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# taz.de -- Initiative #OutInChurch: Extrem mutig
> Das Bekenntnis der 125 kirchlichen Mitarbeiter*innen ist mehr als
> ein identitätspolitisches Schmusedeckchen. Es geht um Arbeitsrecht.
Bild: Der Vatikan denkt in Jahrhunderten, nicht in Tagesaktualitäten
Die Aktion der 125 kirchlichen Mitarbeiter*innen, sich als „queer“ zu
outen, also als schwul, lesbisch oder trans zu bekennen, ist vor allem
dies: extrem mutig. Ein Bekenntnis ist es tatsächlich, denn wer sich
verstecken muss, läuft Gefahr, an der [1][homosexualitätsfeindlichen
Atmosphäre in den katholischen Einrichtungen] zu ersticken.
Ihre öffentliche Performance ist kein identitätspolitisches
Schmusedeckchen, sondern ein nötiger Akt, um der eisigen Atmosphäre der
Verfolgung queerer Lebensart zu entkommen. Was sie tun, sich nämlich mit
ihren Gesichtern zu zeigen, kann im System der katholischen Kirche in
Deutschland eigentlich nur schlimme Folgen haben. Im Zweifel verlieren sie
ihre Arbeit und damit ihre Existenzgrundlage. Lesbisch, schwul oder trans
zu sein wird arbeitsrechtlich sanktioniert und kann bis hin zur Entlassung
führen. Dass es nun so viele sind, die sich outen, schützt sie nur
begrenzt.
Die vatikanischen Vertreter – und hier verbietet sich die Setzung des
Diversitätssternchens, es sind wirklich alles bekennend heterosexuelle
Männer –, vom Bischof bis zum Personalreferenten in einer katholischen
Sozialeinrichtung, haben freilich momentan keine gute Presse. Die Berichte
zu den [2][Vertuschungen des sexuellen Missbrauchs] sind so bezeichnend,
dass für die Führungsleute des Klerus in Deutschland nur dies zu
bilanzieren ist: ein moralischer Bankrott.
Der Klerus war einst selbst in Deutschland, der säkularen Heimat des
emeritierten Papstes Benedikt XVI., so mächtig, dass er kalt lächelnd und
durchsetzungsbewusst bis in die letzte politische Verästelung agieren
konnte, ohne sich je rechtfertigen zu müssen. Doch inzwischen ist er kaum
mehr noch als ein sektoider Schreckschraubenhaufen, bar dessen, wofür sie
sich zuständig fühlen: die Liebe Gottes.
## Was geht, Ampel?
Gerade die katholische Kirche hat – auch hierzulande – dafür gesorgt, dass
menschliche Leben schikaniert und entwürdigt wurden. Ihre Würdenträger
waren oft kaum mehr als eine Horde enthemmter Heuchler. Das queere
Selbstbewusstsein der 125 werden sie nicht mit einer Fülle von Kündigungen
beantworten können. Wenn sich diese Couragierten nun wünschen, überhaupt
müsse es ein Ende haben mit der exklusiven Wertschätzung des Sexuellen, das
ausschließlich der Fortpflanzung dient, ist das berechtigt, schön und
moralisch astrein. Aber dieser Weg wird lang und steinig sein, denn der
Vatikan denkt ja gern in Jahrhunderten, nicht in Tagesaktualitäten.
Wichtiger wäre nun, eine Veränderung des Arbeitsrechts zu erreichen.
Bislang fallen die Kirchen als Tendenzbetriebe nicht unter das
Betriebsverfassungs- und [3][Antidiskriminierungsgesetz]. Sie konnten und
können immer sagen, dass ein schwuler oder lesbischer Lebensentwurf nicht
mit ihrem Glauben vereinbar sei. Damit muss es ein Ende haben, sei es in
Konfessionsschulen, karitativen Einrichtungen oder kirchlichen
Verwaltungen. Mit der CDU/CSU wäre dies nicht möglich, aber die Union ist
nicht mehr Bundesregierung.
Also, Ampel, was geht?
24 Jan 2022
## LINKS
[1] /Aktion-liebegewinnt-in-der-Kirche/!5765786
[2] /Initiator-ueber-outinchurch/!5830053
[3] /Gesetz-gegen-Diskriminierung-in-Berlin/!5770613
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
LGTBI
Katholische Kirche
Outing
Diskriminierung
Arbeitsrecht
katholisch
Katholische Kirche
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Frauenpolitik
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