# taz.de -- Hanami in Berlin: Traum von Rosa und Vergänglichkeit | |
> Am schönsten ist der Frühling mit den blühenden Kirschbäumen. Mit | |
> Kirschblütenfesten wird das gefeiert. Am Sonntag in den Gärten der Welt. | |
Bild: So schön und rosa kann der Frühling sein | |
Man braucht natürlich ein unverkrampftes Verhältnis zur Farbe Rosa, um dem | |
Spektakel etwas abgewinnen zu können. Ein Spektakel aber ist es allemal, | |
jedes Jahr im Frühjahr, wenn die Kirschbäume blühen. | |
Einen besonderen Kult um die Kirschblüte hat man in Japan gemacht. Sie ist | |
ein wesentliches Symbol der dortigen Kultur und steht für Schönheit, für | |
Aufbruch und auch für Vergänglichkeit, weil es mit der Pracht der | |
Kirschblüte halt bereits nach wenigen Tagen schon vorbei ist und die | |
rosafarbenen und weißen Blütenblätter ermattet auf den Boden fallen. | |
Konturiert wird dieser symbolische Wert noch dadurch, dass die Japanische | |
Kirsche wenigstens aus Sicht hiesiger Obstbaumbesitzer eigentlich ein | |
rechter Nichtsnutz ist: Sie trägt nämlich keine essbaren Früchte, hat aber | |
besonders viele Blüten – und erschöpft sich eben darin, einmal ein paar | |
Tage im Jahr ganz besonders schön zu sein. | |
Hanami – „Blüten betrachten“ übersetzt aus dem Japanischen – heißt d… | |
Tradition, mit Kirschblütenfesten diese Schönheit zu feiern. | |
Und das wird mittlerweile längst nicht mehr nur in Japan gemacht. Auch in | |
Deutschland finden sich reihenweise diese Feste. | |
## Der Andrang zu den Blüten | |
Aus hiesiger Myfest-Pespektive interessant ist dabei vielleicht, dass es in | |
Bonn seit 2017 wenigstens offiziell kein Kirschblütenfest mehr gibt, weil | |
sich die Anwohner über den Andrang beschwert hatten. Aber trotzdem blühen | |
dort die Kirschbäume in der Altstadt weiterhin jedes Jahr, was | |
dementsprechend auch angeschaut wird. Dass es dabei in den letzten Jahren | |
gerade zur Blütezeit einen mächtigen Zuwachs japanischer Besucher in Bonn | |
gab, mag darauf hinweisen, dass Touristen eben ganz gern auch anderswo das | |
machen, was sie daheim schon gerne tun. | |
Wer auf Masse aus ist, muss aber nach Hamburg. Dort findet das wohl größte | |
Hanami Deutschlands statt, und zwar bereits seit 1968 in Erinnerung an das | |
Pflanzen von 5.000 Kirschbäumen der in Hamburg ansässigen japanischen | |
Firmen. | |
Gegenüber diesen Hamburger Maßstäben nimmt sich das Kirschblütenfest am | |
Sonntag in den Gärten der Welt in Marzahn geradezu bescheiden aus. Erst zum | |
13. Mal wird dort nämlich die Kirschblüte gefeiert, etwa 150 Kirschbäume | |
finden sich im Park. Wobei die 17 Exemplare, die im vergangenen Jahr | |
nächtlichem Vandalismus zum Opfer gefallen sind, mittlerweile ersetzt | |
wurden. | |
## Das Programm drumherum | |
Mit einer stillen Beschau der Kirschblüte wird es am Sonntag in den Gärten | |
der Welt aber eher nichts werden, weil da drumherum einfach zu viel | |
passiert mit einem Programm aus traditionellen Tänzen und Klängen aus | |
Japan, China und Korea samt dem dazu passenden kulinarischen Angebot. | |
Das Wichtigste aber bleiben doch wohl die Blüten, und die, teilt Grün | |
Berlin mit, sollten auf dem Fest auch zu sehen sein. Seit einigen Tagen | |
sind im Park die frühen Blüher zu bewundern, die späteren sollen in Kürze | |
starten und blühen dann bis Ende April. Alles eine Sache der Temperaturen | |
und der Sonne. Heißt, dass das Kirschblütenfest und die Kirschblüte nicht | |
unbedingt immer zusammenkommen müssen. 2017 etwa war es reichlich kalt im | |
April, die Kirschbäume blühten erst Ende des Monats, während das Fest | |
bereits Mitte April stattfand. | |
Prinzipiell darf man natürlich unter jedem Kirschbaum, den man in der Stadt | |
findet, sein eigenes Hanami feiern. Wenn es eine Japanische Blühkirsche | |
ist, kann man sich ziemlich sicher sein, dass man außer dem | |
Kirschblütenfest gleich noch die Wiedervereinigung feiert. Das Ende der | |
Teilung war nämlich 1990 Anlass für eine Spendenaktion eines japanischen | |
Fernsehsenders, womit Geld für die Pflanzung Japanischer Kirschen in | |
Deutschland gesammelt wurde. Letztlich reichte es für etwa 9.000 Bäume, von | |
denen ein großer Teil in Berlin eine Heimat fand. Viele stehen dabei an | |
symbolträchtiger Stelle, im ehemaligen Grenzstreifen. | |
Auf dem Mauerweg zwischen Lichterfelde-Süd und Teltow findet sich dabei mit | |
mehr als tausend Bäumen auf Hunderten Metern die längste Kirschblütenallee | |
von Berlin und Brandenburg, wo man dann die Welt – wenigstens einmal im | |
Jahr – wirklich rosafarben sehen muss. Ende April wird dort Hanami | |
gefeiert. | |
13 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Thomas Mauch | |
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