| # taz.de -- Brandenburg lädt zur Landpartie ein: Offene Stalltore und offene F… | |
| > Bauernhöfe und Käsereien laden am 11. und 12. Juni zum Schauen und Kosten | |
| > ein. Ein Problem sind die Lieferketten zwischen Berlin und Brandenburg. | |
| Bild: Bio? Konventionell angebauter Raps? So oder so schön anzuschauen. Auf zu… | |
| Potsdam taz | Am Wochenende werden fast 150 landwirtschaftliche Betriebe | |
| rund um Berlin ihre Ställe öffnen, Feldführungen durchführen und Einblicke | |
| in die Käseherstellung gewähren. In Freyenstein dürfen Kinder | |
| Hochlandrinder streicheln, in Elisenau gibt es Erdbeeren zum selber ernten. | |
| Andere Betriebe demonstrieren, wie sie aus Gülle Energie gewinnen oder | |
| Rollrasen herstellen. Vielerorts laden Strohburgen zum Toben ein, es gibt | |
| Kaffee und Kuchen, Korbflechter und Kunstschmiede. Organisiert wird die | |
| [1][Brandenburger Landpartie] vom Verband ProAgro, der die Zusammenarbeit | |
| von Erzeugern, Verarbeitern und Abnehmern in Berlin-Brandenburg fördert. | |
| Das Interesse an einer regionalen Versorgung ist durch Pandemie und Krieg | |
| deutlich gewachsen, belegt ein Ernährungsreport des | |
| Bundeslandwirtschaftsministeriums. 82 Prozent der Befragten gaben an, dass | |
| ihnen dieser Aspekt beim Essen wichtig sei. „Wir brauchen eine robuste, | |
| wenig importabhängige, regionale Land- und Ernährungswirtschaft, die | |
| Artenvielfalt, die natürlichen Lebensgrundlagen und unser Klima achtet und | |
| bewahrt“, fordert Brandenburgs Minister für Landwirtschaft, Umwelt und | |
| Klimaschutz Axel Vogel. | |
| Die Realität sieht allerdings anders aus. Nur etwa 15 Prozent der | |
| Lebensmittel, die in Berlin konsumiert werden, stammen aus Brandenburg. | |
| Dabei würden Äcker und Felder in einem Radius von gut 100 Kilometern | |
| ausreichen, um die Hauptstadt mit Lebensmitteln zu versorgen, hat das | |
| Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg ausgerechnet. Das | |
| meiste, was in Brandenburg produziert wird, landet jedoch auf dem | |
| Weltmarkt. Die Polititk hat das Thema Ernährungssicherheit in den | |
| vergangenen Jahrzehnten Weltkonzernen überlassen. | |
| So kommt der allergrößte Teil der Lebensmittel bereits stark verarbeitet in | |
| den Läden an: Wer Smarties oder S.Pellegrino, Maggi-Brühwürfel, | |
| Wagner-Pizza oder Thomy-Senf in den Einkaufswagen packt, macht Nestlé ein | |
| bisschen reicher. 85 Prozent des Lebensmittelverkaufs läuft über die großen | |
| Supermarktketten Edeka, Aldi, Lidl und Rewe – und die werden aus | |
| Zentrallagern beliefert. | |
| ## „Deutlicher Nachholbedarf“ | |
| Zwar ist es ProAgro gelungen, dass Rewe ein Regionalfleisch-Programm mit | |
| der [2][Eberswalder Wurst GmbH] aufgebaut hat. Doch dominiert wird der | |
| Fleischmarkt gegenwärtig von Großkonzernen wie Tönnies und Wiesenhof, die | |
| extremen Preisdruck auf die Mastbetriebe ausüben. | |
| „Auf politischer Ebene gibt es deutlichen Nachholbedarf, was die | |
| Zusammenarbeit von Brandenburg und Berlin angeht“, sagt Kristin Mäurer von | |
| Pro Agro. Das Landwirtschaftsministerium in Potsdam hat im Januar rot-weiße | |
| Regionalsiegel eingeführt, die sowohl konventionell als auch ökologisch | |
| wirtschaftende Betriebe nutzen dürfen. „Berlin könnte die Entwicklung | |
| vorantreiben, indem bei der Ausschreibung von Kantinenleistungen die | |
| Regionalität der Zutaten verlangt wird“, so Mäurer. Beim kostenlosen Essen | |
| für Berliner Grundschüler*innen sind bisher nur Biozutaten | |
| vorgeschrieben – woher sie kommen, ist egal. | |
| Markus Kamrad, Berliner Staatssekretär für Verbraucherschutz und Umwelt, | |
| bezeichnete das Brandenburger Qualitätssiegel kürzlich als „sehr guten | |
| Einstieg“. Allerdings müsste Brandenburg auch in der Lage sein, größere | |
| Mengen zu liefern. | |
| Bei der vom Ernährungsrat Berlin vor einigen Jahren initiierten Regio-Woche | |
| für Schulessen hatte sich gezeigt, dass es in ganz Brandenburg keinen | |
| Kartoffelschälbetrieb gab. Das hat sich zwar geändert. Doch die | |
| Stadt-Land-Verbindungen sind noch schwach. Dabei ist Berlins Bedarf nach | |
| regionalen Produkten risieg, Brandenburgs Lieferpotenzial auch. Entwickeln | |
| lassen sie sich nur gemeinsam. | |
| 10 Jun 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.brandenburger-landpartie.de/ | |
| [2] https://www.eberswalder.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Annette Jensen | |
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