# taz.de -- Folgen der Labour-Spaltung: Austritt der Konservativen | |
> Wegen der EU-feindlichen Stimmung in ihrer Partei schließen sich | |
> Ex-Tories der Labour-Abspaltung an. Entsteht eine neue Zentrumspartei? | |
Bild: Die Ex-Tory-Abgeordnete Anna Soubry will sich nicht von den harten Brexit… | |
Drei Abgeordnete der regierenden Konservativen in Großbritannien haben am | |
Mittwoch ihren Austritt aus der Partei verkündet und sich der | |
Labour-Abspaltung „Independent Group“ angeschlossen. Heidi Allen, Anna | |
Soubry und Sarah Wollaston [1][erklärten in ihrem gemeinsamen | |
Austrittsschreiben], der Brexit habe die Konservativen nach rechts gerückt | |
und „alle Versuche, sie zu modernisieren, zunichte gemacht“. | |
Die Regierung sei im „Griff“ der rechten Brexit-Hardliner und der | |
nordirischen DUP. Premierministerin Theresa May führe das Land in einen | |
No-Deal-Brexit. Das sei „nicht auszudenken“. Vor der Presse sagte Anna | |
Soubry am Nachmittag, die Anti-EU-Hardliner, die „jeden Parteiführer der | |
vergangenen 40 Jahre kaputt gekriegt haben“, kontrollierten nun die | |
Konservativen „von oben bis unten“, nachdem sie von der | |
rechtspopulistischen Ukip zurückgekommen seien. Heidi Allen, junge | |
Abgeordnete für South Cambridgeshire, erinnerte an das Modernisierungserbe | |
des 2016 zurückgetretenen David Cameron, der sie in die Politik geholt | |
hatte. Wollaston sagte, die britische Politik sei „kaputt“. | |
Am Montag hatten sieben Labour-Abgeordnete, die ebenfalls einen harten | |
Brexit ablehnen, [2][ihre Partei aus Protest gegen die Politik ihres Chefs | |
Jeremy Corbyn verlassen und erklärt, Labour sei eine „rassistische“ und | |
„antisemitische“ Partei“ geworden]. Eine achte, Joan Ryan, gesellte sich … | |
Dienstag dazu und nannte Labours Antisemitismus als Hauptgrund. | |
Die Dissidenten der beiden großen Parteien sind sich nicht nur in ihrer | |
Kritik des Brexit einig, sondern auch darin, dass sie ihre bisherigen | |
Parteien als zunehmend von rechten beziehungsweise linken Extremisten an | |
der Basis dominiert beschreiben und sich selbst als Opfer | |
fundamentalistischer Säuberungstendenzen sehen. | |
## Britische Politik stehen größere Verschiebungen bevor | |
Für May besonders hart dürfte der Verlust dreier profilierter Frauen aus | |
ihrer Fraktion sein. Alle elf sitzen nun gemeinsam als „Unabhängige Gruppe“ | |
auf den hinteren Oppositionsbänken im Unterhaus. Labour ist zusätzlich | |
geschwächt durch den Tod des walisischen Abgeordneten Paul Flynn vor | |
wenigen Tagen, was eine Nachwahl in der Industriestadt Newport nach sich | |
ziehen wird. Zusätzliche Nachwahlen in allen elf Wahlkreisen, deren | |
Abgeordnete ihre Parteien verlassen haben, werden nun von vielen sowohl bei | |
Labour als auch bei den Konservativen gefordert. | |
Das steht frühestens dann auf der Tagesordnung, wenn die elf eine neue | |
Partei gründen sollten. Soweit ist es noch nicht, aber zahlreiche | |
Beobachter sehen in den kollektiven Parteiaustritten den Beginn größerer | |
Verschiebungen in der britischen Politik, für die der Brexit zwar der | |
Auslöser, aber nicht der tiefere Grund ist. | |
Ob Chuka Umunna von Labour oder Heidi Allen von den Konservativen – die | |
beiden prominentesten Jungpolitiker unter den Dissidenten haben in ihren | |
Austrittsreden nicht so sehr den EU-Austritt thematisiert als den Drang, | |
[3][eine neue Politik für das Großbritannien des 21. Jahrhunderts zu | |
gestalten]. Sie treten beide selbstbewusst und begeistert auf, während ihre | |
älteren Kollegen eher Bedauern darüber äußern, dass ihre alte politische | |
Heimat nicht mehr auszuhalten sei. | |
Der Wunsch nach einem Neuanfang besteht auch in der britischen | |
Öffentlichkeit. Einmalig in der jüngeren Geschichte Großbritanniens sind | |
die Parteichefs Theresa May und Jeremy Corbyn in der breiten Öffentlichkeit | |
beide extrem unbeliebt. Bei Neuwahlen könnte eine neue Zentrumskraft | |
einiges durcheinander wirbeln. Nach aktuellen Umfragen liegen die | |
regierenden Konservativen derzeit in der Wählergunst bei 40 bis 41 Prozent, | |
Labour bei 33 bis 36 Prozent. Wird zusätzlich nach den Unabhängigen als | |
Wahlmöglichkeit gefragt, erreichen diese 8 bis 14 Prozent, während die | |
Konservativen auf 32 bis 38 Prozent schrumpfen und Labour noch deutlicher | |
auf 26 Prozent abrutscht. | |
20 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bbc.com/news/uk-politics-47304424 | |
[2] /Britische-Abgeordnete-verlassen-Labour/!5571010 | |
[3] /Kommentar-Spaltung-der-Labour-Partei/!5571019 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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