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# taz.de -- Geologe über Vulkanausbrüche: „Ein selbstverstärkender Effekt�…
> Auf Island droht bald ein Vulkan auszubrechen. Der Geologe Steffen
> Kutterolf erklärt, wie sich das auf den Klimawandel auswirken könnte.
Bild: Ein Polizist vor einer Erdspalte im evakuierten Grindavik auf Island am 1…
Herr Kutterolf, nahe der isländischen Stadt Grindavík auf der Halbinsel
Reykjanes droht möglicherweise bald ein Vulkanausbruch. Was passiert dort
gerade?
Steffen Kutterolf: Die Wissenschaftler vor Ort haben Sensoren um die
Vulkane in Island installiert. Ein paar von diesen Sensoren [1][zeichnen im
Moment erhöhte seismische Aktivität] auf. Das bedeutet, irgendwas im
Untergrund bewegt sich. Man geht davon aus, dass Magma von tieferen
Regionen in der Erdkruste in flachere Regionen aufsteigt und sich dort
sammelt.
Und dann?
Es besteht die Möglichkeit, dass das alles im Sande verläuft, das Magma in
Reservoirs stecken bleibt und gar nichts passiert. Es besteht aber auch die
Möglichkeit, dass die Reservoire überfüllt werden und es zum Ausbruch
kommt.
Ist der Vulkan schon einmal ausgebrochen?
Es handelt sich dort um ein Vulkansystem. Das ist vor 800 Jahren und in den
vergangenen drei Jahren schon mal ausgebrochen. Nach so einem Ausbruch sind
die Magma-Reservoire unter der Erde geleert und es gibt wieder die
Möglichkeit, dass neues Magma nachströmen kann. Das passiert alles unter
der Erdoberfläche. Je nachdem, um was für einen Vulkan es sich handelt,
sprechen wir von mehreren hundert Metern bis mehreren Kilometern Tiefe, in
denen diese Reservoire liegen.
Warum ist es so unklar, ob der Vulkan ausbrechen wird oder nicht?
Weil das von verschiedenen Faktoren abhängt. Zum einen muss die Wegsamkeit
– also Klüfte oder kleine Risse in der Kruste – da sein, damit das Magma
weiter aufsteigen kann. Das ist eine Bedingung.
Und die andere?
Viel wichtiger ist, was wir als „driving force“ bezeichnen, also den
Antrieb, der das Magma weiter aufsteigen lässt. Magma beinhaltet gelöstes
Gas. Wenn das Magma von der Tiefe in flachere Regionen aufsteigt, dann
lässt der Druck auf das Magma nach und dann passiert das Gleiche, wie wenn
man eine Flasche Selter aufmacht: plötzlich kommen kleine Blasen hoch. Je
höher, desto schneller können sich die Gase aus dem Magma als Blasen lösen.
Die Blasen verringern wiederum die Dichte und das Magma kann weiter
aufsteigen. Ein selbstverstärkender Effekt. Je nachdem, wie viel Gas da ist
und wie schnell sich das Gas aus dem Magma lösen kann, entscheidet sich, ob
es wirklich zu einer Eruption kommt oder ob die ganze Sache einfach stecken
bleibt.
Könnte dieser mögliche Ausbruch einen Einfluss auf das Klima haben?
Es ist immer die Frage, [2][was für ein Ausbruch] es überhaupt ist.
Vulkanausbrüche, die wirklich das Klima beeinflussen, halte ich in Island
für eher unwahrscheinlich, weil diese eine bestimmte Größe und Intensität
brauchen. Einzige Ausnahme: die sieben Monate anhaltende kontinuierliche
Laki-Eruption von 1783 bis 1784.
Warum ist eine bestimmte Größe wichtig?
Je größer und explosiver der Ausbruch, desto wahrscheinlicher ist es, dass
das Material bis in die Stratosphäre kommt. Denn um das Klima wirklich zu
beeinflussen, müssen die Gase und auch das vulkanische Material bis tief in
die Atmosphäre oder sogar die Stratosphäre kommen. Nur dann haben die Gase
die Möglichkeit, wirklich das Sonnenlicht global abzuschirmen und damit die
Erde abzukühlen.
Das heißt, man kann auch nicht davon ausgehen, dass ein Vulkanausbruch
dabei helfen würde, die Erderwärmung zu bekämpfen?
Nein. Vor allem, wenn man die Dimensionen betrachtet, die man dann
bräuchte. Dann hätte man andere Probleme. Weil dann wahrscheinlich eine
[3][ganze Region im Chaos] versinken würde. Es gibt ja auch die Idee,
[4][Schwefeldioxid in die Atmosphäre] zu blasen, um einen Vulkanausbruch zu
simulieren. Das halte ich aber für absoluten Schwachsinn. Man kann gar
nicht abschätzen, was für andere Folgen das hätte. Immer, wenn die Menschen
denken, sie können noch irgendwas verändern, dann geht meistens der Schuss
nach hinten los.
Was hat es im Gegenzug mit der Theorie auf sich, dass der Klimawandel auch
die Aktivität von Vulkanen beeinflusst?
Das ist eine Theorie. Aber es ist nicht der Klimawandel, sondern es sind
viel länger anhaltende Prozesse, die da stattfinden. Der menschengemachte
Klimawandel wird – nach aktuellem Stand des Wissens – definitiv nicht
Vulkanaktivität beeinflussen.
17 Nov 2023
## LINKS
[1] /Furcht-vor-Vulkanausbruch-in-Island/!5972268
[2] /Vulkanausbruch-der-Antike-neu-bewertet/!5940714
[3] /Insel-La-Palma-nach-Vulkanausbruch/!5881844
[4] https://www.mpg.de/16569676/geoengineering
## AUTOREN
Franziska Betz
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