Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Jonas Savimbi und Étienne Tshisekedi: Zwei Tote bewegen Afrika
> Kongo und Angola wollen endlich ihre verstorbenen Oppositionshelden
> ehren. Würdiges Gedenken ist aber nicht einfach.
Bild: Jonas Savimbi führte Angolas Rebellenbewegung Unita von 1966 bis zu sein…
Endlich werden zwei Politiker geehrt, die in den 1990er-Jahren Afrika
prägten, obwohl sie nie an die Macht kamen. [1][Jonas Savimbi bekämpfte in
Angola als Führer der Rebellenbewegung Unita] (Nationalunion für die totale
Unabhängigkeit Angolas) das sozialistische Einparteienregime. 2002 tötete
ihn ein Luftangriff, der Krieg endete. Étienne Tshisekedi bekämpfte in der
Demokratischen Republik Kongo, früher Zaire, als Führer der zivilen
Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt)
[2][die Mobutu-Diktatur und war später in Opposition zum Kabila-Regime.]
2017 starb er im belgischen Exil, seitdem lag er in einer Brüsseler
Leichenhalle.
Am Samstag sollen beide würdig unter die Erde gebracht werden – Savimbi mit
einem feierlichen Begräbnis in seinem angolanischen Heimatdorf Lopitanga,
Tshisekedi mit einem Staatsakt in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Möglich
geworden ist das durch Machtwechsel in beiden Ländern. In Angola übertrug
vor zwei Jahren Altpräsident Eduardo dos Santos, Kriegsgegner und Bezwinger
Savimbis, das Amt des Staatschefs an João Lourenço und der überwindet jetzt
das Dos-Santos-Erbe.
Im Kongo ist seit Januar Étienne Tshisekedis Sohn Félix Tshisekedi
Präsident und hat die von seinem Vorgänger Joseph Kabila nicht zugelassene
Rückführung seines toten Vaters zur Chefsache gemacht. Aber beide
historischen Ereignisse sind von Pannen überschattet.
In Angola sollte Savimbis Leichnam am Dienstag der Familie übergeben
werden. Der tote Rebellenführer war am 31. Januar exhumiert worden, nachdem
er siebzehn Jahre lang auf dem Friedhof von Luena im einstigen Kriegsgebiet
gelegen hatte. Savimbis Familie und die Unita-Führung um Isaias Samakuva
reisten nun zur Übergabe zum Flughafen der Stadt Cuito, wo sich zahlreiche
Anhänger und Offizielle versammelt hatten.
## „Schändliches Spektakel“
Dort erfuhren sie, dass die Regierung die sterblichen Überreste am Vortag
nicht nach Cuito, sondern in das 600 Kilometer entfernte Andulo geflogen
und in Militärgewahrsam gebracht hatte. Die angereisten
Regierungsvertreter, darunter Pedro Sebastião, der Sicherheitschef des
Staatspräsidenten, setzten sich in einen Hubschrauber nach Andulo, ohne die
in Cuito festsitzende Unita-Delegation begrüßt zu haben.
„Das hilft nicht bei der Versöhnung“, sagt Unita-Sprecher Alcides Sakala.
Die Staatsmacht wolle seine mittlerweile zivile Oppositionspartei
erniedrigen. Julio Muehombo, Unita-Vertreter in Brüssel, schimpft über ein
„schändliches Spektakel“, das „die Familie bestrafen und die Vorbereitun…
der Trauerfeier sabotieren“ solle. Für Angolas Sicherheitschef Sebastião
ist die Unita selber schuld, weil sie nicht wie vereinbart nach Luena
gekommen sei, um den Leichnam entgegenzunehmen. Am Donnerstag war unklar,
ob und wo der Trauerakt am Samstag überhaupt stattfinden kann und ob
Savimbis Familie ihren Verstorbenen in Empfang nehmen darf.
Auch im Kongo ging einiges schief. Die eigentlich für Mittwochabend
vorgesehene Rückführung des Leichnams von Étienne Tshisekedi aus Brüssel
nach Kinshasa musste verschoben werden – „in letzter Minute“, wie das
Organisationskomitee des Staatsaktes mitteilte. Berichten zufolge war ein
Flugzeug gechartert, das den Toten abholen sollte – aber die Maschine, ein
Airbus A-330, tauchte nicht rechtzeitig auf, „aus logistischen Gründen“,
wie es hieß. Die auf der belgischen Luftwaffenbasis Melsbroek wartenden
Familienangehörigen und Ehrengäste, darunter der belgische Außenminister,
mussten unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen.
Am Donnerstag löste Kongos Präsident Tshisekedi das Trauerkomitee auf,
organisierte das Flugzeug selbst und am Donnerstagmittag hob die Maschine
endlich in Belgien ab, um am Abend in Kinshasa landen zu können. Dort hatte
die Regierung den Donnerstag zum bezahlten Feiertag ausgerufen. Vor dem
UDPS-Sitz in Kinshasa haben sich schon seit Mittwoch zahlreiche Aktivisten
eingefunden, die nach eigenen Angaben bereit sind, einen ganzen Monat lang
zu trauern.
Es könnte nun in Kinshasa zur größten Trauerfeier kommen, die das Land je
gesehen hat. Für Freitag ist eine Zeremonie im 80.000 Menschen fassenden
„Märtyrerstadion“ der Stadt geplant, am Samstag die Beisetzung außerhalb
der Hauptstadt bei Nsele, wo einst Tshisekedis Erzfeind Mobutu seine Farm
hatte. Der Präsident hat sogar stolze 2,5 Millionen US-Dollar für ein
„monumentales Bronzedankmal“ zum Gedenken an seinen Vater bewilligt. Und
während zur Amtseinführung von Félix Tshisekedi als Präsident im Januar nur
ein einziger Amtskollege erschienen war, aus Kenia, kommen zum toten Vater
sechs: aus Guinea und Togo sowie aus den Nachbarländern Ruanda, Sambia,
Kongo-Brazzaville – und eben Angola.
30 May 2019
## LINKS
[1] /Klage-gegen-Egoshooter-Spielefirma/!5275124
[2] /Trauer-um-Etienne-Tshisekedi/!5378126
## AUTOREN
François Misser
Dominic Johnson
## TAGS
Etienne Tshisekedi
Jonas Savimbi
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Angola
Angola
Angola
Kongo
Kongo
## ARTIKEL ZUM THEMA
Korruption in Angola: „Luanda Leaks“ mit Lücken
Die Angolanerin Isabel dos Santos steht im Mittelpunkt einer
internationalen Recherche. Es gäbe in Angola noch mehr zu enthüllen.
Angolas Regierung baut Hauptstadt um: Wer soll das bezahlen?
Angolas Regierung plant in der Hauptstadt Luanda ein neues Luxusviertel.
Derweil verarmt die Bevölkerung, weil die Wirtschaft stagniert.
Präsidentenwahl im Kongo: Starker Name, schwacher Charakter
Félix Tshisekedi übernimmt das höchste Staatsamt. Er ist das genaue
Gegenteil von seinem Vater, der den Widerstandsgeist verkörpert hat.
Wahlkampf im Kongo: Fayulu for President?
Kongos Opposition kürt ihren Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen im
Dezember. Aber die Abstimmung sorgt für neuen Streit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.