# taz.de -- Endlagerkonzept in Schweden: Rückschlag für Atomindustrie | |
> Schweden schien bisher als eines von wenigen Ländern eine Lösung für | |
> seinen Atommüll gefunden zu haben. Die könnte nun scheitern. | |
Bild: Das Atomkraftwerk Ringhals | |
STOCKHOLM taz | Schwedens Atomindustrie hat einen Rückschlag erlitten. Ihr | |
Konzept für ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll sei nicht | |
genehmigungsfähig, hat nun das zuständige Umweltgericht in Nacka | |
entschieden. Nach siebenjähriger Prüfung sahen die Richter „bedeutende | |
Unsicherheiten“, ob die vorgesehene Technik den Strahlenmüll auf längere | |
Sicht sicher einschließen könne. | |
Damit ist die juristische Grundlage, auf der die schwedischen Atomreaktoren | |
laufen, grundsätzlich infrage gestellt. Im Jahr 1977 hatte der schwedische | |
Reichstag den Betrieb von einem Endlagerkonzept abhängig gemacht. | |
Entwickeln sollten es die Betreiber – derzeit Vattenfall, Fortum und | |
Uniper, genauer ihre gemeinsame Atommüllgesellschaft Svensk | |
Kärnbränslehantering (SKB). | |
Die SKB legte sich früh fest, 1978 stellte sie einen ersten Vorschlag, 1983 | |
das Konzept vor: Das Endlager soll nahe dem Atomkraftwerk Forsmark nördlich | |
von Stockholm entstehen: Die abgebrannten radioaktiven Brennstäbe werden in | |
Kupferkapseln von 5 Metern Länge, einem Meter Durchmesser und einem Gewicht | |
von rund 2 Tonnen verpackt werden, die in 500 Metern tief in den Fels | |
gesprengten Kavernen auf einem Bett aus Bentonit, die Jahrtausende | |
überdauern sollen. Laut SKB können die Kapseln Erdbeben und Eiszeiten | |
unbeschädigt überstehen. | |
An dieser Einschätzung gab es von Anfang an auch Zweifel. Zunächst ging es | |
– wie in Deutschland – vor allem darum, ob sich die Gesteinsformation | |
eignet. Inzwischen konzentriert sich die Kritik auf die Kupferkapseln. | |
Deren geplante Wandstärke ist im Laufe der Zeit von ursprünglich 20 auf | |
inzwischen 5 Zentimeter geschrumpft. SKB behauptet, dass Kupfer unter den | |
geplanten Bedingungen so gut wie nicht korrodiert. Konkret geht sie davon | |
aus, dass das Metall 0,5 Nanometer im Jahr korrodiert. Bei einer Wandstärke | |
von 5 Zentimetern – 50 Millionen Nanometern – könnten die Kapseln damit | |
tatsächlich Zehntausende von Jahren halten. | |
## Die Regierung hat nun das letzte Wort | |
Doch auch bei manchen SKB-Versuchen war das Kupfer 1.000 bis 10.000 | |
Nanometer im Jahr korrodiert – mit Ausreißern von bis zu 15 Millionen | |
Nanometern. Unabhängige Korrosionsforscher kamen auf noch höhere Werte. Da | |
die Kupferkapseln schon bei 10 Prozent Korrosion instabil werden können, | |
würde der Strahlenmüll eventuell schon nach mehreren Hundert Jahren in | |
direkten Kontakt mit dem umgebenden Bentonit und dann den Gesteinsschichten | |
kommen. Die Verstrahlung des Grundwassers und der restlichen Umwelt würde | |
drohen. | |
Die Regierung in Stockholm hat nun das letzte Wort in dem | |
Genehmigungsverfahren. Die auf 566 Seiten ausführlich begründete | |
Stellungnahme des Umweltgerichts wird sie berücksichtigen müssen – auch | |
wenn die traditionell atomkraftfreundliche staatliche Strahlenschutzbehörde | |
SSM parallel zu der Stellungnahme des Gerichts grünes Licht für die | |
Endlagermethode gab. Dieses Votum veranlasste den SSM-Korrosionsexperten | |
Jan Linder übrigens zu kündigen: Es sei mit seinem „ethischen Kompass“ | |
nicht in Übereinstimmung zu bringen. | |
Die grüne Umweltministerin, Karolina Skog, versprach eine gründliche | |
Prüfung. Greenpeace-Schweden begrüßte die Stellungnahme des Gerichts: | |
Schweden könne auch nach jahrzehntelanger Forschung offenbar keine sichere | |
Endlagermethode vorweisen – „was unterstreicht, wie notwendig eine | |
unverzügliche Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien ist“. Johan | |
Swahn, Direktor von MGK, dem Atommüllbüro verschiedener | |
Umweltschutzorganisationen, sagte, SKB müsse sich nun endlich der Kritik an | |
seiner Endlagermethode stellen. | |
25 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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