# taz.de -- Kolumne ESC in Tel Aviv #4: Catwalking wie im Hundeasyl? | |
> Am Sonntagabend stieg die große Parade für den ESC mit allen | |
> teilnehmenden Ländern. Eine Demonstration blieb friedlich. | |
Bild: Lief friedlich ab: eine Demonstration für die Befreiung Palästinas | |
TEL AVIV taz | Offenbar darf in Tel Aviv das Unbotmäßige demonstrativ zur | |
Schau gebracht werden. Sonntag am frühen Abend, die Straßen rund um den | |
Rothschild-Boulevard waren notdürftig abgesperrt, hatte die Stadt Tel Aviv | |
[1][zur Opening Party des Eurovision Song Contest] geladen – ins sehr | |
post-bauhausianische Kulturzentrum, kühle Architektur ohne Prunkhülle, | |
dafür mit viel Glashäuten. | |
Vor dem Metallzaun zum Presse-Eingang hockten sieben junge Frauen, ihre | |
Augen mit schwarzen Binden abgedeckt. Ein Look von machtlos gehaltenen | |
Gefangenen. Sie riefen nichts, niemand hatte Flugblätter parat, nur auf | |
ihren T-Shirts war die Message zu lesen: „Free Palestine“. | |
Im ganzen Areal rund um das Kulturhaus waren gefühlt wie geschätzt 1.000 | |
Polizei- und Sicherheitsleute gehend, stehend und beobachtend – keineswegs | |
martialisch die eurovisionäre Promi-Meute ins Visier nehmend, aber diese | |
Mikrodemo provozierte bei ihnen nicht einmal hochgezogene Augenbrauen. | |
So scheint es in Israel, so war es beim ESC 1999 in Jerusalem auch schon: | |
Das Land, von dem allerorten geglaubt wird, es sei im Alltag von einem | |
Hochsicherheitstrakt der bedrängendsten Sorte kaum zu unterscheiden, wirkt | |
so gelassen wie zuletzt beim ESC in Norwegen 2010, [2][als Lena | |
Meyer-Landrut das Eurovisionsfestival gewann]. | |
Aber selbst in Oslo hatten die Sicherheitskräfte, so man sie sah, einen | |
nervöseren Eindruck gemacht. „Free Palestine“ jedenfalls mag als Chiffre | |
des ganz Anderen im israelisch Heimatlichen kämpferische oder dissidenten | |
Gefühle wecken: Nur interessiert das in Israel so recht niemanden. | |
## Bald wird es ernst | |
Und das mochte – und mag – nicht das Entscheidende sein: Auch niemand vom | |
dreistündigen Defilee über den „Orange Carpet“ – die apfelsinenfarbene,… | |
Meter lange Auslegeware zum Drüberschreiten – hatte ein Herz für die | |
Anliegen der politischen Fundamentalopposition in Israel. | |
Palästina? Jetzt in dieser Zeit der Auftritte vor dem popmusikalischen | |
Wettbewerb ist das ganz einerlei. | |
Von Zypern bis Russland schritten alle Delegationen an den Pulken der | |
Kameras am Rande, an den Radioleuten und schreibenden Journalisten vorbei, | |
Wichtigkeit markierend durch besonders schleppende Schritte. | |
Die Stars? Der Franzose Bilal Hassani, der einen autobiograpisch-queeren | |
Titel namens „Roi“ singen wird, trug ein weißes Hochzeitskleid wie ein | |
Engel. [3][Netta Barzilai, Vorjahressiegerin,] scheint massiv abgenommen zu | |
haben, bis zu ihrem Mini trug sie Meterzöpfchen in schwarz und gelb – Hof | |
haltend, noch ist sie Königin. | |
Von einem Eurovisionskünster wird getuschelt, er empfände das Catwalking | |
zum Auftakt der sieben ESC-Tage als unwürdig. Das sei ja wie ein Zug durch | |
ein „Hundeasyl“ – morgen hätten „dich alle wieder vergessen“. | |
Kommt darauf an, denn ab Dienstag wird es ernst. 17 Acts wollen sich ab 22 | |
Uhr für das Finale am Samstag qualifizieren, einige von ihnen werden ihre | |
Hoffnungen begraben müssen: Nur zehn Acts kommen weiter. | |
13 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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