| # taz.de -- Gesetz gegen Tötung männlicher Küken: Schreddern vor dem Aus | |
| > Millionen Küken werden kurz nach dem Schlüpfen getötet, weil sie sich | |
| > angeblich nicht rentabel verwerten lassen. Neue Methoden sollen das | |
| > massenhafte Töten beenden. | |
| Bild: Schlüpfen bald gar nicht erst: männliche Küken | |
| Berlin dpa | Mit dem [1][massenhaften Töten männlicher Küken] in der | |
| Legehennenzucht in Deutschland soll Ende kommenden Jahres Schluss sein. | |
| Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) will die Praxis ab dann | |
| verbieten und stellt Mittwochmittag einen Gesetzentwurf dazu vor. Das | |
| Ministerium verweist darauf, dass alternative Verfahren marktreif seien, um | |
| das Geschlecht im Ei zu bestimmen und männliche Küken gar nicht schlüpfen | |
| zu lassen. | |
| Noch werden 45 Millionen Küken jährlich getötet, die keine Eier legen und | |
| nicht so viel Fleisch ansetzen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2019 | |
| entschieden, dass die umstrittene Praxis nur noch für eine Übergangszeit | |
| zulässig ist. | |
| Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte, er „sehne den Tag herbei, an dem | |
| dieses Thema endlich Geschichte ist. Praxistaugliche Verfahren zur | |
| Geschlechtsbestimmung sollten schnellstmöglich flächendeckend zum Einsatz | |
| kommen.“ Wichtig sei, dass die gesetzliche Regelung nicht durch den Einkauf | |
| von Eiern im Ausland unterlaufen werde. | |
| Der [2][Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft] erklärte, die | |
| Branche wolle den Ausstieg aus dem Kükentöten lieber heute als morgen. „Das | |
| Gesetz darf aber nicht den Eindruck erwecken, eine kurzfristige Lösung bis | |
| Ende 2021 sei völlig unproblematisch möglich“, sagte Präsident | |
| Friedrich-Otto Ripke. Im freien EU-Warenverkehr könnten zum Beispiel | |
| polnische oder niederländische Brütereien weiterhin männliche Küken am | |
| ersten Lebenstag töten und Eier hier anbieten. „Nur EU-Recht kann dieses | |
| Dilemma auflösen.“ | |
| ## Deutschland „weltweiter Vorreiter“ | |
| In der Rheinischen Post forderte Klöckner die Bürger auf, künftig auch auf | |
| Eier aus dem Ausland zu verzichten, wenn die Tiere dort weiterhin | |
| geschreddert werden. „Das Töten von Eintagsküken ist ethisch nicht | |
| vertretbar. Es darf nicht sein, dass Tiere nach dem Schlüpfen sofort | |
| getötet werden, weil sie ein bestimmtes Geschlecht haben“, sagte Klöckner. | |
| Die in der Geflügelhaltung übliche Praxis, dass Küken kurz nach dem | |
| Schlüpfen getötet werden, weil die Aufzucht wirtschaftlich unrentabel sei, | |
| werde beendet. Deutschland sei damit weltweiter Vorreiter. Die Ministerin | |
| verteidigte die Übergangszeit bis Ende 2021. Ein Verbot mache nur Sinn, | |
| wenn der Branche eine Alternative zur Verfügung stehe, begründete sie. | |
| Um das Kükentöten zu vermeiden, sind zwei Verfahren entwickelt worden. Bei | |
| der einen Methode wird einige Tage lang angebrüteten Eiern durch ein | |
| winziges Loch etwas Flüssigkeit entnommen, um das Geschlecht zu bestimmen. | |
| Weibliche Küken werden ausgebrütet, männliche nicht. So erzeugte Eier | |
| werden bereits in Supermärkten angeboten. Beim zweiten Verfahren wird ein | |
| spezieller Lichtstrahl ins Ei-Innere geschickt, wie das Ministerium | |
| erläutert. Das Geschlecht wird dann durch eine Analyse des reflektierten | |
| Lichts bestimmt. | |
| Laut Bundesverwaltungsgericht ist das Kükentöten nur noch so lange | |
| zulässig, bis gut funktionierende alternative Verfahren zur Verfügung | |
| stehen. Das Tierschutzgesetz besagt in Paragraf 1, dass niemand einem Tier | |
| „ohne vernünftigen Grund“ Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. D… | |
| Frage war, ob wirtschaftliche Interessen der Hennenzüchter ein | |
| „vernünftiger Grund“ sein können. Dazu hatten die Bundesrichter | |
| festgestellt, dass die Belange des Tierschutzes schwerer wiegen. | |
| ## Nicht nur die SPD sieht Versäumnisse | |
| Die SPD sieht trotz des angekündigten Gesetzentwurfs Versäumnisse. Klöckner | |
| habe sich viel zu lange nicht um eine Lösung gekümmert, sagte Susanne | |
| Mittag, die Tierschutzbeauftragte der SPD im Bundestag, der dpa. „Sowohl im | |
| Koalitionsvertrag als auch in einem ergänzenden Entschließungsantrag hatten | |
| wir schnellere Lösungen beschlossen.“ Vereinbart sei gewesen, schon bis zur | |
| Mitte der Wahlperiode das Verbot der Kükentötung durchzusetzen. „Dadurch, | |
| dass Frau Klöckner erst den Weg der Freiwilligkeit gehen wollte, hat sie | |
| viel Zeit verschenkt.“ | |
| Tatsächlich heißt es im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD: „Das Töten | |
| von Eintagsküken werden wir bis zur Mitte der Legislaturperiode beenden.“ | |
| Auch den Grünen geht es zu langsam. Seit 2015 hätten die | |
| Landwirtschaftsminister der Union das Ende des „Kükenschredderns“ | |
| angekündigt, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. „Ich erwarte, dass jetzt | |
| eine gesetzliche Verpflichtung umgesetzt wird, dass die Brütereien die neue | |
| Technik umgehend einsetzen müssen und nicht irgendwann in den nächsten | |
| Jahren.“ Die neue Technik führe zu Mehrkosten von 2 Cent pro Ei. „Das ist | |
| es wert.“ | |
| Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Gero Hocker, nannte es | |
| „traurig und ambitionslos zugleich“, dass sich Frau Klöckner mit einem | |
| nationalen Verbot begnüge. „Sie lässt damit die großartige Chance der | |
| deutschen Ratspräsidentschaft ungenutzt verstreichen.“ Würde ihr es | |
| wirklich um das Wohl der Tiere gehen, hätte sie einheitliche europäische | |
| Rahmenbedingungen angestrebt. So aber bleibe die Bundesregierung bei | |
| billiger Schaufensterpolitik, und für die Küken bleibe alles beim Alten. | |
| Nur eines werde sich ändern: Die männlichen Küken würden künftig knapp | |
| hinter der deutschen Grenze getötet. | |
| SPD und Grüne fordern zudem weitere Schritte. Es brauche eine | |
| Haltungskennzeichnung für Eier auch in verarbeiteten Produkten, sagte | |
| Krischer. „Dort werden immer noch in großem Umfang Eier von Hühnern aus | |
| Käfighaltung eingesetzt. Wenn das dort draufsteht, werden weniger Käfigeier | |
| nachgefragt.“ Susanne Mittag mahnte, Klöckner müsse „endlich ein | |
| staatliches Tierwohllabel vorlegen, das auch Geflügel sowie Eier erfasst“. | |
| Das geplante Label soll in einem ersten Schritt für Schweinefleisch gelten, | |
| weitere sind aber geplant. | |
| 9 Sep 2020 | |
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