| # taz.de -- Erste Studie nach Studiengebühren: Gebühren schrecken Studenten n… | |
| > Die erste Studie nach Einführung der Studiengebühren zeigt: Kosten sind | |
| > für die Mehrheit kein Problem, solvente Eltern zahlen gern. Doch | |
| > Akademiker-Kinder bleiben weiter unter sich. | |
| Bild: Keine Sorge, der Graben trennt bloß Akademikerkinder von Akademikerkinde… | |
| BERLIN taz | Studiengebühren sind für die Mehrheit der Studierenden kein | |
| Problem. Sie haben in der Vergangenheit jedenfalls nicht dazu geführt, dass | |
| Hörsäle verwaisten oder Studierende in nennenswerter Zahl von | |
| Gebührenländern in gebührenfreie Länder geflüchtet sind. Allerdings: Für … | |
| von 100 Gebührenzahlern überweisen die Eltern Geld an die Hochschule. | |
| Dies zeigt die 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW), das | |
| die Studie am Freitagvormittag zusammen mit dem Bundesbildungsminsterium in | |
| Berlin vorstellte. Es ist die erste Erhebung, seitdem einige Bundesländer | |
| Studiengebühren eingeführt haben und eine Mehrheit der Studierenden in den | |
| neuen Bachelor- oder Masterstudiengängen eingeschrieben ist. Das DSW lässt | |
| die soziale und wirtschaftliche Lage der Studierenden alle drei Jahre | |
| erforschen. Dazu wurden im Sommersemester 2009 über 16.000 Studierende an | |
| 210 Hochschulen von Wissenschaftlern vom Hochschulinformationssystem (HIS) | |
| befragt. "Studiengebühren sind ein Problem, es kommt darauf an für wen," | |
| meint der Präsiden des Deutschen Studentenwerks Rolf Dobischat. Der | |
| Sozialerhebung zufolge bringen 30 Prozent der Gebührenzahler das Geld durch | |
| Jobben auf, jeder Zehnte nimmt ein Darlehen auf. Studierende aus mittleren | |
| und niedrigen Schichten finanzieren sich laut der Studie ihr Studium | |
| überdurchschnittlich häufig über einen Kredit oder eigenen Zuverdienst. | |
| "Schafft es ein Kind aus einer hochschulfernen, einkommensstarken Familie | |
| zur Hochschule, dann steht es schon wieder vor einer neuen Hürde", | |
| schlussfolgert Dobischat. | |
| Kinder aus hohen und gehobenen Sozialschichten bilden an den Hochschulen | |
| weiterhin die Mehrheit. Allerdings hat sich ihr Anteil um drei | |
| Prozentpunkte verringert. Dafür ist der Anteil von Kindern aus niedrigen | |
| und mittleren Schichten seit 2006 um drei Prozentpunkte gestiegen. Sie sind | |
| jetzt zu 41 Prozent an den Hochschulen vertreten. Das ist das gleiche | |
| Niveau wie im Jahr 2000. Danach war ihr Anteil zwei Sozialerhebungen in | |
| Folge geschrumpft. Am größten ist ihr Anteil an Fachhochschulen, wo sie | |
| zurzeit die Hälfte der Studierendenschaft bilden, ein Prozentpunkt mehr als | |
| vor vier Jahren. | |
| Für Thomas Rachel vom Bundesbildungsministerium ist der leichte Anstieg ein | |
| Grund zur Freude: "Die Ergebnisse zeigen, dass junge Menschen aus | |
| bildungsfernen Schichten zunehmend den Weg an die Hochschulen wählen." | |
| Studiengebühren hätten offenbar keinen spürbaren Einfluss darauf. Rolf | |
| Dobischat vom Deutschen Studentenwerk empfindet die soziale Selektivität an | |
| den Hochschulen dagegen "erschreckend stabil". "Von sozial offenen | |
| Hochschulen sind wir weit entfernt", sagte er. | |
| Teilt man die Studierenden nach dem Bildungshintergrund ihrer Eltern ein, | |
| ergibt sich das auch schon früher gebrauchte Bild vom "Bildungstrichter". | |
| Von 100 Kindern aus Nichtakademikerfamilien überschreiten nur 24 die | |
| Schwelle zur Hochschule - einer mehr als vor drei Jahren. Aus | |
| Akademikerfamilien gehen dagegen 71 von 100 Kinder den Weg ihrer Eltern. | |
| Wenn neue Nachfragepotenziale für ein Hochschulstudium erschlossen werden | |
| sollen, kann das nur über eine stärkere soziale Öffnung der Hochschulen | |
| erfolgen, schlussfolgern die Autoren der Sozialerhebung. Dies sei | |
| arbeitsmarktpolitisch wünschenswert. Überraschend für die Wissenschaftler | |
| ist, dass der Trend des sich ständig vergrößernden Anteil von | |
| Akademikerkindern unter den Studierenden zunächst gestoppt ist. Der Anteil | |
| der Akademikerkinder ist im Ergebnis der Bildungsexpansion seit den | |
| 1970er-Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2006 gelangten noch 83 | |
| Akademikerkinder von 100 und damit 12 mehr als aktuell an die Uni. Am | |
| deutlichsten ist der Rückgang bei den Angestellten mit Hochschulabschluss: | |
| Er sank von 76 auf 64 Prozent. | |
| Dies korrespondiert mit einem weiteren Abschwung: Erstmals haben Eltern | |
| weniger zum Studium ihrer Kinder zugeschossen als in den Vorjahren. | |
| "Offenbar sind gerade Eltern aus mittleren Schichten am Rande ihrer | |
| finanziellen Möglichkeiten", vermutet Dobischat. | |
| Seit der letzten Sozialerhebung 2007 hat die Bundesregierung das Bafög | |
| zweimal erhöht. Nun haben Bafög-Empfänger durchschnittlich 54 Euro | |
| monatlich mehr im Portemonnaie. Doch der Anteil der Empfänger ist mit einem | |
| Viertel der Studierenden stabil geblieben. | |
| *** | |
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| 23 Apr 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
| Anna Lehmann | |
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| Studium | |
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