# taz.de -- Fußball-Meisterschaft in Italien: Scudetto ohne Spektakel | |
> Endlich mal gewinnt nicht Juventus Turin. Die Freude über den Titel für | |
> Inter Mailand ist groß, die Freude über den Fußball des Klubs eher nicht. | |
Bild: Jubel auf der Piazza Duomo nach der ersten Meisterschaft für Inter seit … | |
ROM taz | Inter ist Meister – Juventus nicht. Was davon die wichtigere | |
Nachricht ist? Schwer zu sagen. Nach neun Titeln in Folge geht die Dominanz | |
der Turiner in der Serie A zu Ende. Beendet hat sie der Trainer, mit der | |
sie einst begonnen hatte: Antonio Conte. 2011 initiierte der | |
[1][Ex-Nationaltrainer] Juves Scudetto-Abonnement, 2013 stellte Juve mit | |
102 Punkten einen neuen Serie-A-Rekord auf. Acht Jahre später gilt Conte | |
nun als Held in Mailand: Inter-Fans warteten seit 2010 auf eine | |
Meisterschaft. Damals führte José Mourinho das Team zum Triple. | |
Seitdem sind in Mailand zehn verschiedene Trainer angeheuert worden, | |
darunter Rafa Benitez, Giampiero Gasperini und Luciano Spalletti. Für den | |
Scudetto brauchte man aber Antonio Conte und dessen Obsession für Erfolg. | |
„Er ist wie ein Hammer!“ So wird er häufig von seinen Spielern beschrieben. | |
„Für mich ist der Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren derselbe wie | |
zwischen Leben und Sterben“, ist das wohl bekannteste Zitat von Conte. | |
Aber bringt Inters Scudetto wirklich etwas Neues in den italienischen | |
Fußball? Aus rein spielerischer Sicht ist der Erfolg der Mailänder kaum als | |
eine frische Brise zu bezeichnen. Atemberaubend spielte Inter nie, was | |
gewiss keine Überraschung war: Conte lässt seine Mannschaften zwar mit | |
hoher Intensität spielen, die Schönheit bleibt dabei tendenziell auf der | |
Strecke. Dazu war dies eine extrem anstrengende Saison, in der wenig Zeit | |
zum Training blieb. Kein Entertainment also, nur Erfolg. „Kopf nach unten | |
und laufen“, sagte Conte am Ende jedes Interviews der letzten zwei Monaten | |
über seine Idee vom Spiel. | |
Eine weitere Saison ohne Titel hätten sowohl der Trainer als der Klub kaum | |
akzeptiert. Mitte August, nachdem Inter im Europa-League-Finale gegen | |
Sevilla gescheitert war und die Meisterschaft auf Platz zwei beendet hatte, | |
sprach Vizepräsident Steven Zhang Tacheles mit dem Trainer. Conte sollte | |
alles bekommen, was er für den Erfolg als notwendig erachtete: Romelu | |
Lukaku, den Mittelstürmer seiner Träume, und das absolute Vertrauen des | |
Vorstandes. Nun musste er nur noch den Titel holen. | |
## Der Wendepunkt | |
Der Meisterschaft wurde alles untergeordnet: Wendepunkt der Saison war das | |
Champions-League-Aus in der Gruppenphase. Hat das Team nur vier statt acht | |
Partien pro Monat zu absolvieren und jeweils eine ganze Woche, um sie | |
vorzubereiten, kann Conte seinen Perfektionismus ausleben. Er hat die Zeit | |
genutzt, um auch jene Spieler wie Christian Eriksen weiterzuentwickeln, die | |
bis dahin von den Medien als „nicht geeignet für seinen Spielstil“ | |
beschrieben wurden. Inters Erfolgsschlüssel ist aber Romelu Lukaku: Die | |
Stärke und Schnelligkeit des Belgiers passen perfekt zu Contes Vorstellung | |
vom Fußball: Aggressives Pressing auf die zweiten Bälle und – falls das | |
nicht gelingt – lange Bälle auf den Mittelstürmer, der dann schon weiß, was | |
zu tun ist. | |
Etwas anderes war nur zu Beginn der Saison zu sehen, als die Mannschaft | |
sich im Angriff von Achraf Hakimi hat inspirieren lassen. Der Ex-Dortmunder | |
schenkte der Offensive jene Breite und Unberechenbarkeit, die man sonst bei | |
Contes Mannschaften nur selten findet. Doch Inter war damals defensiv zu | |
schwach und das vertikale, direkte Spiel mit Lukaku minimiert das Risiko. | |
Das ist nicht neu für die Serie A: In den letzten zehn Jahren triumphierte | |
Juventus erst dreimal unter Conte, dann fünfmal unter Massimiliano Allegri | |
und nur einmal unter dem [2][Kreativtrainer Maurizio Sarri], der aber seine | |
Ideen nicht durchsetzten konnte und gefeuert wurde. Die Tatsache, dass | |
Inter Conte ausgewählt hat, um den Titel zu gewinnen, entspricht der Regel | |
in der Serie A: Scudetto und Spektakel sind kaum zu verbinden. | |
Will man etwas Neues oder Originelles sehen, muss man sich Mannschaften aus | |
dem mittleren Teil der Tabelle anschauen: UC Sassuolo unter Trainer Roberto | |
De Zerbi, Hellas Verona mit Ivan Juric, AS Rom mit Paulo Fonseca. Immerhin | |
konnten die italienischen Fußballfans in dieser Saison endlich mal was | |
Untypisches erleben: Spannung. Die Meisterschaft war nicht schon im März | |
entschieden. | |
4 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Valeria Meta | |
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