# taz.de -- Importierte torfhaltige Gartenerde: Klimakiller Blumenbeet | |
> Der Abbau von Torf für Blumenerde und die weiten Transportwege schaden | |
> dem Ökosystem. Dabei gibt es genug Alternativen. | |
Bild: Wo das Kohlendioxid zu Hause ist und bleiben will: im Torf, in Gnarrenbur… | |
BERLIN taz | Mit dem Frühling stapeln sich vor Gartencentern und | |
Supermärkten wieder die Säcke voll Gartenerde. Das Angebot ist riesig und | |
reicht von Rosen- über Rasen- bis zur Blumenerde, natürlich gibt es Erde | |
auch mit „Bio“-Button. | |
Eines haben sie gemeinsam: Sie enthalten alle jede Menge Torf. „Nur 1 bis 4 | |
Prozent aller Gartenerden sind torffrei“, sagt Felix Grützmacher vom | |
[1][Naturschutzbund Deutschland (Nabu)]. Neun Millionen Kubikmeter Torf | |
werden jedes Jahr in Deutschland verkauft, 70 Prozent davon stammen aus | |
Deutschland. Der Rest wird importiert, vor allem aus dem Baltikum. | |
Für problematisch hält das der Moor-Experte aus verschiedenen Gründen. Torf | |
entsteht etwa in flachen Seen, in denen stilles Wasser abgestorbene | |
Pflanzen bedeckt. Sie verrotten nicht, sondern sammeln sich schichtweise an | |
und bilden schließlich ein Moor. Torf ist der erste Schritt auf dem langen | |
Weg von der Pflanze bis zur Kohle – und damit ein fossiler Rohstoff. Ihn zu | |
bilden, dauert tausende Jahre. „Er ist viel zu schade, um ihn einfach auf | |
ein Gartenbeet zu kippen“, sagt Grützmacher. | |
Moore seien wertvolle Lebensräume und wichtige Speicher von Kohlendioxid. | |
Auch wenn der Torf-Abbau in aktiven Mooren hierzulande nicht mehr gestattet | |
sei, sei er schädlich: „Auch ein trockengefallenes Moor bietet Lebensraum | |
für viele Pflanzen und Tiere“, so Grützmacher“, außerdem kann man es | |
renaturieren.“ | |
## Fragwürdiger Nutzen | |
Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen sieht das ähnlich und will | |
den Status ehemaliger Moorflächen als CO2-Senke aufwerten und es Kommunen | |
leichter ermöglichen, den Torfabbau zu verbieten. In Niedersachsen ist das | |
Thema von besonderer Bedeutung, weil hier zwei Drittel aller deutschen | |
Hochmoore liegen und 95 Prozent des Torfabbaus stattfindet. | |
Auch das Umweltbundesamt kritisiert den Gebrauch von Torf in Garten und auf | |
dem Balkon: Zwar werde in Deutschland nur auf einer kleinen Fläche Torf | |
abgebaut, doch dort, wo er stattfinde, ob hier oder im Baltikum, sei er | |
abzulehnen, heißt es in einer Stellungnahme. Zudem sei der Nutzen von Torf | |
im Gartenbeet fragwürdig, seine wasserspeichernden und auflockernden | |
Eigenschaften gingen schnell verloren. | |
Der Nabu empfielt als Alternative Kompost, am besten aus dem eigenen Garten | |
oder von regionalen Kompostieranlagen. Außerdem hätten alle „namhaften | |
Hersteller auch gute torffreie Erde im Angebot“, so Grützmacher. Auf der | |
Website des Umweltverbandes werden Bezugsquellen genannt [2][(pdf)]. | |
## 72 Hersteller von Blumenerde | |
Den Torf in ausreichender Menge zu ersetzen, sei allerdings ein immer | |
größeres Problem, sagt Johannes Welsch vom Industrieverband Garten (IVG). | |
Die 72 Hersteller von Blumenerde und Kultursubstraten in Deutschland nutzen | |
dafür nämlich Kompost, Rinden, Holz- oder Kokosfasern. Diese landen | |
inzwischen aber fast gänzlich zur Energieerzeugung im Ofen. | |
Hölzer, die dem Kompost Struktur geben und ihn so in die Lage versetzen, | |
den Boden zu belüften, werden herausgesiebt und verfeuert. Und viele | |
Pflanzen verrotten nicht mehr zu Kompost, sondern werden in Biogasanlagen | |
vergärt. | |
„Torf ist eine wertvolle Ressource, die wir gerne ersetzen würden, wenn wir | |
es könnten“, sagt Welsch. Seine unter Beschuss geratene Branche brütet nun | |
über einem Label, ähnlich dem FSC-Siegel, mit dem nachhaltig erzeugtes Holz | |
zertifiziert wird. Auf einen Öko-Button übrigens können sich Verbraucher | |
nicht verlassen, auch Bioerde enthält Torf. | |
28 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.nabu.de/oekologischleben/balkonundgarten/gartengrundlagen/15684.… | |
[2] http://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/verbraucher-tipps/nabu-torftip… | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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