# taz.de -- Energiekrise in Europa: Jeder Kubikmeter Gas zählt | |
> „Die Preisspirale wird sich weiter drehen“: Berlins Wirtschaftssenator | |
> Schwarz über die Folgen der Gasknappheit für die Hauptstadt. | |
Bild: Hände weg von der Heizung, ist die Parole dieses Jahres | |
BERLIN dpa | Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) sieht | |
nach der Ausrufung der Alarmstufe im Notfallplan Gas durch die | |
Bundesregierung erhebliche Folgen für Berlin. „Die Berliner | |
Wirtschaftsstruktur ist zwar proportional weniger stark betroffen, weil wir | |
nicht so viele energieintensive Unternehmen haben und viele längst dabei | |
sind, Vorkehrungen zu treffen“, sagte der Senator der Deutschen | |
Presse-Agentur. Dennoch werde es auch die Berliner Unternehmen stark | |
belasten. | |
„Und die aktuelle Lage wird auch in einer weiteren Hinsicht auf uns in | |
Berlin Auswirkungen haben“, sagte Schwarz. „Wenn in Deutschland Gas mit | |
Kohle für die Stromerzeugung und Heizung substituiert werden soll, wird das | |
auch eine Frage für unsere Kraftwerke sein.“ Dazu gebe es bereits Gespräche | |
mit den Kraftwerkbetreibern, um für die nächsten notwendigen Schritte | |
bestmöglich vorbereitet zu sein. | |
„Trotz der starken Reduktion der Gaslieferungen aus Russland gibt es | |
aktuell immer noch genug Gas auf dem Markt“, sagte Schwarz. Aber es gebe | |
bundesweit zwei Probleme. Das erste sei, dass das Auffüllen der Gasspeicher | |
immer langsamer werde, weil die Mengen dafür kleiner würden und irgendwann | |
nicht mehr ausreichten. „Da glaube ich an keine Zufälle, das ist ein | |
gezieltes Vorgehen Moskaus, um uns spätestens im Winter die Daumenschrauben | |
anzuziehen.“ | |
Deswegen sei es richtig, dass der Bund jetzt die Alarmstufe ausgerufen habe | |
und alles daran setze, alle Sparpotenziale zu nutzen. „Jeder Kubikmeter | |
Gas, den wir jetzt nicht verbrauchen, macht die Speicher voller und hilft | |
uns, Putins Plan zu durchkreuzen“, sagte Schwarz. | |
So gehe es letztlich allen europäischen Ländern: „Alle steuern zusätzliche | |
Lieferquellen an, und alle sind dabei, ihre Speicher zu füllen.“ Damit gehe | |
das zweite Problem einher, die exorbitant steigenden Gas- und | |
Energiepreise. „Die Bundesregierung hat zwar noch nicht den Paragraf 24 des | |
Energiesicherungsgesetzes gezogen“, so der Senator. „Die Gasversorger sind | |
also weiter an bestehende Verträge gebunden und können die neuen | |
Marktpreise nicht unmittelbar an die Kunden weitergeben.“ | |
## Die Folgen des Krieges werden immer spürbarer | |
Außerdem seien private Haushalte gesetzlich weiterhin geschützt und würden | |
weiterhin ausreichend beliefert. „Wir müssen aber darauf gefasst sein, dass | |
sich die Preisspirale weiter drehen wird.“ Das sei letztlich auch die Logik | |
hinter der Alarmstufe, die darauf abziele, durch höhere Kosten den | |
Verbrauch zu senken. „Der Bundeswirtschaftsminister hat deutlich gemacht: | |
Es wird weh tun, der Krieg in der Ukraine kommt immer mehr bei uns an.“ | |
Es müssten die Menschen geschützt werden, die sich die Preise jetzt schon | |
nicht mehr leisten könnten. „Und ja, das muss aus meiner Sicht auch für die | |
Branchen gelten, die nicht ohne weiteres auf andere Energiequellen | |
umsteigen oder ihren Energiebedarf reduzieren können.“ | |
Hier erwarte er vom Bundeswirtschaftsministerium mehr als nur eine | |
grundsätzliche Ankündigung. „Wir brauchen jetzt konkrete Maßnahmen und | |
tragfähige Lösungen, die bundesweit greifen, bevor die ersten Unternehmen | |
in die Knie gehen“, sagte Schwarz. | |
24 Jun 2022 | |
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