# taz.de -- Israelische Staatsanwaltschaft gegen NGO: Breaking „Breaking the … | |
> Die Gruppe „Breaking the Silence“ dokumentiert Israels Militäraktionen. | |
> Die Staatsanwaltschaft will sie dazu zwingen, ihre Quellen offenzulegen. | |
Bild: Ausstellung von „Breaking the Silence“ in Berlin, 2012 | |
JERUSALEM taz | Auf einem Foto hockt ein Palästinenser mit verbundenen | |
Augen und Händen auf dem Boden, auf einem anderen steht ein Junge vor einem | |
Soldaten mit Gewehr im Anschlag. „So sieht Besatzung aus“, steht auf den | |
Protestplakaten von israelischen Reservisten gegen | |
Menschenrechtsverletzungen an der Front. Die Nichtregierungsorganisation | |
(NGO) „Breaking the Silence“ (Das Schweigen brechen) konfrontiert Israels | |
Bevölkerung mit dem Alltag in den Palästinensergebieten. | |
Nun will Israels Oberstaatsanwalt Avichai Mandelblit den | |
Besatzungskritikern einen Riegel vorschieben. Ab kommenden Sonntag wird | |
„Breaking the Silence“ vor Gericht zitiert. Die Gruppe soll gezwungen | |
werden, die Namen der Soldaten offenzulegen, die anonym Zeugnis über | |
Menschenrechtsverletzungen ablegten. | |
„Es wäre unser Ende“, kommentiert Jehuda Shaul, Mitgründer und Sprecher v… | |
„Breaking the Silence“, die bevorstehende Anhörung. „In dem Moment, wo i… | |
den Namen unserer Zeugen preisgebe, versiegt die Informationsquelle.“ | |
Das offizielle Argument, die Zeugen seien nötig, um die Soldaten zur | |
Verantwortung zu ziehen, die Verbrechen begangen haben, will Shaul nicht | |
gelten lassen. Das bevorstehende Verfahren sei schlicht ein Versuch, | |
„Breaking the Silence“ mundtot zu machen. Seit Monaten sehen sich die | |
kritischen Reservisten mit einer breit angelegten Verleumdungskampagne | |
konfrontiert. „Breaking the Silence“ steht in der Schusslinie von Regierung | |
und Siedlergruppen. | |
## Armee leitete Untersuchungen ein | |
Konkret geht es um die Zeugenaussagen mehrerer Soldaten, die vor zwei | |
Jahren an den kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Hamas im | |
Gazastreifen beteiligt waren. Die Armee leitete rund 30 Untersuchungen ein, | |
die zum Teil auf die Dokumentation von „Breaking the Silence“ basieren. | |
Nach einem Bericht der Tageszeitung Ha’aretz gehe es bei den Untersuchungen | |
um „nicht besonders schwerwiegende“ Vergehen, die zudem keine höherrangigen | |
Offiziere beträfen. | |
Der Sprecher von „Breaking the Silence“ kritisiert, dass hier „nur ein pa… | |
einfache Soldaten“ zur Verantwortung gezogen werden, während die „großen | |
Fragen, warum es so viele Tote, vor allem unter der Zivilbevölkerung in | |
Gaza, gab, außen vor bleiben“. Shaul findet es zudem seltsam, warum erst | |
jetzt, fast zwei Jahre nach dem Krieg, das Beweismaterial eingefordert | |
werde. | |
Für die Reservisten passt die bevorstehende Gerichtsverhandlung zu der sich | |
seit ein paar Monaten zuspitzenden Hexenjagd auf Regierungskritiker. In | |
einem via Internet verbreiteten Video aus dem Studio rechtsreligiöser | |
Siedler werden führende Mitglieder von vier NGOs, darunter „Breaking the | |
Silence“, die Menschenrechtsorganisation B’tselem und das Öffentliche | |
Komitee gegen Folter, als „ausländische Agenten“ und | |
„Terroristen-Kollaborateure“ bezeichnet. Die Aktivisten sind seit Kurzem | |
zur Offenlegung ihrer Spendeneinnahmen verpflichtet, wenn sie von | |
ausländischen Regierungsinstitutionen kommen. „Breaking the Silence“ darf | |
zudem nicht mehr Vorträge vor Schulklassen halten. | |
Shaul berichtet von „Dutzenden Drohanrufen“, die die Reservisten und sogar | |
ihre Familienangehörigen erreichten. Die Großeltern von Juli Novak, | |
Direktorin der NGO, habe Anrufe bekommen wie „Ihre Enkelin hatte einen | |
Unfall, sie ist tot“. Zigtausende US-Dollar habe man ausgegeben, um sich | |
gegen Angriffe zur Wehr zu setzen. „Es gab Soldaten, die uns gegenüber | |
gezielt Falschaussagen gemacht haben, um uns später eine Klage anzuhängen“, | |
sagt Shaul. In einem Fall habe ein Zeuge „gezielt Staatsgeheimnisse | |
ausgeplaudert“. | |
Gilad Ach, Chef der Siedlerorganisation „Ad kan“, gab in einem | |
Fernsehinterview jüngst offen zu: „Wir haben Dutzende unserer Aktivisten | |
under cover in linke Organisationen eingeschleust.“ | |
18 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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