# taz.de -- Klimastreik in Hamburg: Demo zur Rettung der Welt | |
> Mindestens 15.000 Menschen haben in Hamburg für Klimagerechtigkeit | |
> demonstriert. Fridays for Future kritisieren Trägheit der Politik. | |
Bild: Unzufrieden mit der Politik: Teilnehmer:innen des Klimastreiks in der Ham… | |
HAMBURG taz | „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft | |
klaut!“ Mit diesem und anderen Slogans [1][will Fridays for Future (FFF) | |
auch in diesem Jahr wieder auf die drohende und teilweise schon spürbare | |
Klimakrise aufmerksam machen]. | |
In Hamburg sind die Veranstalter nicht nur stolz darauf, dass sie schon zum | |
elften Mal und seit vier Jahren auf die Straße gehen. „Es ist super, hier | |
mit euch zu sein, aber ich habe so langsam keine Lust mehr“, sagt Annika | |
Kruse, Aktivistin erster Stunde, auf der Bühne. „Seit vier Jahren ist | |
nichts passiert.“ | |
Auf 20.000 Teilnehmer*innen hofften die Organisator*innen. Bis zum | |
Demobeginn sind nur wenige Menschen auf die Willy-Brandt-Straße gekommen, | |
aber schnell füllt es sich. Fridays for Future spricht später am | |
Freitagnachmittag von 19.000 Teilnehmern, die Polizei von 15.000. | |
„Ich konnte von der Bühne aus nicht das Ende der Menschenmenge sehen“, | |
freut sich Kruse. Thematisch präsentiert FFF wie immer einen breiten | |
Themenkatalog: Krieg in der Ukraine, Flutkatastrophe in Pakistan, Proteste | |
für Frauenrechte im Iran – alles hängt laut den Fridays for Future mit | |
allem zusammen. | |
## Demo-Plakate zum Ausleihen | |
Die Demonstrant*innen geben ihre Anliegen mit kreativen, bunten und | |
selbst gebastelten Plakaten wider. Wer sich selbst keines mitbringen | |
konnte, kann sich dieses Mal sogar eines ausleihen. Max leiht selbst | |
gebastelte Plakate „auf Vertrauensbasis“ aus. Die Menschen würden diese | |
auch zurückbringen, sagt er. | |
Seit einem Jahr ist er dabei. Obwohl viel schief laufe in den politischen | |
Entscheidungen habe er keine Wut im Bauch. „Ich empfinde hier ein tolles | |
Gefühl des Zusammenhalts“, sagt er euphorisch. „Heute wird riesig.“ | |
Auf der Bühne tritt derweil ein bunter Mix aus Aktivist*innen, | |
Wissenschaftler*innen und Musiker*innen auf. Sie rufen zur | |
Solidarität mit Mahsa Amini, der in Polizeigewahrsam getöteten Frau im | |
Iran, auf. Sie reden über die psychischen Folgen der Klimakatastrophe. Und | |
sie greifen Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Bundeskanzler Olaf | |
Scholz (SPD) scharf an: | |
Scholz spiele Klimaaktivist*innen und Menschen, die in Sorge wegen | |
steigender Stromkosten sind, gegeneinander aus. Lindner hat die Aktivisten | |
mit seiner Aussage über eine angebliche „Gratismentalität“ bei der | |
Diskussion um das 9-Euro-Ticket vergrätzt. | |
## Klimakrise ist Ernährungskrise | |
Die [2][Forderungen von Fridays for Future] haben sich seit den ersten | |
Protesten vor vier Jahren nicht geändert: „Wir fordern, dass das | |
1,5-Grad-Ziel eingehalten wird“, sagt Kruse. Die Klimakrise sei auch in | |
Hamburg spürbar, es sei deutlich heißer geworden. Dass der Hamburger Senat | |
erst 2050 Klimaneutralität erreichen möchte und damit sogar noch hinter dem | |
Ziel der Bundesregierung bleibt, sorgt bei Fridays for Future für | |
Unverständnis. | |
Der Krieg in der Ukraine bringe eine neue Dimension in den Klimaprotest. | |
„Autokratien finanzieren ihre Regime mit fossilen Brennstoffen; erneuerbare | |
Energien sind deswegen wichtig, um eine friedliche Welt zu erreichen“, sagt | |
die Aktivistin Kruse. Ein „weiter so“ dürfe es nicht geben. [3][Auch | |
Atomkraftwerke zur Überbrückung der Energiekrise lehnt Fridays for Future | |
ab]. | |
Klimakrise heißt auch Ernährungskrise. „Wieso können wir 56 Milliarden | |
Nutztiere ernähren, aber nicht acht Milliarden Menschen?“, heißt es auf | |
einem Plakat. Eine Gruppe Aktivist*innen in Tierkostümen möchte genau | |
diesen Widerspruch auflösen. „Die Massentierhaltung ist ein Klimakiller“, | |
sagt einer von ihnen, der sich Sebo nennt. „Und die Klimakrise sorgt mit | |
Dürren dafür, dass viele Menschen keine Nahrung mehr haben.“ | |
Deswegen fordern er und seine Mitstreiter*innen einen sofortigen Stopp | |
aller Subventionen für Tierprodukte. Krieg, Klimakrise und | |
Massentierhaltung seien alles Folgen eines Systems der Unterdrückung. „Wir | |
Aktivist*innen leisten wertvolle Arbeit und dafür werden viele von uns | |
auch noch verhaftet“, sagt Gürkchen, die mit Sebo unterwegs ist. | |
Nach einer guten Stunde wird aus der Kundgebung ein Demozug durch die | |
Stadt. Annika Kruse ist sich sicher, dass [4][Fridays for Future stark aus | |
der Corona-Krise gekommen ist]. „Ich bin sehr zufrieden und sehr glücklich, | |
dass so viele Menschen gekommen sind“, sagt sie. | |
23 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Globaler-Klimastreik/!5879829 | |
[2] /Fridays-for-Future/!5877974 | |
[3] /Fridays-for-Future-Demo-in-Berlin/!5828403 | |
[4] https://fridaysforfuture.de/ | |
## AUTOREN | |
Ben Reddig | |
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