer lässt die eigenen Kinder und Enkel verhungern und
verdursten und erstickt sie, wenn sie nur noch Haut und Knochen sind?
Anhängern der christlich-fundamentalistischen „Good News International
Church“ in Kenia wird dies vorgeworfen, und das ganze Land ist entsetzt,
seit Mitte April die Polizei vier tote und elf halbtote Menschen aus einem
Waldstück barg, das zur Farm des Sektenführers Paul Mackenzie Nthenge
gehörte – ein Fernsehprediger, der Todesfasten predigte, um im Jenseits
Jesus Christus zu treffen. Seine Fans nahmen das wörtlich – jedenfalls für
ihre kleinen Kinder und Enkel.
Mittlerweile wurden 109 Leichen im Wald von Shakahola geborgen. Am Dienstag
wurde Mackenzie einem Haftrichter vorgeführt, des Terrorismus angeklagt und
in ein Hochsicherheitsgefängnis in der Küstenmetropole Mombasa gebracht –
wie sonst nur islamistische Terroristen. „Was wir in Shakahola sehen,
gleicht dem Terrorismus“, erklärte vergangene Woche Kenias Präsident
[1][William Ruto] und sagte allen den Kampf an, die „im Namen von Religion
inakzeptable Ideologien verbreiten“.
Christliche Fundamentalisten sind in vielen Ländern der Welt mindestens
genauso einflussreich und todbringend wie ihre islamistischen Gegenstücke.
Nach Paul Mackenzie wurde in Kenia ein weiterer bekannter evangelikaler
Prediger verhaftet: Ezekiel Odero, zu dessen „New Life Prayer Centre and
Church“ sogar die Ehefrau des Vizepräsidenten gehört.
Einige der in Shakahola geborgenen Leichen sollen auf Oderos Farm gekühlt
worden sein, bevor sie im Wald von Shakahola begraben wurden. Dort predigte
Mackenzie nicht nur Todesfasten, er erklärte auch Schulen und Krankenhäuser
zur Sünde, ebenso elektronische Zahlungsmethoden, alles Bestandteile eines
modernen kenianischen Lebensstils.
## An Hinweisen auf die Vorgänge mangelte es nicht
Haben Kenias Behörden zu lange weggesehen? Mackenzie wurde erstmals 2017
festgenommen, weil er in seiner Kirche Kinder festgehalten hatte, und
erneut 2019 wegen Hasspredigten gegen andere Religionen. Im gleichen Jahr
kam einer seiner Prediger, dessen drei kleine Kinder an unbehandelter
Tuberkulose und Unterernährung litten, vor Gericht. Alle Verfahren endeten
mit Freispruch. Ungestört konnte Mackenzie aus der Touristenhochburg
Malindi am Indischen Ozean, wo er lebte, wegziehen und sich der
Aufmerksamkeit entziehen – auf der Farm von Shakahola, 70 Kilometer
entfernt.
An Hinweisen über seltsame Vorgänge auf der Farm mangelte es nicht. Noch am
23. März ließ ein Gericht in Malindi den Sektenchef gegen eine Kaution von
umgerechnet 67 Euro laufen, nachdem die Polizei einem Hinweis über zwei
tote Kinder auf seiner Farm nicht vor Ort nachgegangen war. Aber als sich
einige Wochen später Dorfbewohner von Shakahola mit Sektenangehörigen auf
dem Markt stritten, griff die Polizei erneut ein, erfuhr von dem
Massenverhungern und sah nach. Nun rollt die Aufarbeitung des Horrors.
3 May 2023
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## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Kenia
Fundamentalismus
Sekte
Christentum
Kenia
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