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# taz.de -- Bildung in Syrien: Einsteigen bitte – und lernen!
> In Syriens Rebellengebiet erhalten viele Kinder kaum Schulbildung. Das
> Erdbeben hat die Lage verschärft. Nun kommen mobile Schulen zu den
> Kindern.
Bild: Im Bildungsbus der Hilfsorganisation Orange
Idlib taz | Ein halbes Jahr nach dem Erdbeben, [1][das am 6. Februar die
Türkei und Syrien heimsuchte], zeigen sich die Auswirkungen auf den
Bildungs- und Gesundheitssektor in Syrien. Etliche Schulen im schwer
betroffenen Nordwesten des Landes wurden zerstört und sind weiter außer
Betrieb. Viele Schüler*innen gehen nicht mehr zur Schule. In einigen
Schulgebäuden, die das Erdbeben unbeschadet überstanden haben, wurden zudem
obdachlos gewordene Familien untergebracht.
Laut der UN-Nothilfe-Organisation Ocha benötigen allein im Nordwesten
Syriens mehr als eine Million Kinder schulische Unterstützung. Die Kinder
liefen Gefahr, aufgrund des Erdbebens die Schule abzubrechen. Unicef sprach
von fast zwei Millionen Kindern, deren Bildung durch das Erdbeben
unterbrochen worden ist.
Fast die Hälfte der mehr als vier Millionen Einwohner*innen
Nordwestsyriens lebt in Lagern, viele davon sind Kinder. Die
Hilfsorganisation Care [2][zählte] nur 196 Schulen in über 1.000
Vertriebenenlagern – „eine sehr geringe Anzahl, wenn man die Zahl der
Kinder berücksichtigt, die in überfüllten Lagern leben“.
Keine syrische Stadt wurde von dem Beben stärker betroffen als Dschinderes
nahe der Grenze zur Türkei. Fast alle Schulen hier und in der Umgebung sind
außer Betrieb. Die türkisch-syrische [3][Nichtregierungsorganisation
Orange] hat deshalb in Dschinderes ein Bildungsprojekt in Bussen gestartet,
das sich an Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 12 Jahren richtet. In den
Bussen erhalten die Kinder nun Unterricht. Täglich verkehren die Busse
zwischen den Lagern rund um Dschinderes.
Der zehnjährige Dschamal Ali ist ein Schüler der vierten Klasse. Zusammen
mit seinen Freunden lernt er in den Bussen von Orange. Jamal und seine
Familie wurden aus dem Umland von Aleppo vertrieben, das heute wieder vom
Assad-Regime aus Damaskus kontrolliert wird. In Dschinderes wie im gesamten
Nordwesten Syriens haben dagegen weiterhin Aufständische das Sagen.
„Vor dem Erdbeben habe ich mit meiner Familie in einem Haus gelebt und bin
zur Schule gegangen, aber jetzt sind unser Haus und unsere Schule
zerstört“, erzählt Dschamal. „Ich bin mit meiner Familie in ein Lager
gezogen. Jetzt leben wir hier am Stadtrand von Dschinderes.“ Im Bus fühle
er sich sicherer und habe keine Angst vor einem Erdbeben, weil nichts auf
ihn fallen könne, sagt Dschamal. Der Unterricht in den Bussen, vor allem
aber das gemeinsame Singen macht ihm Spaß.
Sobald die Busse ankommen, versammeln sich die Kinder aus dem jeweiligen
Lager neben den Bussen und bilden einen Kreis für die Morgenaktivität. Oft
machen die Lehrer*innen Musik oder tanzen mit den Kindern, bevor sie in
die Busse steigen und mit dem Unterricht beginnen. In diejenigen Lager, die
von Bussen nicht erreicht werden können – oft sind die Straßen zu uneben –
fahren die Orange-Mitarbeitenden in mobilen Teams per Motorrad.
Viele Kinder haben Angehörige verloren
Almas Naasan, eine Klassenlehrerin, die für Orange arbeitet, erzählt: „Die
Kinder lieben es, wenn die Busse kommen. Viele Schüler kommen jeden Morgen
auf uns zu gerannt.“ Einige seien bereits vor dem Erdbeben nicht zur Schule
gegangen. Andere seien erst durch das Erdbeben betroffen worden. Der
Unterricht im Bus sei derzeit besser als der in den verbliebenen Schulen,
weil die Busse besser ausgestattet seien und sich die Schüler*innen aus
Angst vor einem weiteren Beben sicherer fühlten als in der Schule.
Bislang hätten mehr als 3.000 Kinder von der Hilfe profitiert, erzählt
Mohammed Shehab, Projektmanager bei Orange, der taz. Den Kindern würden
nicht nur Schultaschen und anderes Schulmaterial zur Verfügung gestellt,
auch gebe es Angebote zur psychosozialen Unterstützung. So stehen etwa
Bälle und Spiele zur Verfügung, um den psychischen Zustand der Kinder zu
verbessern und ihnen zu helfen, ihre Ängste abzubauen.
Denn bevor die Kinder überhaupt lernen können, sollen sie psychisch
stabilisiert werden. Viele sind nicht nur Zeuge davon geworden, wie ihre
Unterkünfte oder Schulen zerstört wurden, sondern haben auch selbst
Angehörige verloren. Nun sollen sie langsam in ihren Alltag zurückfinden,
indem sie nachholen, was sie in den vergangenen Monaten versäumt haben.
Aus dem Arabischen: Jannis Hagmann
3 Aug 2023
## LINKS
[1] /Tuerkei-und-Syrien/!5918114
[2] https://www.wvi.org/sites/default/files/2023-03/SY12%20report%20March_0.pdf
[3] https://orange.ngo/
## AUTOREN
Moawia Atrash
## TAGS
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Russland
Schwerpunkt Syrien
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