# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Herr Hopp und der Hass | |
> Warum Dietmar Hopp, der Hoffenheimer Fußballfinianzier, sich nicht so | |
> haben soll, wenn er von Fans mal eine abbekommt. | |
Bild: Wie gemein: das Anti-Hopp-Plakat in Köln | |
Zartbesaitete sollten jetzt tapfer sein. Denn wir müssen uns dem Fan | |
widmen, dem gemeinen Fußballfan. Er ruft ja so bestimmte Sachen. | |
„Arschloch, Ficker, Hurensohn“, zum Beispiel. Da die Fans leider keine | |
Satzzeichen singen, könnte das Ganze auch so gemeint sein: | |
„Arschloch-Ficker, Hurensohn.“ Der Fan ruft auch: „Blinde Sau.“ Oder: | |
„Schwarze Sau.“ Er schreit: „Du Warmduscher, du Schauspieler, du Hirni.“ | |
Wir wollen die Liste der Invektive nicht fortsetzen. | |
Diese wahrlich nicht vollständige Aufzählung könnte aber schon ausreichen, | |
um folgende Gruppen wutschnaubend auf die Barrikaden zu treiben: die vielen | |
Freunde des Geschlechtsverkehrs, Heteros und Schwule, die Huren, die Söhne | |
selbiger, die Sehbehinderten, das so überaus servile und leider sprachlose | |
Nutztier Schwein (wie gemein!), die Schiedsrichter, die Anhänger einer | |
kreislaufschonenden Körperwäsche, die Mimen von Theater, Film und Fernsehen | |
sowie die mental Benachteiligten und Begriffsstutzigen. | |
Sie alle und noch viel mehr werden jedes Wochenende vom Fan, der ja aus | |
seiner Veranlagung heraus ein mehr oder weniger moderat Hassender ist, | |
beleidigt. Die meisten Adressaten der Gesänge oder Rufe haben sich damit | |
arrangiert, weil sie verstanden haben, dass das Stadion, und insbesondere | |
jener Bereich, in dem die Fans stehen und Fahnen schwenken, kein Hort des | |
politisch korrekten Sprechens ist – und niemals sein kann. | |
## Luft muss raus | |
Der Fanblock ist kein moralischer Reinraum. Hier geht es aus Tradition | |
deftig und verletzend zu. Hier werden Sprüche gemacht und die anderen in | |
den Dreck gezogen. Warum? Weil es dazugehört. Weil es seit Jahrzehnten so | |
gemacht wird. Weil die Luft raus muss. | |
Man nennt das gemeinhin Fankultur. Man hat den Kulturbetrieb der Fans aus | |
guten Gründen eingehegt, fein säuberlich mit einem Grenzzaun versehen, der | |
ein Gebiet markiert, auf dem bestimmte Dinge verboten und geächtet werden: | |
Antisemitismus etwa, Homophobie oder Rassismus. Der Fan, als | |
Wochendhassprediger ein echter Schlingel, testet aber immer mal wieder aus, | |
was noch so geht. Was kann die Öffentlichkeit verknusen und was nicht? Was | |
passiert, wenn er die Grenze des guten Geschmacks überschreitet? Wer | |
schreit dann besonders laut Zeter und Mordio? | |
Wer verlässlich maunzt nach einer Attacke gegen ihn, das ist der | |
Fußballfinanzier Dietmar Hopp. Er kommt ja aus der Wirtschaft (SAP) und hat | |
nicht nur das Wunder vollbracht, die Sinsheimer Fußballtradition ins 19. | |
Jahrhundert hinein zu verlegen (1899 Hoffenheim), sondern er hat diesen | |
Fußballklub, der zur Zeit einen wunderbaren Fußball spielt, fest verankert | |
in der Bundesliga. Dieser Geld-schießt-Tore-Ansatz verärgert viele Fans. | |
## Heftiger Schabernack | |
Der Unmut will trotz diverser Flurbereinigungen und Medienkampagnen nicht | |
abebben. Der Fan kann nicht aus seiner Haut. Er hasst diesen Hopp, der noch | |
dazu keinen Spaß versteht, und treibt Schabernack mit ihm, heftigen | |
Schabernack. | |
Mal montiert er ein Fadenkreuz vor Hopps Konterfei, mal heißt er Hopps | |
Mutter eine Hure und seinen Vater einen Nazi. Hopp reagiert dann stets, wie | |
es sich der Stehplatz-Fan wünscht. Hopp regt sich furchtbar auf, | |
mobilisiert ihm getreue Medienmenschen, die Empörung heucheln, und er | |
beschwert sich beim DFB über diese Ungeheuerlichkeiten. | |
Hopp wünscht sich mit Sicherheit so ein „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ aus | |
der Gesetzesmanufaktur von Justizminister Heiko Maas, der damit den Hass | |
auf Facebook oder Twitter bekämpfen möchte. Im Fußball wäre das dann ein | |
„Stehplatzdurchsetzungsgesetz“. Man führte damit einen Kampf wider die | |
Natur des Fans. | |
Der DFB macht sich trotzdem gern zum Anwalt der Fußballfinanziers, die sich | |
wie Snow Flakes benehmen, also wie Mimosen, die wegen ihres | |
fußballphilanthropischen Wirkens auch von den Fremdfans nur Dankbarkeit | |
erwarten und keine Boshaftigkeiten wie in Köln. Dietmar Hopp reklamiert für | |
sich einen besonderen Schutzstatus, und auch der RB Leipzig tut das. | |
Stemmen sich die Fans gegen den SAP-Mann oder die Brausefußballer, werden | |
sie vom DFB und der Öffentlichkeit schnell zu Hassverbrechern gemacht. | |
Die Angegriffenen wollen anscheinend mit dem Machbarkeitswahn, mit dem sie | |
ihre Projekte befeuert haben, nun auch die Kurven von allem säubern, was | |
ihnen nicht genehm ist. Das kann nur scheitern. | |
25 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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