# taz.de -- Die Pandemie hat nicht nur Nachteile: Der Coronapartner | |
> Im Zug nach Hamburg ist mir ein alter Mann begegnet. Er hatte starken | |
> Husten und war Arzt. Meine Schwiegermutter würde ihn lieben. | |
Bild: Auch mit Mundschutz ein großes Thema: die Liebe | |
Ich fahre mit der Bahn nach Hamburg-Harburg zu meiner Schwiegermutter. | |
Meine Schwiegermutter gehört zur Risikogruppe und traut sich nicht aus dem | |
Haus. Deshalb konnte sie uns seit fast einem Jahr nicht mehr besuchen. | |
Corona hat also nicht nur Nachteile. | |
Der Opa, der im Moment mir gegenüber Platz nimmt, hätte das auch tun | |
sollen. Zu Hause bleiben und mich nicht nerven. Ich war über den | |
Maskenzwang noch nie so erfreut wie in diesem Augenblick. Der alte Mann | |
hustet wie aufgezogen im Minutentakt so stark, dass sich sein Mundschutz | |
jedes Mal wie ein Ballon aufbläht und kurz vorm Explodieren ist. Wenn es | |
platzt, wird ein Spuck-Tsunami über mich hinwegfegen. | |
„Gut, dass wir Mundschutz haben – insbesondere Sie“, knurre ich ironisch. | |
„Sind Sie etwa Mundschutzhersteller?“, fragt er mich nach dem nächsten | |
obligatorischen Husten-Anfall. | |
„Nein, aber trotzdem möchte ich noch leben.“ | |
„Man muss immer fragen, wer der Nutznießer ist“, röchelt er. | |
„Nutznießer? Wovon denn?“ | |
„Wer profitiert denn von einem Mundschutzzwang? Wer hat ein Motiv? Sie | |
glauben doch nicht, dass es ein Zufall ist, dass der ganze Schlamassel bei | |
euch in China seinen Lauf nahm, oder? Wenn jeder Chinese zehn Masken kauft, | |
macht das 20 Milliarden Masken. Und denken Sie noch an den Impfstoff. Wenn | |
alle Chinesen sich in einer Reihe aufstellen würden, um sich impfen zu | |
lassen, würde diese Schlange die Erde zwei Mal umrunden und zwischendurch | |
noch einen Abstecher zum Mond machen.“ | |
„Ich sehe so aus, aber ich bin kein Chinese.“ | |
„Ohne ein Motiv läuft nichts im Leben. Ohne einen Vorteil macht sich | |
niemand den Finger krumm“, referiert er weiter. | |
„Wenn das so ist, was ist denn Ihr Motiv?“, frage ich neugierig. „Weshalb | |
bombardieren Sie mich im Minutentakt mit Ihren Bazillen? Warten Sie, sagen | |
Sie nichts. Ich versuche es zu raten. A: Sie sind Pharmavertreter, B: | |
Apotheker, C: Arzt, D: Sadist.“ | |
„C! Ich bin Arzt“, stammelt er wie auf frischer Tat ertappt. „Das ist aber | |
kein Motiv“, fügt er hinzu. | |
„Wenn Sie Arzt in der Pampa sind, schon“, sage ich und zeige ihm den | |
Zeitungsartikel, wonach die Arztpraxen auf ländlichen Gebieten mangels | |
Patienten schließen müssen. | |
„Das habe ich längst hinter mir. Ich suche keine Patienten mehr, sondern | |
eine Lebenspartnerin“, sagt er kleinlaut. | |
„Super! Ich mache Sie mit meiner Schwiegermutter bekannt“, freue ich mich. | |
„Warum? Was ist Ihr Motiv?“, fragt er. „Warten Sie, ich versuche zu raten. | |
A: Sie wollen Ihre Schwiegermutter loswerden, B: Sie hassen Ihre | |
Schwiegermutter, C: Sie hassen mich, D: Sonstiges.“ | |
„D: Sonstiges. Meine Schwiegermutter hat mir eine üppige Belohnung | |
versprochen, wenn ich sie mit einer guten Partie verkuppele.“ | |
4 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Osman Engin | |
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