# taz.de -- Bundestag schützt Homosexuelle: Krude Therapien verboten | |
> Versuche, Homosexuelle durch Therapien „umzupolen“, sind zumindest bei | |
> Minderjährigen jetzt verboten. Kritikern geht das Gesetz nicht weit | |
> genug. | |
Bild: Ansteckend? Nur am Revers! Das Symbol der Homosexuellen als Brosche | |
BERLIN dpa/afp/taz | Dubiose Therapien zur vermeintlichen Heilung von | |
Homosexualität sind bei Minderjährigen künftig untersagt. Der Bundestag | |
beschloss am Donnerstagabend ein weitreichendes Verbot der sogenannten | |
Konversionsbehandlungen. Bis zum Alter von 18 Jahren sind die Methoden zur | |
Unterdrückung der sexuellen Orientierung komplett verboten. Strafen drohen | |
allerdings auch, wenn die Betroffenen zwar volljährig sind, aber durch | |
Zwang, Drohung oder Täuschung zu einer derartigen „Umpolungs“-Maßnahme | |
bewegt wurden. | |
„Homosexualität ist keine Krankheit“, betonte Gesundheitsminister Jens | |
Spahn (CDU). „Daher ist schon der Begriff Therapie irreführend.“ Durch die | |
Behandlungsmethoden entstehe oft schweres körperliches und seelisches Leid. | |
[1][Depressionen und ein erhöhtes Suizidrisiko gelten als mögliche Folgen]. | |
Bei Missachtung des Verbots droht deshalb eine Gefängnisstrafe von bis zu | |
einem Jahr. Darüber hinaus ist in Zukunft auch die Werbung für | |
„Konversionstherapien“ untersagt. Spahn hatte [2][den Gesetzentwurf im | |
November vorgelegt.] | |
Kritikern geht das Verbot nicht weit genug. Der Lesben- und Schwulenverband | |
(LSVD) forderte unter anderem Nachbesserungen beim Schutzalter. Dafür | |
machten sich im Bundestag auch Linke und Grüne stark. Mindestens bei der | |
Altersgruppe zwischen 18 und 26 Jahren gebe es einen vergleichbaren | |
Schutzbedarf wie bei Minderjährigen, sagte die Sprecherin für Queerpolitik | |
in der Grünen-Fraktion, Ulle Schauws. Außerdem sollten Eltern oder | |
Sorgeberechtigte zur Rechenschaft für solche „Umerziehungsversuche“ gezogen | |
werden können. | |
Das neue Gesetz sieht zwar auch für sie Sanktionen vor, allerdings ist die | |
Strafbarkeit begrenzt auf „Fälle der gröblichen Verletzung der Fürsorge- | |
oder Erziehungspflicht“. Das hält der FDP-Abgeordnete Jens Brandenburg | |
ebenfalls nicht für ausreichend: „Wer eigene Kinder den gefährlichen | |
Umpolungsversuchen unterzieht, verletzt seine Fürsorgepflichten ohne Wenn | |
und Aber.“ | |
Trotz der Bedenken stimmte die FDP aber für den Gesetzentwurf der | |
Koalition, während sich Linke und Grüne ebenso enthielten wie die AfD. | |
Deren Gesundheitsexperte Robby Schlund unterstützte in der Debatte zwar das | |
Verbot von „Konversionsbehandlungen“ – gleichzeitig warnte er jedoch vor | |
Rechtsunsicherheit für Psychotherapeuten, die Jugendliche wegen ihrer | |
sexuellen Orientierung beraten. | |
## Konsens bei Fachleuten | |
Dass Homosexualität keine Krankheit ist, ist seit langem Konsens unter | |
Ärzteorganisationen, Wissenschaftlern und Psychotherapeutenverbänden. | |
Dennoch gibt es auch in Deutschland immer noch Therapieangebote mit dem | |
Ziel, homosexuelle Menschen „umpolen“ zu wollen. | |
Solche Therapieangebote zielen darauf ab, die homosexuelle Orientierung | |
eines Menschen zu ändern beziehungsweise zu „heilen“ und in heterosexuelles | |
beziehungsweise asexuelles Verhalten umzuwandeln. Sie werden vor allem | |
[3][von religösen Gruppen] unterstützt. | |
Die „Therapien“ vermitteln den Eindruck, dass Homosexualität eine | |
Erkrankung sei, die korrigiert werden könne. Zu den angebotenen | |
Behandlungen gehören neben der Psychotherapie unter anderem Lichttherapie, | |
Homöopathie und offenbar auch Elektroschocktherapie. Nach Schätzungen des | |
Gesundheitsministeriums werden in Deutschland jährlich etwa 2.000 solcher | |
Behandlungen angewendet. | |
8 May 2020 | |
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