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# taz.de -- Vorwahlkampf in Angola: Im August droht der Showdown
> Die MPLA-Regierung geht kurz vor den Wahlen zunehmend autoritär gegen
> Kritiker vor. Angola steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise.
Bild: Straßenszene in Luanda
Luanda taz | Angola müsste dieses Jahr in Feierstimmung sein – das Ende des
längsten Bürgerkrieges in Afrika jährt sich zum 20. Mal, und die Wahlen im
August dürften die bisher offensten werden.
Aber genau deswegen steigt die politische Temperatur gefährlich an, eine
vergiftete Stimmung breitet sich aus.
Im jüngsten Übergriff gegen Kritiker der Regierung des 68-jährigen
Präsidenten João Lourenço nahm die Polizei in der Hauptstadt Luanda 22
Protestierende fest, darunter eine Mutter mit einem sechs Monate alten
Baby. Sie wurden, sagen Menschenrechtler, ohne Nahrung und Wasser
festgehalten und am 11. April von einem Gericht in Luanda wegen „Unruhe“
und „Verweigerung einer Aufforderung auseinanderzugehen“ angeklagt. Die
Aktivisten sind nun auf Kaution frei und müssen mit zwei Jahren Haft
rechnen.
Das erinnert an den Vorwahlkampf 2017. Damals hetzten Polizisten Hunde auf
Demonstranten, die gegen die Ernennung des Territorialministers Bornito de
Sousa zum Vizepräsidenten der regierenden MPLA (Angolanische
Volksbefreiungsbewegung) protestierten. Da er als Minister für die
Wählerregistrierung zuständig war, bedeute diese Ernennung
Wahlmanipulation, hieß es damals. De Sousa wurde durch seine Beförderung
Vizepräsident von Angola, was er bis heute geblieben ist.
## Kein „Wirtschaftswunder“ mehr in Sicht
Die [1][Wahlen 2017] wurden gelobt, weil damals Lourenço friedlich an die
Macht kam – der bisherige Verteidigungsminister folgte auf den langjährigen
Staatschef José Eduardo dos Santos, der seit 1979 regiert hatte. Lourenço
ging als Präsident [2][gegen Korruption] im Umfeld von dos Santos und
seiner Familie vor und versprach ein „Wirtschaftswunder“.
Doch die Covid-19-Pandemie stürzte Angola in eine tiefe Krise, und die
optimistische Stimmung verschwand. Im Oktober 2020 verhängte Lourenço ein
Versammlungsverbot für alle Zusammenkünfte von mehr als fünf Personen – im
Namen der Pandemiebekämpfung, aber kurz vor einer geplanten
Großdemonstration der wichtigsten Oppositionskraft und ehemaligen
Rebellenbewegung Unita (Nationale Union für die totale Unabhängigkeit
Angolas).
Das landesweite Versammlungsverbot löste einen landesweiten Taxistreik aus.
Die Fahrer verlangten soziale Abfederung für den Zusammenbruch ihrer
Geschäfte. Unidentifizierte griffen damals Journalisten an, die darüber
berichteten.
Seitdem hat sich das Klima weiter verschlechtert. Im Januar starben zehn
Demonstranten, als Sicherheitskräfte auf Protestierende in der
nordostangolanischen Diamantenstadt Dafunfu schossen. Sie hatten Strom und
fließendes Wasser gefordert.
## Opposition hat sich zusammengeschlossen
In dieser Lage dürfte es für die seit Angolas Unabhängigkeit 1975
regierende MPLA im Prinzip schwer sein, wiedergewählt zu werden. Sie steht
einer geeinten Opposition gegenüber: Die Unita hat sich mit kleineren
Parteien zur Vereinten Patriotischen Front (FPU) zusammengeschlossen.
„Die Unita hat gemerkt, dass sie die MPLA nicht alleine schlagen kann“,
sagt Analystin Marina Lourenço. Die schreiende soziale Ungleichheit
gekoppelt mit wirtschaftlicher Stagnation ermögliche es, Unzufriedenheit
politisch zu kanalisieren. „Und die Unita-Führung unter Adalberto Costa
Júnior hat die Organisation strategischer ausgerichtet.“
Costa Júnior und Amtsinhaber Lourenço würden die Wahl in einen klaren
Zweikampf verwandeln, prognostiziert sie. Der Präsident startete vor Kurzem
in Cabinda seinen Wahlkampf unter dem Motto „Mehr Ambitionen und Mut bei
der Suche nach Lösungen für die Probleme des Volkes“.
Aber die Polarisierung zwischen MPLA und Unita birgt auch Risiken. Als
Angolas erster Bürgerkrieg 1991 endete, gab es 1992 eine polarisierte Wahl,
bei der die Unita das Ergebnis zurückwies und zurück in den Krieg zog – der
erst nach zehn Jahren mit [3][Jonas Savimbis gezielter Tötung] endete.
„Vorsicht ist geboten“, sagt Analystin Lourenço daher. „Nicht nur vor der
Wahl, sondern auch danach, da die Opposition im Falle eines MPLA-Wahlsieges
Proteste organisieren dürfte.“
5 May 2022
## LINKS
[1] /Parlamentswahl-in-Angola/!5436755
[2] /Experte-ueber-Reformen-in-Angola/!5491372
[3] /Jonas-Savimbi-und-Etienne-Tshisekedi/!5596558
## AUTOREN
Pedro Agosto
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Angola
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Schwerpunkt Korruption
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Derweil verarmt die Bevölkerung, weil die Wirtschaft stagniert.
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