# taz.de -- Die Unteilbar-Demo in Berlin: Demonstranten in bunten Ketten | |
> Tausende bildeten bei der Unteilbar-Demo ein „Band der Solidarität“. Eine | |
> wirklich sichtbare Masse an Protest bräuchte andere Plätze und Straßen. | |
Bild: Der Unteilbar-Protest am Brandenburger Tor | |
In jenen düsteren Zeiten vor Corona war die #unteilbar-Demonstration im | |
Herbst 2018 ein Fanal, ein Zeichen, dass nicht allein Neue Rechte und AfD | |
die politischen Diskurse bestimmen müssen: [1][Mehr als 200.000 Menschen | |
gingen in Berlin] gegen Rassismus und für Solidarität auf die Straße. Als | |
die Ersten am Endpunkt, der Siegessäule, ankamen, waren die Letzten am | |
Startpunkt, dem Alexanderplatz, noch gar nicht losgelaufen. | |
Kein Wunder, dass in diesen düsteren Zeiten seit Corona mit ihren vielen | |
unsäglichen [2][rechtsoffenen „Hygienedemos“] das Unteilbar-Bündnis aus 1… | |
Gruppen und Organisationen eine Neuauflage wagte – auch wenn klar war, dass | |
diese Masse weder erreicht werden würde noch sollte. Schließlich gilt in | |
Berlin zwar keine Obergrenze der TeilnehmerInnenzahl mehr wie im März und | |
April. Aber die AnmelderInnen müssen ein Hygienekonzept vorlegen und | |
erklären, wie sie die Auflagen einhalten wollen. | |
Die Idee des Bündnisses war so einfach wie clever: Verbunden durch bunte | |
Dreimeterbänder, sollte sich eine neun Kilometer lange Menschenkette vom | |
Brandenburger Tor bis zum Hermannplatz ziehen. Und das klappte. Viele | |
Tausend Menschen bildeten ein anderthalbstündiges „Band der Solidarität“, | |
an manchen belebten Stellen sogar aus mehr als einer Schicht. Über 20.000 | |
Menschen seien gekommen, meldeten die Veranstalter; sogar die Polizei | |
sprach von 8.000. Protestiert wurde gegen Rassismus und für die | |
Verkehrswende, für Geflüchtete und gegen Sozialabbau, gegen Nazis und für | |
Solidarität. | |
Die Stimmung entlang der Kette war, bei bestem Sonnenschein, prima, aber | |
natürlich lange nicht so ergreifend und überwältigend wie beim | |
Massenauflauf 2018. Dafür lobte die Polizei die Teilnehmenden, sie hätten | |
die Hygienevorgaben geradezu vorbildlich eingehalten. Tatsächlich trug ein | |
sehr großer Teil einen Mund-Nase-Schutz, selten ballten sich die Menschen | |
hier so wie eine Woche zuvor auf der Black-Lives-Matter-Demo am | |
Alexanderplatz. | |
Der einstige Aktivist und heutige grüne Stadtrat von | |
Friedrichshain-Kreuzberg Florian Schmidt hatte Anfang April in einem | |
taz-Beitrag zu [3][Protesten in Coronazeiten geschrieben]: „Es braucht | |
einerseits angstfreies Experimentieren, andererseits eine solidarische | |
Umsetzung der Corona-Einschränkungen, ohne Wenn und Aber.“ Daran gemessen, | |
hat der Unteilbar-Protest vom Sonntag alle Kriterien erfüllt. | |
Nur: Das Experimentieren darf damit nicht aufhören. Denn eine | |
Menschenkette, bei der Bänder auch den Abstand sicherstellen müssen, ist | |
gleichzeitig ein Protest in Ketten. Eine breite Wirkung erzielt Masse erst | |
durch sichtbare Masse. Die aber ist unberechenbarer, sie lässt sich nicht | |
so leicht steuern. | |
Berlin hat jedoch Straßen und Plätze, die übersichtlicher sind als der Alex | |
und gleichzeitig viel Raum bieten für Protest. Standardmäßig könnte die | |
Straße des 17. Juni bis zur Siegessäule am Wochenende für Demonstrationen | |
gesperrt werden. Markierungen auf dem Boden zeigen die Stehplätze mit | |
Abstand an, die im regelmäßigen Rhythmus für unterschiedliche Anliegen | |
eingenommen werden können. Die Autofahrer werden jammern, aber immerhin ist | |
das Versammlungsrecht ein Grundrecht. Und da gilt freie Bahn für freie | |
DemonstrantInnen. | |
20 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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