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# taz.de -- Korruption in Angola: „Luanda Leaks“ mit Lücken
> Die Angolanerin Isabel dos Santos steht im Mittelpunkt einer
> internationalen Recherche. Es gäbe in Angola noch mehr zu enthüllen.
Bild: Isabel dos Santos mit ihrem Mann Sindika Dokolo bei einer Ausstellungser�…
Luanda taz | Vor wenigen Jahren wurde Isabel dos Santos noch bewundert. Die
Tochter des langjährigen Präsidenten von Angola war Afrikas reichste Frau,
Aushängeschild einer globalisierten afrikanischen Unternehmergeneration.
Doch seit ihr Vater Eduardo dos Santos im Jahr 2017 nach 38 Jahren an der
Macht das Amt des Staatschefs abgab und der neue Präsident Joao Lourenco
[1][der Korruption den Kampf angesagt] hat, ist die 46-Jährige zusammen mit
ihrer Familie im Abwärtssog gefangen.
Erst [2][verlor sie ihre Position als Chefin] von Angolas
milliardenschwerer staatlicher Ölgesellschaft Sonangol. Dann beschlagnahmte
die angolanische Justiz all ihre Bankkonten und Unternehmensanteile im
Land, um eine Milliarde US-Dollar ausstehender Kredite einzutreiben. Heute
lebt sie in Portugal, der ehemaligen Kolonialmacht, im Exil.
Diese Woche hat ein internationales Recherchekonsortium Details über die
Geschäfte von Isabel dos Santos und ihrem kongolesischen Ehemann
[3][Sindika Dokolo] veröffentlicht. Die „Luanda Leaks“, basierend auf
Hunderttausenden internen Firmendokumenten, gipfeln im Vorwurf, das
Unternehmerpaar habe mittels eines Geflechts von 400 Firmen in 41 Ländern
ein „Schema der Aneignung öffentlicher Gelder“ aufgebaut. Internationale
Banken und Consulting-Firmen hätten beide Augen zugedrückt.
Die Erschütterungen der „Luanda Leaks“ in der globalen Finanzwelt sind
immens. Für Isabel dos Santos kommen sie zu einem denkbar ungünstigen
Zeitpunkt.
Angolas Justiz wirft ihr seit Ende letzten Jahres vor, ihr globales
Firmenimperium mit gestohlenen Geldern aus der staatlichen Ölfirma Sonangol
und der staatlichen Diamantenfirma Sodiam aufgebaut zu haben, in der Zeit,
als ihr Status als Präsidententochter sie schützte. Gigantische Summen
seien aus den öffentlichen Unternehmen auf Konten ihrer Firmen transferiert
worden. Deswegen wurden ihre Bankkonten und Firmenanteile beschlagnahmt.
## Kampagne des Präsidenten?
Isabel dos Santos sieht in all dem eine von Angolas neuem Präsidenten
Lourenco orchestrierte Kampagne. Sie warf ihm vergangene Woche vor, in den
USA Lobbyfirmen engagiert zu haben, um eine internationale Kampagne gegen
sie und ihren Vater zu führen, und brachte eine Kandidatur gegen Lourenco
bei Angolas nächsten Wahlen ins Spiel. Daraus dürfte nun nichts werden.
Angolas Außenminister Manuel Augusto betonte Ende 2019 bei einem
Portugal-Besuch, dass man nicht gegen Isabel dos Santos im Besonderen
vorgehe, sondern gegen alle Personen und Firmen, die sich der freiwilligen
Repatriierung gestohlener angolanischer Gelder aus dem Ausland entziehen.
Für Angola geht es um viel: [4][Die Ölgelder] sprudeln längst nicht mehr
wie früher, die Wirtschaft stagniert, die Mehrheit de Bevölkerung lebt
trotz der Ölmilliarden in tiefer Armut, und bei Investoren gilt das Land
als intransparent und korrupt und damit wenig attraktiv.
Doch während Isabel dos Santos um ihr auf zwei Milliarden US-Dollar
geschätztes Firmenreich bangt, ist sie keineswegs die einzige Person in
Angola, deren Reichtum einen fragwürdigen Ursprung hat.
[5][Manuel Vicente], unter Präsident dos Santos Vizepräsident und lange
Zeit als dessen voraussichtlicher Nachfolger gehandelt, wird von Angolas
Justiz nicht verfolgt, obwohl die Staatsanwaltschaft Beweise für illegale
Bereicherung und kriminelle Aktivitäten gegen ihn vorliegen hat.
## Der „60-Milliarden-Dollar-Mann“
Angolas Firmenregister zählt 28 Unternehmen im Besitz von Vicente, der als
reichster Mann des südlichen Afrika gilt und in Angola der
„60-Milliarden-Dollar-Mann“ genannt wird. Er war ein Vorgänger von Isabel
dos Santos als Sonangol-Chef.
Angolas Behörde zur Rückführung gestohlener Gelder identifizierte im
vergangenen Juni das Unternehmen Lektron Capital – im Besitz von Vicente
sowie dem General Manuel Helder „Kopelipa“ – als Empfänger von 125
Millionen US-Dollar Sonangol-Geld zu den Zeiten, als Vicente die
Staatsfirma leitete. Damit habe Lektron große Anteile der angolanischen
Bank Besa erworben, die heute Banco Economico heißt.
272,3 Millionen US-Dollar Sonangol-Geld, so die Rückführungsbehörde weiter,
flossen an die Firma Damer Industries im Besitz von Vicente, General
„Kopelipa“ und General Leopoldino Fragodoso do Nascimento. Die erwarb damit
Anteile im großen angolanischen Zuckerrohrprojekt Cacuso, einem Flaggschiff
der Diversifizierung von Angolas Wirtschaft, das das Land mit
Biotreibstoffen versorgen soll.
Zahlreiche weitere Unternehmensbeteiligungen Vicentes, die durch illegalen
Transfer von Sonangol-Einnahmen ermöglicht worden sein sollen, stehen im
Bericht der Behörde. Doch eine Anklage gegen ihn in Angola gibt es nicht.
Es wird vermutet, dass Vicente als Kenner sämtlicher Geheimnisse des Landes
für Präsident Lourenco unantastbar ist, zumal er sich bei der
überraschenden Kür Lourencos zum Nachfolger des Langzeitpräsidenten dos
Santos 2016 durch die Regierungspartei zur allgemeinen Überraschung nicht
wehrte. Er ist jetzt Ölberater des Präsidenten.
Unverzichtbar ist Vicente auch, weil er in seiner Zeit an der
Sonangol-Spitze chinesisches Kapital nach Angola holte. In diesem Jahr
steht die Privatisierung der angolanischen Anteile in den von ihm
gegründeten Joint Ventures China Sinangol Interational limited und China
Sonangol International Holding an, gefolgt von weiteren
Sonangol-Tochterfirmen.
Portugal wollte Vicente 2017 vor Gericht stellen, weil er einen Richter mit
810.000 US-Dollar bestochen haben soll, um Ermittlungen zu seinen
Sonangol-Geschäften einzustellen. Nach heftigem Protest übertrug Portugals
Justiz 2018 das Verfahren an Angola, wo seitdem nichts passiert ist.
Prozesse gegen korrupte Größen der Ära dos Santos gibt es in Angola
durchaus. Isabel dos Santos’ Bruder [6][Filomeno dos Santos] steht in der
Hauptstadt Luanda vor Gericht wegen des Verschwindens von 500 Millionen
US-Dollar aus Angolas staatlichem Ölfonds. Den leitete er, während seine
Schwester die staatliche Ölfirma führte. Ihm drohen zwölf Jahre Haft.
22 Jan 2020
## LINKS
[1] /Korruptionsbekaempfung-in-Angola/!5529723/
[2] /Angolas-Praesident-greift-durch/!5460929/
[3] /Kolumne-Afrobeat/!5411926/
[4] /!5177795/
[5] /Dubiose-Kredite-fuer-Afrika/!5577163/
[6] /Experte-ueber-Reformen-in-Angola/!5491372/
## AUTOREN
Pedro Agosto
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Etienne Tshisekedi
Angola
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