Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Geleaktes NSA-Dokument: Whistleblowing 101
> Eine NSA-Agentin verschickte geheime Papiere an „The Intercept“. Seit
> ihrer Festnahme wird einiges diskutiert – bis auf die Echtheit des
> Dokuments.
Bild: Dieses Bild veröffentlichte Reality Leigh Winner auf ihrem Instagram-Acc…
Reality Winner – nein, gewonnen hat die junge Frau nicht wirklich, der
vorgeworfen wird, ein internes NSA-Dokument an Glenn Greenwalds
Nachrichtenplattform The Intercept weitergegeben zu haben. Kein ganzer Tag
verging zwischen der [1][Veröffentlichung der Geschichte], wie der
russische Geheimdienst vor der US-Wahl 2016 Zugriff auf Wahlcomputer
gewinnen wollte, und der Festnahme der Verdächtigen Winner.
In dem fünfseitigen Dokument wird beschrieben, wie Hacker versucht hätten,
über vorgespielte Identitäten vor allem in den Prozess der Verifizierung
registrierter WählerInnen einzugreifen. Die Frage, ob der Angriff Erfolg
hatte, bleibt unbeantwortet. Dass die Hacker im Auftrag des russischen
Militärgeheimdienstes handelten, wird ohne weitere Belege in dem Dokument
vorausgesetzt.
Reality Winner ist erst seit Februar dieses Jahres für eine Vertragsfirma
der NSA tätig gewesen. Davor war sie mehrere Jahre Soldatin der
US-Luftwaffe und dort [2][laut ihren Eltern] wegen ihrer Sprachkenntnisse
in Farsi, Paschtu und Dari als Linguistin beschäftigt. Ein Motiv für die
Weitergabe der NSA-Analyse ist bislang nicht bekannt. Sie soll das
fragliche Dokument auf einem Drucker der NSA ausgedruckt und einen Scan der
fünf Seiten anonym The Intercept übergeben haben.
Dieser Ausdruck könnte ihre schnelle Festnahme begünstigt haben, da darauf
eine [3][Markierung aus kaum sichtbaren gelben Punkten die Herkunft des
Dokuments eindeutig darstellen] sollen. Ob die NSA jedoch wirklich einer
solchen Hilfestellung bedurft hätte, um die Verdächtige zu identifizieren,
kann getrost angezweifelt werden. Schließlich soll Winner in einer anderen
Sache mit The Intercept per Mail kommuniziert und von ihrem Dienstaccount
aus als eine von nur sechs Personen das Dokument ausgedruckt haben; ein
Vorgang, der sicher nicht unbemerkt geblieben wäre. Winner soll bei ihrer
Festnahme gestanden haben.
## Ein direkter Zusammenhang? Nebensächlich
Was kaum überrascht: WhistleblowerInnen müssen [4][extrem achtsam mit
Orginaldokumenten] umgehen, sowohl in der Beschaffung als auch der
Weitergabe, da ein anonymer Briefkasten und das Löschen einiger Metadaten
offensichtlich nicht genügen, ihre Identität hinreichend zu schützen.
Natürlich ist das auch eine Warnung für JournalistInnen, bei der
Aufbereitung von Dokumenten sorgfältiger vorzugehen und technische
Fußangeln, die ihre Quellen übersehen mögen, zu antizipieren.
Für jene, die die Einflussnahme russischer Dienste auf die US-Wahl und die
mögliche Zusammenarbeit mit Trumps Wahlkampfteam untersucht wissen wollen,
kommt das Leak sicherlich gelegen. Während die Anhörung des entlassenen
FBI-Direktors James Comey am Donnerstag vor dem Geheimdienstausschuss des
Senats ansteht und dort Fragen einer versuchten Vertuschung russischer
Einflussnahme diskutiert werden, liefert ein Dokument wie das geleakte
Futter für weitere Spekulationen, in welcher Art sich diese vermutete
Einflussnahme materialisiert haben könnte.
Die Echtheit der Analyse steht dabei, anders als vielleicht kaum beweisbare
einzelne Zeugenaussagen, außer Zweifel, ist die Festnahme Winners durch das
FBI doch eine explizite Bestätigung des Sachverhalts. Ob es während den
Ermittlungen nun gelingt, die beiden Enden des Fadens, Trump und Putin
miteinander zu verknüpfen und ob ein direkter Zusammenhang überhaupt
gegeben ist, bleibt fast nebensächlich.
## Auch Trumps Legitimität leidet
Schließlich verfestigt sich der Eindruck in der Öffentlichkeit, dass die
Störung des Wahlprozesses tatsächlich möglich sein könnte. Trump scheint
diese fortschreitende Delegitimierung der demokratischen Institutionen kaum
zu stören, hat er sie doch selbst mit seinem Gerede von Wahlbetrug
zugunsten seiner Konkurrentin Hillary Clinton befeuert.
Jedoch könnte der Präsident sich Sorgen machen, dass seine persönliche
Legitimität ebenfalls immer mehr in Zweifel gezogen und von den
US-amerikanischen Geheimdiensten nicht enthusiastisch verteidigt werden
wird. Denn das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und dem FBI dürfte
ziemlich gestört sein – spätestens seit der Entlassung Comeys am 9. Mai,
demselben Tag, an dessen Morgen Winner eine Handvoll Seiten durch einen
NSA-Drucker in Georgia schickte.
7 Jun 2017
## LINKS
[1] https://theintercept.com/2017/06/05/top-secret-nsa-report-details-russian-h…
[2] http://edition.cnn.com/2017/06/06/politics/reality-winner-who-is-accused-le…
[3] http://blog.erratasec.com/2017/06/how-intercept-outed-reality-winner.html#.…
[4] https://www.eff.org/deeplinks/2017/06/printer-tracking-dots-back-news
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Whistleblower
NSA
FBI
James Comey
Whistleblower
Schwerpunkt TTIP
James Comey
Chelsea Manning
James Comey
## ARTIKEL ZUM THEMA
Urteil gegen US-Whistleblowerin: 63 Monate Knast zur Abschreckung
Reality Winner gab NSA-Dokumente über russische Hackerangriffe an Medien
weiter. Dafür wird sie härter bestraft als je ein Whistleblower zuvor.
Whisteblower und Quellenschutz: Geheimnishüter der Leaks
Kleinste Details in geleaktem Material können Informanten entlarven. Das
bedeutet eine große Herausforderung für Journalisten.
Nach Turbulenzen um Russland-Kontakte: Trump ernennt neuen FBI-Chef
Der Kandidat Christopher Wray hatte früher eine wichtige Position im
Justizministerium inne. Dort war er mit Anti-Terror-Maßnahmen nach 9/11
betraut.
Haftentlassung von Chelsea Manning: Mit der Courage einer freien Frau
Am Mittwoch verlässt die 29-jährige Chelsea Manning nach sieben Jahren das
Gefängnis – für ein Leben in einem veränderten Land.
Trump entlässt FBI-Chef James Comey: „You’re fired“
Trump hat aus heiterem Himmel den FBI-Chef vor die Tür gesetzt. Mitten in
den Russland-Ermittlungen des FBI ist das mehr als ungewöhnlich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.