# taz.de -- Kolumne ESC in Tel Aviv #1: Gesperrte Straßen am Strand | |
> In Tel Aviv laufen die Vorbereitungen für den Eurovision Song Contest. | |
> Die Künstler*innen proben fleißig. Nur die Kampfjets stören. | |
Bild: Flugzeuge der israelischen Luftwaffe zum 71. Unabhängigkeitstag Israels … | |
TEL AVIV taz | Von irgendwelchem politischen Händeln im südlichen Teil | |
Israels merkt man in Tel Aviv nichts. Das Leben geht dort, wie es eben | |
geht. Es ist sonnig, an nahöstlichen Verhältnissen mit 21 Grad etwas kühl, | |
aber die Straßen sind extrem belebt – zumal der 9. Mai ein Feiertag ist. | |
Kein religiöser, sondern ein politischer: der Geburtstag Israels, dieses | |
Jahr der 71. Es ist ein Unabhängigkeitstag. | |
Das Hotel lässt per TV in den Zimmern mitteilen, man möge sich nicht | |
wundern, wenn über dem Mittelmeer, nah am Strand von Tel Aviv, eine | |
Kampfjetformation hinweg donnere – das sei aus Anlass des Feiertags, Grund | |
zur Unruhe bestehe nicht. Leider müsse man aber ab 11 Uhr für drei Stunden | |
den Verkehr dort zum Erliegen bringen. Aus Sicherheitsgründen. | |
Am Abend vorher feiert, jedenfalls fühlt es sich so an, die ganze Stadt: | |
Rund um den Dizengoff-Platz, im Umkreis vieler Kilometer, ist noch | |
mitternächtlich in allen Lokalen alles voll. | |
Menschen tragen Israel-Schmuck, man feiert ja die Gründung des Staates. Das | |
wirkt auf jeden Fall mitreißend, weil doch die Atmosphäre sehr gut gelaunt | |
wirkt, aber auch befremdlich, wenn man aus einem Land kommt, das seinen | |
Staatsfeiertag, den 3. Oktober, Jahr für Jahr nur mit Mühe und viel | |
pädagogisch gesinnter Mobilisiererei gefeiert bekommt. | |
Vier Kilometer von den nächtlichen Partymeilen entfernt werden, so oder so, | |
die Shows des Eurovision Song Contest geprobt. [1][Deutschlands | |
Kandidatinnen von „Sisters“] sind erst Freitag dran. Momentan machen sich | |
noch jene Länder mit den Hallen- und Bühnengegebenheiten vertraut, die sich | |
erst noch für das Grand Final am 18. Mai qualifizieren müssen, das wird in | |
den Semis nächste Woche am 14. und am 16. Mai sein. | |
## Mittelmeerhipster- und Touristenhochburg | |
Auch am Convention Centre, wo das größte Pop-Ding des Jahres gegeben wird, | |
ist alles üblich geschäftig. Kein Alarmsignal, keine Aufregung – man darf | |
den engsten Angehörigen und Freund*innen sagen: Nein, keine Sorge, alles | |
ist gut. Man darf sogar kurz ironisch melden, dass selbst der Flug von | |
Berlin keine militärischen Manöver simulierte, um richtig schön zu zeigen, | |
dass man in eine politische Hölle fährt. Nein, es ist eben Israel, schon 71 | |
Jahre lang – und nichts deutet an, es könnte irgendwann nicht mehr | |
existieren. | |
Tel Aviv ist eine sehr schöne, sehr junge, sehr bauhausianisch gehaltene | |
Stadt. Wobei neuere Diskurse ohnehin davon ausgehen, dass das Bauhaus, das | |
unsere mittelschichtigen Kreise so zeichenhaft vergöttern, erst in Israel | |
wirklich sein konnte: alles sachlich, kein Schnickschnack, hell und klar – | |
und beengt in den Quadratmeterzahlen. Sparsam also. | |
Tel Avivs Marketingleute arbeiten indes nicht in schicken Häusern, sondern | |
in Büros, gegen die die gewöhnlichen Berliner Büroneubauten wie | |
ornamentierte Kristallgläser erscheinen: in neonlichtgefluteten Zimmern, | |
alles auf Hektik getrimmt. Was es vorzubereiten gibt? Einen ESC, der Tel | |
Aviv als Mittelmeerhipster- und Touristenhochburg Nummer Eins profiliert. | |
[2][Madonna, last but not least, ist noch nicht gelandet], ihre Proben für | |
die Gastrolle im Zwischenprogramm des ESC beginnen erst in Bälde. | |
9 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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