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# taz.de -- Boris Johnsons widersprüchliches Image: Die zwei Gesichter des Pre…
> Er ist konservativ wie chaotisch, konfrontativ und vernünftig. Beim
> Tory-Parteitag zeigte sich Boris Johnson in seiner ganzen
> Widersprüchlichkeit.
Bild: Welchen Boris mag sie am liebsten? Johnson mit Freundin Carrie Symonds
Wer ist der wahre Boris Johnson? Kaum ein Politiker spaltet sein Publikum
so wie der britische Premierminister – und [1][bei seiner Abschlussrede zum
Parteitag] der britischen Konservativen war für beide Seiten etwas dabei.
Auch jenseits der auch nach dieser Rede offenen Frage, welchen Brexit-Kurs
er konkret verfolgt.
Für die Johnson-Hasser, die ihn für einen gefährlichen, wenn auch eher
dümmlichen Rechtspopulisten und Trump-Verschnitt halten, gab es deftige
verbale Angriffe auf das britische Parlament als Reality-TV-Verschnitt. Dem
Parlamentssprecher John Bercow wünschte Johnson, dass er den Hoden eines
Kängurus als Dschungelshow-Strafessen verspeisen müsse. Und Labour-Chef
Jeremy Corbyn wurde zum Favoriten erkoren – für den Fall, dass
Großbritannien mal jemanden mit einer Weltraumsonde ins All schicken wolle.
Für die Johnson-Bewunderer, die ihn für einen eloquenten, wenn auch eher
chaotischen Visionär einer innovativen und liberalen Politik halten, gab es
die positive Beschwörung [2][Post-Brexit-Großbritanniens] als Land der
Weltoffenheit, des Fortschritts und der Toleranz – „offen, nach außen
gekehrt, global im Denken, dem Freihandel verpflichtet; ein Land, das wir
mit besserer Bildung, Infrastruktur und Technologie zusammenführen; ein
Land, wo man sein Leben leben kann und lieben kann, wen man will, solange
man das Gesetz achtet und niemandem schadet; ein Land, das die Welt in
sauberer grüner Technologie führt“.
Die zweite Kategorie überwog deutlich, was auch zum bisherigen
Regierungshandeln Boris Johnsons passt. In seinen erst 70 Tagen im Amt hat
der Premier keine rechtspopulistische Programmatik umgesetzt, sondern den
klassischen liberalen englischen Konservatismus. Diesen hat er verpackt in
populistische Rhetorik, mehr aber auch nicht – wenngleich das völlig
ausreichte, um ihn in gigantische und auch selbstverschuldete
Schwierigkeiten zu bringen.
Die zwei Gesichter Johnsons sind politisch kein Widerspruch. Man kann für
vernünftige Dinge eintreten und trotzdem alle denkbaren Gemeinheiten für
angebracht halten. Man kann die ethnisch diverseste Regierung der
britischen Geschichte bilden und trotzdem [3][Konflikte mit Parlament und
Justiz auf die Spitze treiben]. Man kann staatliche Sozialleistungen massiv
ausbauen und trotzdem Lobbyinteressen schützen. Man kann Freizügigkeit in
der privaten Lebensgestaltung predigen und trotzdem beim eigenen Verhalten
einen Skandal an den anderen reihen.
Über kurz oder lang stellt sich aber die Frage, ob diese
Johnson-Variationen auf Macrons [4][politischen Kunstgriff des „en même
temps“] – also das gleichzeitige Verfolgen mehrerer gegensätzlicher Ziele,
um jede Opposition zu durchkreuzen – im aktuellen Zustand Großbritanniens
funktionieren. Die britische Politik ist gespalten und polarisiert wie
lange nicht. Der britische Premierminister hat recht, wenn er dringend
Neuwahlen fordert: damit die Briten sich entscheiden können, ob er sie
regieren soll oder jemand anders.
Johnson irrt, wenn er sich bei solchen Neuwahlen für unwiderstehlich hält.
Aber je früher die Briten an die Wahlurnen dürfen, desto besser.
2 Oct 2019
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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