# taz.de -- Geldwäsche und Untreue bei der WM 2006: Ein schmutziges Sommermär… | |
> Berater Fedor Radmann hat richtig fett abkassiert. Der DFB reagiert auf | |
> die Enthüllungen mit einer Presseerklärung: eine Analyse. | |
Bild: Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter (v.l.n.r.), Ex-Lichtgestalt Franz Beckenb… | |
DFB: Es ist allgemein bekannt und aus den uns vorliegenden Unterlagen | |
ersichtlich, dass Herr Radmann im Zuge der Bewerbung um die | |
Weltmeisterschaft 2006 und nach dem Zuschlag für das WM-OK in | |
unterschiedlichen Funktionen tätig war. | |
taz: Fedor Radmann hat also für das Organisationskomitee der WM 2006 | |
gearbeitet, und zwar in unterschiedlichen Funktionen. Ohne den | |
Strippenzieher des deutschen Sports geht es einfach nicht. Er hat schon bei | |
den Olympischen Spielen in München 1972 mitgemischt. Doch er war mehr, bei | |
Adidas war er für internationale Beziehungen zuständig. Auch für die | |
Medienunternehmen der Kirch-Gruppe war er als Berater unterwegs. Dass er | |
seine Beratertätigkeit weitergeführt hat, als er 2001 zum Vizepräsidenten | |
des Organisationskomitees für die WM 2006 bestellt war, ist so unsauber | |
gewesen, dass er seinen Posten aufgeben musste. Er bekam dann einen | |
Beratervertrag. Der Mann lebt jetzt in der Schweiz. Dort ermittelt die | |
Bundesanwaltschaft im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-WM 2006 | |
wegen Geldwäsche und Untreue gegen ihn. Auch das ist allgemein bekannt. | |
Auf welcher inhaltlichen Absprache die Höhe seiner finanziellen Vergütungen | |
damals festgelegt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. | |
Was so ein Strippenzieher genau macht, man weiß es nicht so ganz genau. | |
Hier geht es dem DFB auch nicht viel anders als all den ratlosen | |
Beobachtern, die sich immer wieder die Augen reiben, wenn die immer selben | |
Berater auftauchen, sobald es um die Vergabe eines großen Sportereignisses | |
geht. Was die finanziellen Vergütungen angeht, da wird sich der DFB gewiss | |
schlaugemacht und die Bild-Zeitung vom Montag gelesen haben. Von Januar | |
2001 bis Juni 2003 soll Radmann als Vizepräsident des Organisationskomitees | |
60.000 Mark im Monat kassiert haben. Dazu 1,4 Millionen Mark an Provisionen | |
für Werbeverträge. Dazu gab es noch eine Bonuszahlung von 500.000 Mark. Als | |
er Mitte 2003 das OK verlassen musste, weil er nicht die ganze Wahrheit | |
über seine Beratertätigkeiten gesagt hat, erhielt er eine Abfindung von | |
250.000 Euro. Warum einer, den man entfernen muss, weil er Mist gebaut hat, | |
ein Abfindung erhält, das wüssten wir dann doch gern. Jedenfalls verdiente | |
Radmann danach als Berater noch 320.000 Euro pro Jahr. | |
Die aktuelle Führung des DFB wird in dieser Frage erneut mit zum Teil 15 | |
Jahre zurückliegenden Sachverhalten konfrontiert, für die sie weder | |
Verantwortung trägt noch alle voll umfänglichen Hintergründe kennt. | |
15 Jahre sind eine lange Zeit. Und wer wird schon gern mit etwas | |
konfrontiert, was so lange zurückliegt. Nur eines wüssten wir schon gern: | |
Was ist eigentlich ein voll umfänglicher Hintergrund? | |
Der DFB, der selbst ein großes Interesse an einer umfassenden Aufklärung | |
hat, spricht sich deshalb mit Nachdruck dafür aus, dass Herr Radmann und | |
die damals in der Verantwortung stehenden Mitglieder des OK vollständig und | |
transparent über diese Abläufe informieren und Auskunft darüber geben, | |
welche Leistungen konkret den damaligen Vergütungen zugrunde lagen. | |
Gute Idee, vielleicht können sich die Mitglieder des Organisationskomitees | |
ja erinnern, was vor 15 Jahren so alles gelaufen ist. Der DFB würde sich | |
gewiss freuen über jede Information aus dieser finsteren Zeit, der | |
Fußball-Antike. Was der DFB auch vergessen zu haben scheint: Das OK war | |
keineswegs eine völlig unabhängig agierene Organisation, deren erstes Ziel | |
es war, dem DFB zu schaden. Das WM-OK hatte gemäß Bestimmungen des | |
Internationalen Fußballverbands unter dem Dach des DFB zu agieren. Auch | |
wenn der DFB sich ganz wohl fühlt in der Opferrolle, er war kein Opfer. | |
Eine abschließende Beurteilung des Geschäftsgebarens im WM-OK 2006 ist für | |
den DFB zum jetzigen Zeitpunkt auch deshalb nicht möglich, weil sich | |
zahlreiche Akten seit über einem Jahr bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt | |
am Main befinden. Hier wünscht sich der DFB eine zeitnahe Rückgabe, um | |
solche Sachverhalte umfassender bewerten und daraus resultierende Fragen | |
beantworten zu können. | |
Das ist aber wirklich gemein von der Staatsanwaltschaft. Was macht die | |
Behörde eigentlich mit den Akten? Sie ermittelt gegen den damaligen | |
Vizepräsidenten des OK, den späteren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach, | |
den damaligen Schatzmeister Theo Zwanziger, der danach auch mal | |
DFB-Präsident war, und den früheren Generalsekretär Horst R. Schmidt wegen | |
Steuerhinterziehung. Es geht um die ominöse Zahlung von 6,7 Millionen Euro | |
im Vorfeld der WM, von der man nun weiß, dass sie auf dem Konto einer Firma | |
in Katar gelandet ist, die dem erfahrenen Stimmenkäufer und -verkäufer | |
Mohamed bin Hammam gehört. Die Staatsanwaltschaft wirft den drei vor, | |
falsche Steuererklärungen für das Jahr 2006 zu verantworten. Das Geld sei | |
als Kosten für ein Kulturprogramm bei der WM als Betriebsausgabe | |
steuermindernd geltend gemacht worden, „obwohl ihr tatsächlich ein anderer | |
Zweck zugrunde lag“. Dem DFB droht wegen der falschen Steuererklärung für | |
das Jahr 2006 der Verlust der Gemeinnützigkeit. Was dem Verband wohl am | |
liebsten wäre? Akten her und Schwamm drüber. | |
Festzuhalten ist, dass sich die Verträge von Herrn Radmann nicht im | |
Freshfields-Bericht wiederfinden, weil sie nach Prüfung und Einordnung | |
durch die Kanzlei Freshfields in keiner Verbindung zu den im Kontext der WM | |
2006 geflossenen 6,7 Millionen Euro stehen. | |
Das mag schon sein. Aber wer hat dafür gesorgt, dass die Radmann-Verträge | |
nicht in dem Prüfbericht der Wirtschaftskanzlei Freshfields auftauchen? Die | |
hatte der DFB mit der Aufklärung der sogenannten Sommermärchenaffäre | |
beauftragt. Und wenn die Verträge geprüft wurden, dann müsste der DFB eben | |
doch wissen, „auf welcher inhaltlichen Absprache die Höhe seiner | |
finanziellen Vergütungen damals festgelegt wurde“. Vielleicht kann sich | |
beim DFB ja einfach niemand mehr daran erinnern, was damals eigentlich | |
untersucht worden ist. | |
9 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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