| # taz.de -- Erfolgreiches Borussia Dortmund: Gemeinsam auf Speed | |
| > Nach dem 5:1 in Wolfsburg und 17:1 Toren in nur drei Spielen stellt sich | |
| > die Frage, ob auch Borussia Dortmund der Bundesliga nun weiter enteilt. | |
| Bild: Tor gegen Wolfsburg: Dortmunds Spieler Aubameyang (links), Dembelé (hint… | |
| Es gibt viele Dinge, die Borussia Dortmund besser machen muss. So viele | |
| Dinge. Sagt BVB-Trainer Thomas Tuchel. Was soll da der VfL Wolfsburg sagen, | |
| fragt man sich, der sich unter der Woche eine 1:5-Heimniederlage gegen | |
| diesen BVB eingefangen hat? Zum einen hat Tuchel eine hohe Dosis Guardiola | |
| zu sich genommen und den Demuts-Habitus der Barça-Schule übernommen. Zum | |
| anderen ist Dortmund nach drei Siegen in Folge mit 17:1 Toren der heiße | |
| Scheiß des Moments, keine Frage. Entsprechend muss der Trainer sich gegen | |
| die Versuche verwahren, den Vorjahresvize BVB als Augenhöhen-Konkurrenz von | |
| Dauermeister FC Bayern zu installieren, um zumindest vorübergehend den | |
| verlorenen Kitzel in die Liga zurückzubringen. | |
| „Wir können das alles ganz gut einschätzen“, sagt er derzeit gern und | |
| häufig und macht seine Mönchsmiene dazu. Wenn nichts mehr hilft, erinnert | |
| er die Aufgeregten mit Kurzgedächtnis daran, dass es auch mal ein 0:1 in | |
| Leipzig gab. Liegt zwar schon zwei Spieltage zurück, aber trotzdem. | |
| Tuchel hat ja recht. Für Vermessungen im Zusammenhang mit den Bayern ist es | |
| viel zu früh. | |
| Die Indiziensuche gilt jetzt der Frage, ob der BVB in dieser Saison den | |
| Abstand nach unten, also auf Platz 3 und was danach kommt, weiter | |
| vergrößert. Es war jedenfalls ein spektakulärer Sieg in Wolfsburg. Ein | |
| Spiel, das exemplarisch zeigte, dass im modernen Fußball Dominanz nicht mit | |
| Ballbesitz gleichzusetzen ist. Wolfsburg wollte mit Ball dominieren und | |
| wurde über entscheidende Phasen dominiert von einem Team, das | |
| unverwechselbar ein Tuchel-Team ist und das dabei aber auch nach Jürgen | |
| Klopps alter Devise verfuhr, dass aggressives Gegenpressing der beste | |
| Spielmacher ist. | |
| ## Spiel auf zwei Niveaus | |
| Im Grunde war es ein Spiel auf zwei Speedniveaus: Dortmund | |
| Tempokonterfußball war phasenweise so atemberaubend, dass Wolfsburg und | |
| auch die BVB-Offensivkraft Mario Götze nur zusehen konnten. Guerreiro (4.), | |
| Aubameyang (17./61.), Dembelé (58.) und Piszczek (73.) trafen für den BVB, | |
| Didavi zum zwischenzeitlichen 1:2 für den VfL (53.). Speziell Aubameyangs | |
| 2:0 sah aus, als spiele Dortmund mit der Playstation – und der VfL stehe an | |
| der Theke. | |
| Nun hadert Wolfsburgs Sportdirektor Klaus Allofs zum einen damit, dass | |
| Dembelé beim 1:3 eine Fußspitze im Abseits stand und das Spiel dadurch | |
| entschieden war. Zum anderen weist man beim VfL auf die eigenen Chancen | |
| hin, die aber von den Nationalspielern Draxler und Gomez vergeben wurden. | |
| „Wenn wir weiterhin so gut nach vorn spielen, werden wir auch irgendwann | |
| zwei, drei Tore machen, das ist eine Frage der Zeit“, sagt Trainer Dieter | |
| Hecking. Möglicherweise ist das so. Aber vor 16 Monaten hatte Wolfsburg den | |
| damals noch von Klopp trainierten BVB im Pokalfinale geschlagen und als | |
| Nummer 2 in Deutschland abgelöst. | |
| Jetzt sieht man eine Borussia in fortschreitender Transformation, die einen | |
| beeindruckenden Teamfußball spielt und offenbar auch lebt. Mit hoher | |
| Identifikation, mit jungen Spielern, die richtig gut sind, etwa Julian | |
| Weigl, der in der Zentrale vor der Abwehr wie Schweini auf Speed agiert. | |
| Abgeklärt – und mit Tempo. Oder der portugiesische Neuzugang Raphaël | |
| Guerreiro, der an vier Treffern Anteil hatte. | |
| ## Lieber noch nicht hyperventilieren | |
| Auf der anderen Seite sieht man einen VfL, dessen Entwicklung bis auf | |
| Weiteres rückläufig bleibt, der noch längst nicht die Identifikation mit | |
| Spielstil und Club ausstrahlt wie Tuchels Team. Julian Draxlers Versuch, | |
| dem Club, der Stadt und ihrem „Vapiano“-Niveau („Pizza, Pasta, | |
| Selbstbedienung“) zu entkommen, wirkt nach. Dazu kommt, dass die Neuen noch | |
| längst nicht integriert sind – und auch nicht sein können. Immerhin: Mario | |
| Gomez’ Präsenz nimmt zu, die Zahl seiner Chancen auch. Aber wie die neue | |
| Viererkette sich von Dortmunds Schnittstellenpässen ausmanövrieren ließ, | |
| war nicht gut. | |
| Ob er enttäuscht sei, dass es keine sechs BVB-Treffer geworden seien wie | |
| gegen Darmstadt und Legia Warschau, wurde Doppeltorschütze Aubameyang | |
| gefragt. Fünf seien ja auch viel, antwortete er. Und Tuchel nannte das | |
| Ergebnis gar „unglaublich“ und verwies auf „viele Minuten“, in denen der | |
| BVB „leiden“ musste – auch dieses Verb gehört zum Tuchel-Vokabular. | |
| Wer nun ruft, die Darmstadtisierung der Restbundesliga schreite voran, wenn | |
| schon die Wölfe vom BVB eingeseift werden und nicht nur vom FC Bayern wie | |
| im Vorjahr, der soll mal mit dem Hyperventilieren noch etwas warten. Es gab | |
| jetzt ein paar Spiele, die in Deklassierungen gemündet sind. Aber noch sind | |
| das Einzelfälle und noch ist das kein stabiler Trend. | |
| 21 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Unfried | |
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