# taz.de -- Atomsteuer ab Januar 2011: Bundesrat billigt längere Laufzeiten | |
> Der Bundesrat hat die von der Bundesregierung geplante | |
> AKW-Laufzeitenverlängerung gebilligt. Bundespräsident Wulff muss das | |
> Gesetz jedoch noch unterzeichnen. | |
Bild: In den geöffneten Reaktordruckbehälter im AKW Isar 2 werden Brennelemen… | |
BERLIN dapd | Die Abkehr vom Atomausstieg ist beschlossene Sache. Der | |
Bundesrat ließ am Freitag das Gesetz über die Verlängerung der Laufzeiten | |
der 17 deutschen Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre ohne | |
Einspruch passieren. Weil der Beschluss praktisch ohne Mitwirkung der | |
Länderkammer zustande gekommen ist, wollen SPD-regierte Länder beim | |
Bundesverfassungsgericht dagegen klagen. Zuvor muss Bundespräsident | |
Christian Wulff das Gesetz aber erst unterzeichnen. | |
Die Verlängerung der Atomlaufzeiten um acht bis 14 Jahre ist zentraler | |
Punkt des schwarz-gelben Energiekonzepts. Von den zusätzlichen Gewinnen der | |
vier Betreiber will die Koalition bis zu 30 Milliarden Euro abschöpfen und | |
in den Ausbau erneuerbarer Energien stecken. Sie argumentiert, sonst wäre | |
die Umstellung auf Ökoenergien bis 2050 nicht bezahlbar. Die heutige | |
Opposition, die in der rot-grünen Regierung vor zehn Jahren den | |
Atomausstieg bis 2021 durchsetzte, warnt dagegen davor, dass der billige | |
Atomstrom den Ausbau erneuerbarer Energien verzögert. | |
Länder wollen Anteil an der Brennelementesteuer | |
Beim Brennelementesteuergesetz forderten die SPD-geführten Länder und auch | |
einige Unions-regierte Länder eine angemessene Beteiligung der Länder an | |
den Einnahmen des Bundes und einen Ausgleich der Steuermindereinnahmen der | |
Länder und Gemeinde. Denn die Betreiber von Atomkraftwerken können die | |
Kernbrennstoffsteuer als Betriebsausgaben geltend machen und so die | |
Körperschafts- und Gewerbesteuer mindern. | |
In letzter Minute gelang ein Kompromiss. Statt den Vermittlungsausschuss | |
von Bundestag und Bundesrat mit der Nachbesserung des Gesetzes zu | |
beauftragen, einigte man sich auf ein von Baden-Württemberg und Sachsen | |
vorgeschlagenes Verfahren. Danach sollen bis Mitte 2012 die Auswirkungen | |
der Brennelementesteuer auf das Steueraufkommen von Ländern und Gemeinden | |
erfasst werden. Auf dieser Grundlage soll dann eine Kompensation für Länder | |
und Gemeinden geprüft werden. | |
Das Brennelementegesetz soll von 2011 bis 2016 jährlich Steuereinnahmen von | |
2,3 Milliarden Euro für den Bund bringen. Das Geld soll für die | |
Konsolidierung des Haushalts eingesetzt werden und besonders die Belastung | |
durch die Sanierung der Schachtanlage Asse II vermindern. In dem | |
Salzbergwerk in Niedersachsen wurde zwischen 1967 und 1978 die Endlagerung | |
radioaktiver Abfälle erprobt. | |
"Verfassung zum Spielball politischer Interessen gemacht" | |
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) warf der | |
Bundesregierung vor, sie habe den Atomkonsens aufgekündigt und wolle | |
Laufzeiten bis 2040 ermöglichen. Die schwarz-gelbe Koalition habe | |
offensichtlich "die Verfassung hier zum Spielball politischer Interessen | |
gemacht". Weil der Verdacht bestanden habe, dass es für die | |
Laufzeitverlängerung im Bundesrat keine Mehrheit geben würde, sei die | |
Länderkammer einfach von der Gesetzgebung ausgeschlossen worden. Aber sechs | |
Rechtsgutachten untermauerten, dass die Nichtbeteiligung der Länder gegen | |
die Verfassung verstoße. | |
Beck wies auf die Sicherheitsrisiken der Atomkraftwerke hin. "Je länger die | |
Kraftwerke laufen, umso größer werden sie", sagte der SPD-Politiker. In | |
Zeiten, in denen man um die innere Sicherheit besorgt sei, müsse darauf | |
hingewiesen werden, dass die sieben ältesten Atommeiler "nicht oder kaum | |
gegen Terrorangriffe geschützt" seien. | |
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) | |
kritisierte, die Laufzeitverlängerung verschärfe auch die Endlagerprobleme. | |
Denn statt geschätzter 17.200 Tonnen an hoch radioaktivem Atommüll fielen | |
dadurch 21.600 Tonnen an. Darüber hinaus hätten Experten berechnet, dass | |
zusätzlichen Einnahmen von bis zu 127 Milliarden Euro der | |
Kernkraftwerksbetreiber Steuerausfälle bei Ländern und Gemeinden von 500 | |
Millionen Euro gegenüber stünden. | |
26 Nov 2010 | |
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