# taz.de -- Hertha-Investor unter bösem Verdacht: Prämie für Präsidentenstu… | |
> Bei Hertha BSC soll Investor Windhorst eine Kampagne gegen den einstigen | |
> Klubchef Gegenbauer in Auftrag gegeben haben. Er selbst leugnet das. | |
Bild: Gegeneinander statt miteinander: Windhorst (r.) und Gegenbauer kamen nich… | |
Mit Klagen kennt sich Lars Windhorst, der Unternehmer und Investor von | |
Hertha BSC, gut aus. Der Spiegel hat kürzlich nachzuvollziehen versucht, | |
wie der insolvenzerprobte 45-Jährige Chef der Tennor Holding zu seinem | |
vielen Geld, von dem er etwa gut 374 Millionen Euro in den | |
Fußball-Bundesligisten gesteckt hat, und zu den vielen Klagen gekommen ist. | |
Windhorst selbst erklärte, es sei nichts Ungewöhnliches im Geschäftsleben, | |
verklagt zu werden. „Die Allgemeinheit glaubt wahrscheinlich, dass man nur | |
verklagt wird, wenn man etwas ganz Böses gemacht hat.“ | |
Die Klage, von der [1][die britische Tageszeitung Financial Times am | |
Mittwoch berichtete], ist allerdings weit entfernt von einem | |
Kavaliersdelikt. Windhorst, der im Frühjahr öffentlich erklärte, dass es | |
mit dem Hertha-Präsidenten Werner Gegenbauer keine Zusammenarbeit mehr | |
geben könne, soll die israelische Detektei Shibumi Strategy Limited | |
beauftragt haben, mit einer Kampagne Gegenbauer aus dem Amt zu befördern. | |
Mithilfe von gefakten Onlineprofilen habe man Stimmung gegen Gegenbauer | |
gemacht. Ein Karikaturist sei beauftragt worden, wenig vorteilhafte Bilder | |
von Gegenbauer zur Verwendung in den sozialen Medien zu erstellen. Dabei | |
wäre Gegenbauer als Sensenmann und Teufel dargestellt worden. Auch eine | |
Website mit dem Namen Gegenbauer Raus sowie ein Blog namens Sportfreax soll | |
auf Betreiben der Detektei entstanden sein. Ziel der Kampagne sei die | |
Beeinflussung von Journalisten gewesen. | |
All das steht, so berichtet es die Financial Times, in einer Anklage, die | |
von der Detektei vor einem Bezirksgericht in Tel Aviv erhoben wurde. Die | |
Unterlagen seien der Zeitung zugespielt worden. Grund für den Gerichtsgang | |
sei die ausbleibende Bezahlung durch Windhorst gewesen. Vertraglich | |
ausgehandelt sei eine Honorar von 1 Million Euro gewesen. Zudem sei | |
mündlich ein Erfolgshonorar von 4 Millionen Euro vereinbart worden. | |
[2][Dass Werner Gegenbauer im Mai 2022 als Klubpräsident von Hertha BSC | |
zurücktrat,] sah Shibumi Strategy Limited als Ergebnis der Arbeit eines | |
20-köpfigen Teams an, das man für diese Aufgabe zusammengestellt habe. | |
## Einige Ungereimtheiten | |
Stimmen die Berichte, dürfte es für Hertha BSC trotz des extremen | |
Abhängigkeitsverhältnisses zu Investor Windhorst schwierig werden, die | |
Fortsetzung der Partnerschaft mit ihm zu rechtfertigen. Auf Anfrage der | |
taz erklärte Vereinssprecher Marcus Jung: „Ich möchte Ihnen hierzu | |
mitteilen, dass uns Tennor übermittelt hat, dass diese Geschichte völliger | |
Unsinn ist.“ | |
Auch die israelische Detektei, die geklagt haben soll, bestreitet gegenüber | |
der Financial Times den Gang vor Gericht: „Wir wissen nichts über diesen | |
angeblichen Fall, und Sie müssen sich geirrt haben.“ Die Frage ist jetzt, | |
ob die Berichterstatter falschen Informationen aufgesessen sind oder ob | |
sich die Streitparteien möglicherweise nun außergerichtlich geeinigt haben. | |
Der Schaden für Lars Windhorst wäre vermutlich ein größerer, wenn es zu | |
einem Prozess käme. | |
Was unbestreitbar ist: Vor dem Rücktritt von Werner Gegenbauer waren | |
Merkwürdigkeiten in den sozialen Netzwerken zu beobachten. Die | |
Onlineredaktion von 11Freunde machte am Mittwoch [3][auf Hinweise von | |
Steven Redetzki], Podcaster bei Hertha Base, aufmerksam, die dieser | |
bereits im November 2021 getätigt hatte. Er wunderte sich über gleich | |
mehrere Accounts von Personen, die ansonsten zuvor über Reisen, Kunst und | |
Yoga auf Englisch posteten und plötzlich auf Deutsch sprachgewaltig die | |
Vereinspolitik von Hertha-Präsident Werner Gegenbauer kritisierten. | |
Ungereimtheiten gibt es auf den ersten Blick aber auch in der Darstellung | |
der Financial Times. Der erste Eintrag des Berliner Sportblogs Sportfreax, | |
der zur Agitation gegen Gegenbauer geschaffen worden sein soll, stammt vom | |
Mai 2018. Ende Juni 2019 wurde aber erst bekannt, dass Lars Windhorst als | |
Investor bei Hertha BSC einsteigt. | |
Es dürfte sinnvoll sein, die Aktivitäten gegen Gegenbauer im Vorfeld seines | |
Rücktritts noch einmal genauer zu überprüfen. Eine Anfrage der taz bei | |
Gegenbauer, wie er den Bericht der Financial Times bewerte, blieb bis | |
Redaktionsschluss unbeantwortet. | |
29 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ft.com/content/02373d6b-dcc5-47db-9df0-cc07512defcd | |
[2] /Hertha-BSC-nach-dem-Relegationsspiel/!5857407 | |
[3] https://twitter.com/sogenannter/status/1463933555457900551 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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