# taz.de -- Brexit-Krise in der Labour-Partei: Es rumort gegen Corbyns Kurs | |
> Anhänger eines zweiten Referendums fühlen sich vom Oppositionschef im | |
> Stich gelassen. Der bastelt lieber an seinem eigenen Brexit. | |
Bild: So unbeliebt wie noch in der Öffentlichkeit – Jeremy Corbyn, Chef der … | |
London taz | Shakira Martin, die erste Präsidentin der britischen | |
Studentengewerkschaft NUS mit afrikanisch-karibischen Hintergrund, ist sich | |
sicher: Die Zeit für [1][Brexit-Verhandlungen] ist abgelaufen. Die einzige | |
verbleibende Option sei ein zweites Referendum. „Wir kennen nun all die | |
falsche Versprechen an die Arbeiterklasse und die Marginalisierten“, | |
begründet sie das gegenüber der taz. | |
Als das britische Unterhaus am 29. Januar über Änderungsanträge zum | |
Austrittsabkommen abstimmte, fehlte jedoch ein Antrag auf eine sogenannte | |
„People’s Vote“, jener Forderung der Nachfolger des Remain-Lagers, den | |
Brexit mittels einer zweiten Volksabstimmung rückgängig zu machen. Steckt | |
die Kampagne, die noch im Herbst Hunderttausende auf die Straße brachte, in | |
der Krise? | |
Barney Scholes, Koordinator von „People’s Vote“, behauptet, dies wäre | |
Absicht gewesen. „Wir stellten uns hinter Änderungsanträge, die einen | |
ungeordneten Brexit verhindern konnten, als Grundvoraussetzung für ein | |
zweites Referendum“, sagt er zur taz. Allerdings kam auch der wichtigste | |
dieser Anträge nicht durch. Und klar wurde, dass es im Unterhaus keine | |
Mehrheit für ein zweites Referendum gibt. | |
Die [2][Labour-Führung unter Jeremy Corbyn] weigert sich weiterhin, auf die | |
Forderung nach einem zweiten Referendum einzugehen, obwohl die Partei beim | |
letzten Parteitag diese Option mit forderte. Berichten zufolge erwägen | |
mehrere Labour-Abgeordnete nun, die Fraktion zu verlassen. | |
## Hindernis für ein zweites Referendum | |
„Corbyn ist das größte Hindernis für das zweite Referendum“, sagt Shakira | |
Martin der taz. Bisher habe sie sich nicht getraut, das zu sagen. „Junge | |
Menschen wie ich, die sich von Corbyn inspirieren ließen und zweimal für | |
ihn stimmten, verstehen nicht, wieso es besser sein soll, die EU zu | |
verlassen. Corbyn hat darin versagt, dem Volk die Stimme zurückzugeben“, | |
schimpft sie. | |
Stattdessen richtete sich Corbyn am Mittwoch in einen Brief an | |
Premierministerin Theresa May und stellte erstmals eine Zustimmung zu Mays | |
Brexit-Deal in Aussicht. Er stellte konkrete Forderungen: eine umfassende | |
Zollunion, Angleichung an den Binnenmarkt, Anpassung an EU-Richtlinien, | |
fortdauernde Teilnahme an EU-Programmen. Einen solchen Brexit werde Labour | |
im Parlament unterstützen, hieß es. | |
Die Labour-Hinterbänklerin Angela Smith ist eine der rund 90 | |
Befürworter*Innen der „People’s Vote“ innerhalb der Labour-Fraktion. | |
Gegenüber der taz äußert sie sich enttäuscht darüber, dass Corbyn an May | |
schrieb, ohne vorher zu versuchen, ein Übereinkommen mit der eigenen Partei | |
zu erzielen. In der Vorwoche hatte Corbyn sie im Parlament mehrfach kalt | |
stehenlassen, als sie ihm eine Frage zum „People’s Vote“ stellen wollte. | |
## „Harte Linke sind privilegierte Weiße“ | |
Sollte Corbyns Vorschlag nichts bringen, bleibe keine andere Option als ein | |
zweites Referendum, behauptet sie. „Das ist seine moralische und politische | |
Verantwortung“, betont Smith. „Es ist im Grunde egal, was am Ende | |
beschlossen wird, ob Mays oder Corbyns Deal: Das Volk sollte das letzte | |
Wort haben.“ | |
Für die in Deutschland aufgewachsene liberaldemokratische Abgeordnete Wera | |
Hobhouse ist die „[3][People’s Vote]“ ebenfalls der einzige Weg „aus dem | |
derzeitigen Schlamassel“, wie sie der taz sagt. „Es ist Zeit, dass Corbyn | |
sich für ein zweites Referendum ausspricht. Für mich gilt jetzt, wie nach | |
dem Referendum 2016, dass ich nicht aufgeben werde.“ | |
Corbyns Beliebtheit in der Öffentlichkeit liegt derzeit auf dem niedrigsten | |
Stand seit je – das negative Urteil über ihn überwiegt das positive mit 45 | |
Punkten. NUS-Chefin Shakira Martin glaubt, der Labour-Chef müsse dringend | |
auf die Basis hören, um seine Stellung zu retten. „Die harten Linken sind | |
eine Gruppe weißer Menschen aus der privilegierten Mittelklasse. Leuten wie | |
mir, deren Leben auf der Kippe steht, ist es egal, wer an der Macht ist, | |
wir wollen nur eine Verbesserung unserer Lebensumstände.“ | |
7 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn | |
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