# taz.de -- Kolumne Später: Goretex ist etwas für Verlierer | |
> Regenwandern! Auf der Hütte verfällt man in Hightech-Gespräche zum | |
> Wetterschutz. Kommen nun Loden und Popeline zurück? | |
Großtante Zilly hatte den Spruch immer parat: „Es gibt kein schlechtes | |
Wetter, nur die falsche Bekleidung.“ Selbst bei Dauerregen ließ es sich | |
Zilly nicht nehmen, ihren alten Kleppermantel überzuziehen und loszustapfen | |
zu ihrer täglichen Runde im Park. Auf die glänzend schwarzen Kleppermäntel | |
war Verlass. Schade eigentlich, dass die Gummimäntel heute nur noch in | |
Fetischkreisen Verwendung finden. | |
„Die alten Materialien werden heute nicht mehr gewürdigt“, sagt der | |
weißhaarige Sechziger, mit dem wir auf der überdachten Terrasse der | |
Gardenazzahütte ins Gespräch gekommen sind, „dabei hielten sich die | |
mitunter besser im Regen als das Goretexzeugs von heute. Auch Loden zum | |
Beispiel. Bis ein Lodenmantel mal durchgeweicht ist, dauert es eine Weile.“ | |
Nur ein halbes Dutzend Hardliner hat es im Dauerregen bis zur Hütte in den | |
Dolomiten geschafft. Da tauscht man sich auch mit Wildfremden aus über den | |
Wetterschutz. In den Bergen gibt es keine wirkliche Einsamkeit, denn man | |
kann mit anderen immer über das Wetter reden. Erst recht, wenn es regnet. | |
„Wolle wird unterschätzt bei der Wasserfestigkeit“, ergänzt Freundin Brit… | |
„Wollfett schützt. Bei Schafen regnet es ja auch nicht durch bis auf die | |
Haut“. Ich sage nichts. „Goretex nehm’ ich nicht mehr mit“, hatte Britt | |
zuvor in Berlin verkündet. Im vergangenen Jahr war sie während einer | |
Regenwoche Hüttenwandern in ihrer Mammut-Jacke durchgeweicht und hatte | |
empört überlegt, das teure Funktionskleidungsstück an die Firma | |
zurückzuschicken. Britt trägt jetzt bei Regen nur noch eine markenlose | |
nichtatmungsaktive Plastikjacke mit verschweißten Nähten, für kleines Geld | |
bei Karstadt zu haben. Man schwitzt unter dem Zeugs wie Sau. Hält aber | |
dicht. | |
Meine North-Face-Jacke aus atmungsaktiven Hyvent-Material hat hingegen | |
versagt. Einen Druck von 20.000 Millimeter Wassersäule soll der Stoff | |
aushalten. Das heißt, man kann angeblich eine 20 Meter hohe Wassersäule auf | |
den Stoff schütten und nichts geht durch. Hilft mir aber nix. Die | |
Feuchtigkeit ist über den Kragen, den Saum und das Netzfutter ins Innere | |
gekrochen. Da hätte ich genauso gut meine alte Jacke mit nur 4.000 | |
Millimeter Wassersäule mitnehmen können. | |
„Wachsmäntel zum Beispiel“, fährt der ältere Herr fort, „die sind auch | |
praktisch. Erst recht mit diesen Schulterklappen, wo der Regen so schön | |
ablaufen kann.“ „Ist aber auch eine Gewichtsfrage“, werfe ich ein. Einen | |
Wachsmantel mit Schulterklappen habe ich auch noch zu Hause, wasserdicht, | |
aber tonnenschwer. | |
Unser Gesprächspartner macht sich bereit zum Gehen. Er schüttelt seinen | |
Regenponcho aus. „Federleicht und automatisch atmungsaktiv“, schwärmt er. | |
„Da kommt immer Luft von unten heran. Nur Stürmen darf es natürlich nicht.�… | |
Wir helfen dem Herrn in seinen Plastikponcho, auf dem Rücken ist eine Art | |
Buckel eingearbeitet, damit der Rucksack darunter passt. Der Wanderer | |
stapft los. Er sieht aus wie ein Waldschrat, wirkt dabei aber individueller | |
als die Jack-Wolfskin-Rentner, das muss man ihm lassen. „Vielleicht kommt | |
demnächst die Retrowelle beim Regenschutz“, meint Britt. Könnte sein. Zu | |
Hause habe ich noch einen uralten Schlupfanorak von Großtante Zilly. Aus | |
Popeline. Den teste ich demnächst mal aus. | |
23 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
Barbara Dribbusch | |
## TAGS | |
Kleidung | |
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