# taz.de -- Bestatter über sein Gewerbe: „Am Sarg wird gespart“ | |
> Berlins Bestatter mangelt es an Toten. Die Hauptstadt wird statistisch | |
> immer jünger. Fabian Lenzen über Werteverfall bei Beerdigungen, | |
> Branchenstrategien und Tabuzonen. | |
Bild: Nicht mehr für alle wichtig: die hohe Qualität von Särgen. | |
taz: Herr Lenzen, gestorben wird immer, hieß es lange. Warum ist das | |
Bestattergewerbe heute nicht mehr so todsicher wie früher? | |
Fabian Lenzen: Einerseits steigt der Wettbewerb unter den Anbietern, es | |
gibt immer mehr Bestatter in Berlin. Andererseits steigt das | |
Preisbewusstsein bei den Menschen, gerade auch weil 2004 das Sterbegeld von | |
der Krankenkasse weggefallen ist. Viele wollen für eine Beerdigung ihrer | |
Verwandten jetzt nicht mehr so viel Geld ausgeben. Da wird dann am Sarg | |
oder bei der Urne gespart, viele Bestatter sparen leider auch bei der | |
Beratung. | |
Warum schauen die Berliner heute denn bei Beerdigungen vermehrt auf den | |
Preis? | |
Man kann ja in allen Branchen beobachten, dass die Leute sparen. Manchmal | |
kann ich auch einen gewissen Werteverfall beobachten: Einigen ist eine | |
Beerdigung nicht mehr so viel wert wie früher. | |
Wenn das Geschäft so schwierig geworden ist: Warum gibt es dann trotzdem | |
immer mehr Bestattungsunternehmen? | |
Der Marktzugang ist sehr niedrigschwellig, Bestatter zu werden ist relativ | |
leicht. Natürlich sind wir seit mehr als zehn Jahren schon ein | |
Ausbildungsberuf, es gibt sogar einen Master-Studiengang. Weil die | |
Ausbildung aber nach wie vor nicht verpflichtend ist, drängen viele auf den | |
Markt. Ihnen ist dabei nicht bewusst, dass sie dadurch allen anderen die | |
Kunden wegnehmen. Die Nachfrage nach Bestattungen kann ja durch neue | |
Anbieter nicht größer werden. | |
In einigen Medien ist zu lesen, Ihre Branche werde kreativ. Was heißt denn | |
das? | |
Ich habe es selbst im Radio gehört, dass manche Bestatter Verträge mit | |
Altenheimen schließen. Dieses Vorgehen ist juristisch ziemlich fragwürdig. | |
Auch ist mir schon häufiger zu Ohren gekommen, dass Bestatter Angehörige am | |
Sterbebett ansprechen, ob sie denn schon jemanden für die Beerdigung | |
hätten. So etwas ist nicht nur wettbewerbswidrig, sondern auch pietätslos. | |
Gibt es denn unter Bestattern eine Tabuzone, etwa, Menschen auf ihre eigene | |
Beerdigung anzusprechen? | |
Das ist bei uns kein Tabu. Es ist richtig, Menschen auf den Fall ihres | |
Ablebens vorzubereiten. Aber eine Situation wie das Sterbebett, an dem | |
Angehörige trauern, fürs Geschäft auszunutzen – das geht gar nicht. | |
10 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Tobias Krone | |
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