| # taz.de -- Deutschland vor dem Achtelfinale: Hoffen auf die Dzseni | |
| > Die DFB-Elf hat sich auf die leichte Seite des Turnierbaums gehangelt. | |
| > Das muss kein Vorteil sein, denn spielerische Probleme werden so eher | |
| > verdeckt. | |
| Bild: Entspannt, aber fokussiert: Svenja Huth | |
| Grenoble taz | Wer sich nicht mit den Nigerianerinnen freute, hatte sicher | |
| kein Herz. Wie sie von der Qualifikation fürs Achtelfinale erfuhren und | |
| minutenlang auf dem Flur ihres Hotels schrien, weinten, auf die Knie und | |
| einander um den Hals fielen, all das verbreitete sich rasend schnell als | |
| Video über die sozialen Netzwerke. Ein unverfälschter Moment. | |
| Die Öffentlichkeit hat ein Herz für Nigeria, jedenfalls ein Twitter-Herz. | |
| Dabei war es in Wahrheit ein völlig irrer Prozess, der da ablief: Nigeria | |
| musste drei Tage lang darauf warten, [1][ob ihr 0:1 gegen Frankreich für | |
| die K.o.-Runde reichen würde]. Drei Tage Training und Turniermodus, ohne | |
| eine Ahnung, gegen wen, ja, ob es überhaupt noch gegen irgendwen gehen | |
| würde. Dass Nigerias Niederlage nur durch einen der berüchtigten | |
| wiederholten Elfmeter zustande kam, machte die Lage doppelt absurd: Nigeria | |
| hat von allen Teams die besten Gründe, sich bei der Fifa gegen deren | |
| bizarres Regelwerk zu beschweren. | |
| Die Deutschen hatten beim Rätselraten um die Gruppendritten eine | |
| entspanntere Position, die des Wartenden. Und angesichts der schlechten | |
| deutschen Vorrundenspiele kann man im deutschen Lager wohl froh sein, dass | |
| es die defensiv wackeren, aber spielerisch schwachen Nigerianerinnen sind. | |
| „Wir wissen, dass da ein Brocken auf uns zukommt“, orakelte derweil düster | |
| Voss-Tecklenburg, die wie üblich deutlich weniger unterhaltsam als ihre | |
| Spielerinnen daherkam. | |
| „Die Nigerianerinnen haben beim Spiel gegen Frankreich gezeigt, wozu sie | |
| fähig sind. Afrikanische Teams sind immer schwer zu spielen, haben eine | |
| gute Mentalität, viel Tempo und viel körperliche Präsenz.“ Warum eigentlich | |
| der DFB ständig die Ansicht vertritt, afrikanische Teams würden alle gleich | |
| spielen, bleibt sein Geheimnis. Voss-Tecklenburg würde wohl kaum Chile mit | |
| Brasilien gleichsetzen. Aber jetzt ist ja Time for Africa. | |
| ## Der erwartete vermeintlich leichte Turnierbaum | |
| Die südamerikanischen Mannschaften, durchweg stärker als erwartet, sind | |
| bis auf Brasilien alle ausgeschieden. Afrika dagegen tritt erstmals mit | |
| zwei Teams im Achtelfinale an: Nigeria und Kamerun. Beide konnten sich | |
| schon einmal für ein Achtelfinale qualifizieren und bilden ein wenig die | |
| Speerspitze des Kontinents. Allerdings profitieren sie auch von der | |
| 24-Teams-WM und dem doch recht großzügigen Modus des Weiterkommens. | |
| Nigeria geriet gegen Norwegen mit 0:3 unter die Räder, ermauerte sich | |
| gegen Frankreich ein 0:1 und holte die einzigen Punkte beim 2:0 gegen die | |
| chancenlosen Südkoreanerinnen. Gegen Deutschland dürften sie erneut aufs | |
| Bollwerken und Kontern setzen. „Es ist wieder eine physisch starke | |
| Mannschaft, Frankreich hat sich sehr schwer getan“, sagte Svenja Huth. | |
| „Aber wir sind total fokussiert auf unser Spiel.“ | |
| Während der Vorbereitung in Grenoble schien sich die deutsche Mannschaft | |
| auf eine einheitliche Erzählung verständigt zu haben, die jede Spielerin | |
| brav wiederholte. Ein Positivtrend sei zu erkennen, der spielerische Aspekt | |
| müsse noch besser werden und man sei noch nicht bei hundert Prozent, aber | |
| „wir wissen, dass wir es können“. Ansonsten drang wenig nach außen, | |
| höchstens, dass Lina Magull auch nicht kapierte, wie genau die | |
| Gruppendritten weiterkommen, dass sich ohnehin keine Spielerin groß mit | |
| Rechnerei beschäftigte, abgesehen von Almuth Schult, die offenbar alle auf | |
| dem Laufenden hält. | |
| In einem möglichen Viertelfinale würde die deutsche Elf auf die Siegerin | |
| aus Schweden gegen Kanada treffen. Es ist der erwartete vermeintlich | |
| leichte Turnierbaum, mit einem Nachteil: würde er die DFB-Elf mit den | |
| bisherigen Leistungen bis ins Halbfinale tragen, könnte das die bestehenden | |
| Probleme recht erfolgreich kaschieren. Und eine Debatte verhindern. | |
| Zwischenzeitlich gab es die obligatorischen, mittlerweile etwas weniger | |
| [2][drängenden Fragen nach Dzsenifer Marozsán]. „Dzseni ist positiv, dass | |
| es gut werden wird“, sagte Svenja Huth. Sie setze alles daran, wieder fit | |
| zu werden. Dass es, wie anfangs angekündigt, zum Achtelfinale klappt, damit | |
| rechnet eigentlich niemand mehr. Immerhin: Sollte Deutschland heute gegen | |
| Nigeria gewinnen, bliebe bis zum Viertelfinale eine ganze freie Woche. Dem | |
| Zeh der Nation würde das sicher helfen. | |
| 22 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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