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# taz.de -- Coach von KAS Eupen: Feldherr in einem seltsamen Krieg
> Der einstige Weltstar Claude Makélélé soll KAS Eupen, dem katarischen
> Farmerteam und Belgiens Schlusslicht, Glanz verleihen. Ein
> Premierenbesuch.
Bild: Trotz der ersten Niederlage „sehr, sehr zufrieden“: Claude Makélé…
Eupen taz | Es sei „ein sehr, sehr physisches Spiel“ gewesen, defensiv sei
sein Team „sehr, sehr gut organisiert“ gewesen. Claude Makélélés Vokabul…
hatte etwas vom Kollegen Pep Guardiola. Weltmännisch lächelnd analysierte
Makélélé im ganz feinen schwarzen Zwirn, très smart, das Spiel seiner
Mannschaft. In letzter Minute hatte die KAS Eupen, Schlusslicht der 1.
belgischen Liga, nach zwei eigenen krachenden Lattentreffern durch einen
Konter 0:1 verloren gegen den FC Antwerpen. Trotz des unglücklichen Debüts
sei er, so Makélélé, „taktisch sehr, sehr zufrieden“. Hoffnungslos ist d…
Situation bei einem Punkt Rückstand auf den Vorletzten ohnehin nicht. In
Belgien steigt nur der Letzte ab.
Makélélé, 71-facher französischer Nationalspieler, jahrelang
Mittelfeldpartner des großen Zinédine Zidane bei Real Madrid, vielfacher
Meister in Frankreich, Spanien und England (FC Chelsea), dazu
Weltpokalsieger, zuletzt technischer Direktor bei AS Monaco, jetzt also
Coach des Miniklubs aus dem deutschsprachigen Eupen. Das ist, hatte die
Aachener Zeitung staunend geschrieben, als übernähme Lothar Matthäus die
Alemannia.
Die Dinge hängen geschäftlich zusammen. Eupen gehört seit 2012 dem Emir von
Katar, bei der KAS zieht die berüchtigte katarische Aspire Academy die
Fäden. Makélélé spielte seine letzten drei Jahre beim großen Klub des
Emirs, Paris St.-Germain und war dort anschließend Co-Trainer.
Sportdirektor in Eupen (mit allerdings nur gelegentlicher Präsenz) und
weltweiter Leiter der Katar-Academy „Football Dreams“ ist der umtriebige
Spanier Josep Colomer, einer der großen Strippenzieher im
Spielerberaterbusiness, der einst den 13-jährigen Lionel Messi entdeckte
und zum FC Barcelona lotste.
Eupen war zehn Tage lang außer sich vor Glück. Zum ersten Training mit
Makélélé kamen so viele Menschen wie nie. Neun Fernsehteams auf einmal –
Vereinsrekord. Eupen ist eine kleine Stadt (19.000 Einwohner), ins Stadion
mit den vier putzigen Tribünchen kommen meist um die dreitausend Menschen.
Makélélés Einstand wollten 5.400 sehen. Der Klub, vor der katarischen
Übernahme mehrfach nach diversen geschäftlichen Grotesken kurz vor der
Insolvenz, kickt im dritten Jahr in der kleinen Eliteliga Belgiens, eine
der ältesten in Europa (seit 1895).
Historisch passt Makélélé, 44, nach Belgien. Sein Geburtsland Kongo war
fast ein Jahrhundert belgische Kolonie, blutig ausgesaugt mit Zigtausenden
Toten wie kaum ein anderes afrikanische Land. Sein plötzlicher Trainerjob
wurde sportlich begründet. Er löste den Katalanen Jordi Condom ab, den
beliebten Aufstiegstrainer mit dem launigen Namen (im Spanischen heißt
Kondom zwar Condón, ein Name Condom löst dennoch auch hier Assoziationen
aus). Makélélé soll vor allem die Abwehr zum Funktionieren bringen; bei 39
Gegentoren in 14 Spielen und allerlei Defensivgrotesken als BVB Belgiens
nutzt auch der fünftbeste Angriff der Liga wenig; zuletzt hatte man 4:4
gespielt.
Gegen Antwerpen spielte das Team 88 Minuten lang ohne Condom auch deutlich
sicherer, giftig mit deutschen Tugenden. Makélélé hatte meist unbewegt in
seiner Zone gestanden, die Hände mal sinnend auf dem Rücken, mal vor der
Brust. Sein massiger goldener Siegelring an der rechten Hand und seine
Glatze glitzerten im Flutlicht um die Wette. Wie ein Feldherr in seinem
seltsamen Krieg. Ob er mal gedacht hat, wo bin ich hier hingeraten? Kurz
winkte er Spieler für eine knappe Anweisung heran, erst gegen Ende rief er
auch mal etwas ins Feld.
Eupen soll gepusht werden, im Kader steht ein Dutzend afrikanischer Talente
und vier junge Kataris, von denen drei Nationalspieler sind. Das
Farmteam-Projekt dient der Vorbereitung auf die WM 2022 in Katar. Youngster
aus dem Senegal und Mali sollen in der Überschaubarkeit einer Kleinstadt
wettkampfhart ausgebildet werden, womöglich wird sich in den Ahnenpässen
noch eine katarische Großmutter finden lassen – ähnlich wie beim
katarischen Einbürgerungsboom im Handball vor drei Jahren. Die Klubchefs
leugnen solche Absichten und Möglichkeiten, die Aspire Academy diene allein
dem fußballerischen Weltallgemeinwohl. Und der Region: Eupens
Stadtmarketingchef sagt, die Kataris seien „ein Segen für ganz Ostbelgien“
und längst „einer der größten Arbeitgeber“.
Dennoch darf man sich vorstellen, dass der wirbelige Angreifer Akram Afif
oder Abwehrklotz Abdelkarim Fadlalla in nicht allzu ferner Zukunft das
erste WM-Tor in der Fußballgeschichte des Emirats schießen werden. Dann
kann er sagen, das habe ich alles der KAS Eupen zu verdanken. KAS heißt
übrigens nicht Katarische Allgemeine Sportvereinigung, sondern immer noch
Königliche.
20 Nov 2017
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
Fußball
Belgien
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