# taz.de -- CIA-Kooperation mit Libyen: Folter auf Bestellung | |
> Laut Human Rights Watch hat die CIA Islamisten mit Waterboarding | |
> gefoltert. Anschließend seien sie dem Regime Gaddafi übergeben worden. | |
Bild: Dokumente von Gesuchten des libyschen Geheimdienstes unter Gaddafi, der l… | |
BERLIN taz | Sie wurden in abgedunkelter Einzelhaft gehalten, an Händen | |
oder Füßen aufgehängt, geschlagen, in Eiswasser gesteckt oder per | |
Waterboarding gefoltert. Wenn die CIA mit ihnen durch war, wurden sie an | |
Libyen ausgeliefert – und dort von den Schergen des damaligen Diktators | |
Muammar El-Gaddafi weitergefoltert. | |
Ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht der Menschenrechtsorganisation | |
Human Rights Watch sammelt die Schicksale von 14 ehemaligen Mitstreitern | |
der früheren „Libyschen Islamischen Kampfgruppe“, einer Ende der 70er-Jahre | |
entstandenen libyschen Anti-Gaddafi-Organisation. | |
Unter Verfolgung des Regimes flohen sie ins Ausland, in den 80er Jahren | |
kämpften viele von ihnen an der Seite der Mudschaheddin in Afghanistan | |
gegen die Sowjets. Nach den Anschlägen des 11. September 2001 gerieten sie | |
als islamistische Terroristen ins Visier des „Kriegs gegen den Terror“. | |
Viele von ihnen wurden verhaftet und in jene geheimen CIA-Gefängnisse | |
gesteckt, von deren Existenz die Welt lange nichts wusste. | |
## Wirtschafts- und Geheimdienstabkommen | |
Nachdem sich in den Jahren 2003/2004 das Verhältnis des Westens zu Libyen | |
entspannt hatte – Gaddafi hatte damals offiziell den | |
Massenvernichtungswaffen und dem Terror abgeschworen und | |
Entschädigungszahlungen für den Lockerbie-Anschlag 1988 geleistet – ging | |
die Zusammenarbeit neben Wirtschaftsabkommen auch in den Bereich der | |
Geheimdienste. | |
Wie eng, das belegt Human Rights Watch unter anderem mit Dokumenten, die | |
nach dem Sturz Gaddafis in Tripolis gefunden wurden: Fax-Kopien zum | |
Beispiel, in denen die CIA beim libyschen Geheindienst nachfragt, ob dort | |
an der Auslieferung bestimmter Personen Interesse bestünde. Die meisten von | |
ihnen saßen bis zur Einnahme von Tripolis durch Rebelleneinheiten 2011 in | |
Haft. | |
Diejenigen, die vorher freigelassen worden waren, schlossen sich dem | |
bewaffneten Widerstand an – und konnten plötzlich mit der militärischen | |
Unterstützung der USA und Großbritanniens rechnen, gerade jener Mächte | |
also, die sie zuvor dem Diktator in die Hände gegeben hatten. Einer von | |
ihnen, Khalid al-Sharif, ist heute Chef der libyschen Nationalgarde. | |
## 13 Zulieferer | |
Human Rights Watch benennt insgesamt 13 Länder, die bei der Überstellung | |
libyscher „Terrorverdächtiger“ an Gaddafi mitgeholfen haben, darunter neben | |
den USA und Großbritannien auch die Niederlande und China. Die britische | |
Verwicklung war bereits im vergangenen Jahr bekannt geworden, weil einige | |
der früheren Opfer Entschädigungszahlungen forderten. | |
Neu an diesem Bericht ist der Beleg für die Intensität der Zusammenarbeit, | |
und die Enthüllung, dass offenbar auch die bisherigen Eingeständnisse der | |
früheren US-Regierung über die Anwendung des Waterboarding falsch sind. | |
Sowohl der damalige CIA-Chef Michael Hayden als auch George W. Bush selbst | |
hatten behauptet, nur drei Personen seien jemals diesem simulierten | |
Ertränken ausgesetzt worden, darunter der mutmaßliche Chefplaner der | |
Anschläge des 11. September, Khaled Scheich Mohammed. Offensichtlich stimmt | |
das nicht. Human Rights Watch fordert nun eine unabhängige Untersuchung | |
aller Vorwürfe gegen die frühere US-Regierung auf allen | |
Verantwortungsebenen. | |
6 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
## TAGS | |
CIA | |
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