# taz.de -- Landtagswahl in Niedersachsen: Erste Schritte zurück in den Morast | |
> Vor der Landtagswahl nimmt die Debatte um den Moorschutz an Fahrt auf. | |
> Zuvor war er kaum ein Thema und Umweltschützer bleiben skeptisch. | |
Bild: Schaufel für Schaufel zerstören sie das Moor: Bagger beim Torfabbau | |
HAMBURG taz | Dass weitere 80 Hektar [1][Moorlandschaft im Westen | |
Niedersachsens] verschwinden sollen, will Matthias Schreiber vom | |
Umweltforum Osnabrück nicht akzeptieren. „Es kann nicht für den Torfabbau | |
das Moor zerstört werden, wodurch dann gewaltige Mengen CO2 freigesetzt | |
werden“, sagt Schreiber. Ein Blumenerden-Produzent hat einen Antrag zur | |
Abtorfung im Großen Moor bei den zuständigen Landkreisen Osnabrück und | |
Vechta gestellt. | |
Schreiber will, dass die Erteilung nicht kommt. Das Moor wurde zwar auch in | |
der Vergangenheit schon für den Torfabbau genutzt, doch jetzt soll es bis | |
2032 noch einmal auf einer weiteren Fläche ausgebeutet werden. Ob Schreiber | |
Erfolg hat, ist jedoch noch offen. | |
Die Debatte um den Schutz der Moore nimmt im laufenden Wahlkampf zur | |
Landtagswahl am 9. Oktober Fahrt auf: Selbst das für progressiven Umwelt- | |
und Klimaschutz nicht gerade bekannte Landvolk Niedersachsen veranstaltete | |
kürzlich eine Veranstaltung zur Zukunft der Moore. | |
Warum es zuvor im Land kaum ein Thema war, ist angesichts der Zahlen | |
erstaunlich: Niedersachsen ist Moorland. [2][Knappe 40 Prozent der Hoch- | |
und Niedermoore in Deutschland] liegen in Niedersachsen – das sind 8,4 | |
Prozent der Landesfläche. Da die meisten Moore im Land entwässert sind, | |
tragen sie in großem Ausmaß zur Klimabilanz des Landes bei: | |
Niedersächsische Moore emittieren 10,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente und | |
damit etwa 11 Prozent der Gesamtemissionen des Landes. | |
## CDU und SPD haben nicht viel gemacht | |
Doch wie im Großen Moor, das Schreiber vor weiterer Zerstörung schützen | |
will, sieht es auch im Rest des Landes aus: Der Torfabbau schreitet voran, | |
die entwässerten Flächen werden weiter für die Landwirtschaft genutzt, nur | |
wenige Moore sind geschützt. | |
Und die Politik? Im Fazit über die nun endende [3][Große Koalition in | |
Niedersachsen] sind sich in Sachen Moorschutz Umweltschützer:innen | |
einig: Zu wenig haben SPD und CDU unternommen. „Die Brisanz und | |
Dringlichkeit war dort nicht angekommen“, sagt etwa die Landesvorsitzende | |
des BUND, Susanne Gerstner. | |
Das könnte sich gerade ändern. Die SPD spricht zum Erreichen der Klimaziele | |
den Moorflächen eine „Schlüsselrolle“ zu. Sie will eine Naturschutzstiftu… | |
gründen, die den Erwerb und die Wiedervernässung von Moorflächen | |
organisieren und umsetzen soll. Dafür brauche es aber die Zustimmung der | |
Landwirtschaft: Landwirt:innen sollen in diesen Transformationsprozess | |
eingebunden werden. Gelingen soll das, indem der Moorschutz Teil des | |
„Niedersächsischen Wegs“ wird, mit sich dem bisher Politik, Landwirtschaft | |
und Naturschutz auf konkrete Fortschritte beim Natur-, Arten- und | |
Gewässerschutz geeinigt hatten. | |
Auch die CDU setzt auf den Niedersächsischen Weg und will außerdem durch | |
Aufklärung für ein „breiteres Verständnis für den Moorschutz“ sorgen. D… | |
FDP erkennt die Notwendigkeit zum Schutz der Moore ebenfalls an – und will | |
sich für den „partizipativen Prozess“ der Umsetzung beim Bund und bei der | |
EU für Gelder einsetzen. | |
## Grüne wollen Torfabbau beenden | |
Die Grünen heben hervor, dass das im Land durch Trockenlegung der Moore | |
freigesetzte CO2 mehr als zehn Prozent der gesamten Emissionen | |
Niedersachsens ausmacht. Weil vom Bund Mittel zum Moorschutz versprochen | |
sind, soll eine zu gründende Landesgesellschaft für Moorschutz schnell das | |
Geld in den Moorschutz umsetzen. Um die Nachfrage nach Torf zu senken, | |
solle das Land mit gutem Beispiel vorangehen und auf den Einsatz | |
torfhaltiger Erde auf Landesflächen verzichten. Abbaugenehmigungen sollen | |
künftig nicht mehr erteilt werden. | |
Im Grundsatz hält Gerstner die Ansätze für richtig: Landwirte müssen bei | |
der Transformation eingebunden werden; stellen sie sich gegen den | |
Klimaschutz, ist mit Erfolgen nicht zu rechnen. „Wir als BUND stehen als | |
Dialogpartner bereit“, sagt Gerstner. Zudem sei es wichtig, konkret vor Ort | |
die Bedeutung des Themas hervorzuheben – die Entscheidung über den | |
Torfabbau im Großen Moor zeigt, dass vor Ort die relevanten Entscheidungen | |
derzeit getroffen werden. | |
Doch zunächst sieht Gerstner die künftige Landesregierung in der Pflicht: | |
Denn auf Bundesebene stehen ab dem kommenden Jahr große Summen zur | |
Förderung des Moorschutzes bereit. Wenn das Land bis dahin keine Strategie | |
mit konkreten Umsetzungsschritten erarbeitet hat, bleiben einzelne schon | |
erfolgreich durchgeführte Projekte der Wiedervernässung bloß Stückwerk. | |
Ob das Ende der Großen Koalition auch das Ende der großen Untätigkeit beim | |
Moorschutz in Niedersachsen bedeutet, darüber sind sich die Umwelt- und | |
Klimaschützer:innen jedoch uneins: „Hoffnung macht: Die künftige | |
Regierung kommt an den Fakten nicht vorbei“, sagt Gerstner. Schreiber hält | |
dagegen: „Selbst unter den Grünen bleibt der Moorschutz eine zähe | |
Angelegenheit.“ Denn als die Grünen zuletzt mitregierten, sei in dem | |
Bereich kaum etwas geschehen. | |
1 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schutz-fuer-Moore/!5842438 | |
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[3] /Moorschutz-in-Niedersachsen/!5880534 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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