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# taz.de -- Israelischer Luftschlag in Beirut: Ständige Angst
> Das israelische Militär hat in Beirut zwei ranghohe Hisbollah-Kommandeure
> getötet. Viele Libanesinnen und Libanesen fürchten weitere Angriffe.
Bild: Retter suchen in den Trümmern nach Überlebenden des israelischen Luftan…
Athen taz | In Beirut suchen Rettungskräfte noch immer nach vermissten
Menschen unter den Trümmern, unter anderem nach einem vierjährigen Mädchen
und ihrem Vater. Vier israelische Luftanschläge hatten am Freitag zwei
Wohngebäude getroffen, mindestens 31 Menschen wurden getötet und 68
verletzt. 15 werden noch stationär behandelt. Das meldete das libanesische
Gesundheitsministerium am Samstag. Noch immer werden 23 Menschen, darunter
Frauen und Kinder, vermisst, erklärte der libanesische Arbeitsminister Ali
Hamieh. Unter den Toten sind mindestens zwei ranghohe
Hisbollah-Kommandeure. Zwei der Verwundeten sind Kinder, deren Mutter bei
dem Anschlag getötet wurde.
Im südlichen Wohnviertel Dahie, das überwiegend von Schiiten bewohnt wird,
berichteten Umstehende der lokalen Zeitung L’Orient-Le Jour von emotionalen
Schocks, Schreien auf der Straße und dröhnenden Sirenen von Krankenwagen.
Menschen in der Umgebung verließen fluchtartig ihre Wohnungen oder suchten
nach Unterkünften, um sich vor kommenden Anschlägen in Sicherheit zu
bringen. Ein verwundeter Vater, der zur Zeit des Anschlags in dem Gebäude
war, suchte am Freitagabend noch nach seinem vierjährigen Sohn.
Medienberichten zufolge sollen vier Raketen auf eine Parkgarage unterhalb
eines Wohnhauses gezielt haben. Dort sollen sich hochrangige
Hisbollah-Kommandeure getroffen haben. Die israelische Armee gab an, bei
dem Luftangriff mindestens elf Kommandeure getötet zu haben. Die Hisbollah
sprach ihrerseits am Samstag von 15 getöteten Mitgliedern.
## Tötung der „Nummer 2“
Die [1][Hisbollah] bestätigte den Tod ihres ranghohen Militärchefs Ibrahim
Akil und des ranghohen Kommandeurs Ahmed Mahmud Wahbi. Das israelische
Radio meldete, eine Geheimdienstquelle habe Informationen über ein Treffen
der Führung übermittelt, die die Armee dazu veranlassten, das Attentat
auszuführen.
Eine der Hisbollah nahestehende Quelle bestätigte, Akil sei „während eines
Treffens mit führenden Mitgliedern“ der Partei getötet worden. Akil war
Chef der Radwan-Einheit, Wahbi leitete die militärischen Operationen. Die
Truppe hat in Syrien an der Seite von Baschar al-Assad gekämpft und kämpft
seit dem 8. Oktober an der Grenze mit dem israelischen Militär. Die Radwan
sollte künftige Angriffe der Hisbollah auf Israel anführen.
Akil wird von libanesischen Analyst*innen als „Nummer 2“ in der
Hisbollah beschrieben, er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der
Hisbollah. Medienberichten zufolge war er der Nachfolger des am 30. August
ebenfalls von Israel getöteten Militärkommandeurs Fuad Schukr.
Es ist der dritte israelische Luftangriff auf Wohnhäuser in Beirut, um
hochrangige Kommandeure zu töten. Israel spricht von gezielten Angriffen.
Doch bei den Tötungen sterben immer auch Zivilist*innen. [2][Am Dienstag
und Mittwoch explodierten tausende Pager und Walkie-Talkies im ganzen
Land.] 37 Menschen starben, 2931 wurden verletzt, das zählte das
libanesische Gesundheitsministerium. Unter den Toten sind nicht nur
Hisbollah-Mitglieder, sondern auch Kinder und Krankenhauspersonal.
Sicherheitsexpert*innen sind sicher, dass der israelische
Geheimdienst Mossad die Pager und Walkie-Talkies mit Sprengstoff präpariert
und über unter anderem eine ungarische und taiwanische Firma in den Libanon
an die Hisbollah liefern ließ.
## Kritik vom EU-Chefdiplomaten
Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant kündigte am Mittwoch an,
[3][Israel verlege den „Schwerpunkt des Krieges“ auf „die Nordfront“ und
ließ die 98. Division des Militärs an die Grenze mit dem Libanon
stationieren]. Die Division hatte monatelang in Gaza gekämpft. [4][Dort
wurden durch israelische Angriffe seit dem 7. Oktober nach Angaben des
Gesundheitsministeriums in Gaza mehr als 41.0000 Palästinenser*innen
getötet.]
EU-Chefdiplomat Josep Borrell verurteilte die Attacken auf
Funkmeldeempfänger in einem Pressestatement am Mittwoch. Die wahllose
Methode sei nicht hinnehmbar und habe zu schweren Schäden unter der
Zivilbevölkerung geführt.
UN-Menschenrechtsexpert*innen sehen in der „böswillige Manipulation von
Tausenden von elektronischen Pagern und Funkgeräten“ eine „erschreckende
Verletzung des Völkerrechts“. Zum Zeitpunkt der Angriffe habe nicht
festgestellt werden können, wer die einzelnen Sprengkörper besaß und wer
sich in der Nähe befand, so die Expert*innen.
## Unsicherheit als Teil des Alltags
In der Nacht auf Samstag surrten israelische Drohnen über den Köpfen der
Menschen in Beirut. Die Attacken hinterlassen einen bleibenden Eindruck im
ohnehin schon zerrütteten Gefühl von Sicherheit und Normalität. Nun mehrt
sich die Angst vor einer israelischen Bodenoffensive.
Israel verbrenne die Brücken zur zukünftigen Generation in der Region,
analysiert Maha Yahya, die Direktorin des amerikanischen Think Tanks
Carnegie. Auf X (ehemals Twitter) teilte sie am Donnerstag den Screenshot
einer Nachricht ihrer Nichte. Die Elfjährige bat ihre Mutter über Whatsapp,
alle digitalen Geräte auszuschalten und sich davon fernzuhalten. „All das
Trauma, die Angst, das Blutbad der vergangenen Jahre“ und „der Terror der
vergangenen beiden Tage im Libanon“ zeigten sich in dieser Nachricht, so
Yahya.
Der psychologische Einfluss der Attacken auf die Bevölkerung ist immens. Im
Libanon ist Unsicherheit Teil des Lebens. Alltägliche Fragen sind: Werde
ich morgen Strom, Wasser oder Internet haben? Sprengt eine Explosion oder
eine Rakete mein Haus in die Luft? Hat eine israelische Bombe das
Nachbarhaus getroffen, oder ist es nur ein israelischer Kampfjet, der die
Schallmauer durchbricht?
## Mitgefühl statt Kritik
Der libanesische Staat ist pleite, die Politik seit zwei Jahren ohne
Präsident und mit Übergangsregierung. Die Hisbollah kämpft an der Ostgrenze
in Syrien an der Seite des Machthabers Baschar al-Assad und an der
Südgrenze gegen das israelische Militär. Das libanesische Militär hat sich
aus dem Süden zurückgezogen, es ist unterfinanziert und machtlos.
Der libanesische Premierminister Nadschib Mikati forderte am Donnerstag die
Vereinten Nationen auf, sich dem „technologischen Krieg“ Israels gegen sein
Land entgegenzustellen. Politiker von sunnitisch und christlich geprägten
Parteien hatten nach den Pager-Attacken öffentlich ihr Mitgefühl geäußert,
zu Solidarität und Blutspenden aufgerufen.
An die Stelle der üblichen harschen Kritik an Hisbollah, sich vom
Südlibanon aus in den Gaza-Krieg einzumischen, sei Mitgefühl getreten,
fasste L’Orient-Today zusammen. Dennoch drängten die Parteien auf eine
rasche Debatte über das illegale Waffenarsenal der Miliz.
In der letzten Umfrage zu der Einstellung der Libanes*innen zu den
Kämpfen zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär, sagte eine
knappe Mehrheit, politische und wirtschaftliche Reformen seien wichtiger
als die Einmischung im Gaza-Krieg. In der Umfrage des Washington-Instituts
Ende 2023 stimmte die Mehrheit der sunnitischen und christlichen Befragten
der Aussage zu, jedoch nur ein Viertel der schiitischen Befragten.
21 Sep 2024
## LINKS
[1] /Hisbollah/!t5013530
[2] /Raketen-zwischen-Israel-und-Libanon/!6035931
[3] /Explosionswelle-im-Libanon/!6037705
[4] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999
## AUTOREN
Julia Neumann
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