# taz.de -- Klimaprotest „Ende Gelände“: Symbolische Störungen | |
> Am zweiten Tag der Proteste unterbrechen mehrere Blockaden zeitweise | |
> Zufahrtswege zu Kraftwerken im rheinischen Revier. | |
Bild: Blockade am Sonntag | |
Rund 1200 AktivistInnen mit bunten Flaggen laufen zügig einen Feldweg | |
entlang, als plötzlich ein LKW aus der entgegengesetzten Richtung auf sie | |
zurast. Ein paar springen schon erschrocken zur Seite, als der Wagen | |
plötzlich abrupt bremst, einen Schlenker an den Rand des Weges macht und | |
anhält. Eine Frau in weißem T-Shirt steigt aus und öffnet die Ladeklappe. | |
Sie wirft einen mit Stroh gefüllten Sack nach dem anderen heraus: Nachschub | |
für die jubelnden AktivistInnen, Schutzmaterial, das sie für ihren Weg auf | |
die Schienen des rheinischen Braunkohlereviers gut gebrauchen können. | |
Denn dort wollen sie hin. Es ist der zweite Tag der Aktion Ende Gelände im | |
Rheinland gegen den Abbau von klimaschädlicher Braunkohle, dem größten | |
Umweltprotest seit dem Ende der Castor-Transporte in Deutschland. Schon am | |
Freitag war es AktivistInnen gelungen, das Kraftwerk Neurath von der | |
Versorgung mit Kohle abzuschneiden, in zwei Tagebaue vorzudringen und einen | |
Bagger zu besetzen. Und trotzdem: Im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren | |
hatte das Konzept, mit vielen kleineren Gruppen unterschiedliche Aktionen | |
zu starten, am ersten Tag offenbar noch nicht zum gewünschten Erfolg | |
geführt. „Der Schwung fehlt noch. Aber wir sind mehrere Tage hier“, sagte | |
ein Aktivist , der seit 2015 bei Ende Gelände dabei ist, am Abend. | |
Tag zwei ist der Tag der Massenaktion. Am frühen Nachmittag brechen die | |
AktivistInnen aus einem der drei Camps auf, immer begleitet von | |
PolizistInnen zu Fuß und in Mannschaftswagen, über dem Gelände kreisen | |
Helikopter. An der ersten Polizeisperre setzen einige Polizisten den | |
Schlagstock brutal und unverältnismäßig ein – trotzdem wird sie problemlos | |
überwunden. Schnell ist klar: So leicht wird es den BeamtInnen heute nicht | |
gemacht. | |
Im Zickzack geht es mehr als drei Stunden über die Wege und querfeldein, | |
urplötzlich wird oft die Richtung gewechselt. „Power to the people!“ rufen | |
sie und „What do we want? Climate justice! When do we want it? Now!“ Ein | |
großer Teil, das zeigt sich auch an den Sprechchören, kommt aus dem | |
Ausland. | |
## Blockaden ohne große Zusammenstöße | |
Kurz vor den Schienen schließlich, vor einer langen Reihe voller | |
Mannschaftswagen, rennen die AktivistInnen plötzlich los – und aus den | |
Wagen springen PolizistInnen, die zum Teil mit Schlagstöcken und | |
Pfefferspray versuchen, sie aufzuhalten. Rund 300 Menschen schaffen es | |
jedoch, an drei Stellen die Schienen zu blockieren. Über Stunden können auf | |
der privaten Strecke des Energiekonzerns RWE keine Züge Kohle unter anderem | |
zu den Kraftwerken Neurath, Niederaußem und Frimmersdorf bringen. Knapp 500 | |
weitere AktivistInnen werden unterhalb der Schienen eingekesselt. | |
Völlig friedlich blieb es dagegen bei der Menschenkette, [1][bei der sich | |
zur gleichen Zeit rund 3.000 Menschen beteiligten], ebenso bei mehreren | |
kleinen Sitzblockaden auf dem Weg zum Kraftwerk Neurath, wo jeweils rund 20 | |
AktivistInnen etwa eine Stunde lang die Zufahrtsstraßen blockierten. | |
PolizistInnen trugen und zogen sie schließlich zur Seite. Laut Polizei | |
wurden alle in Gewahrsam genommen. Auch wenn der Protest damit eher | |
symbolisch war, sagt Organisatorin Clara Tempel: „Wir haben hier ein | |
Zeichen gesetzt, dass diese Kraftwerke nicht weiter laufen dürfen.“ | |
Auch die AktivistInnen auf und unterhalb der Schienen sollten komplett in | |
Gewahrsam genommen werden. Am frühen Abend begann der Abtransport. Auf den | |
Schienen wurde dafür ein Pausenwagen des Energiekonzerns RWE genutzt. „Den | |
haben wir aus Sicherheitsgründen angefordert und werden RWE die Kosten | |
dafür erstatten“, sagte ein Polizeisprecher. | |
Ob den Festgenommenen Konsequenzen drohen, ist offen: Viele hatten keine | |
Ausweise dabei, manche hatten zudem ihre Fingerkuppen mit Sekundenkleber | |
bestrichen, um auch eine Identifizierung über Fingerabdrücke zu erschweren. | |
26 Aug 2017 | |
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## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
Malte Kreutzfeldt | |
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