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# taz.de -- Vor Entscheidung im Bundesrat: Länder feilschen um Atom-Kohle
> Zustimmung zur Brennelementesteuer soll es nur gegen finanzielle
> Beteiligung geben. Verbände drängen Bundespräsident Wulff, die
> Laufzeitverlängerung zu stoppen.
Bild: Atomkraftwerk Biblis.
Unmittelbar vor der für diesen Freitag vorgesehenen Entscheidung des
Bundesrats über die Änderung des Atomgesetzes haben mehrere Länder
Bedingungen an ihre Zustimmung geknüpft. Mit Niedersachsen,
Schleswig-Holstein und Hessen fordern drei schwarz-gelb regierte
Bundesländer eine Beteiligung an den Einnahmen aus der Brennelementesteuer.
Zusammen mit den SPD-regierten Ländern und der Jamaica-Regierung des
Saarlands, die das Gesetz generell ablehnen, gäbe es im Bundesrat dann eine
Mehrheit dafür, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit könnte das
Gesetz nicht wie geplant am 1. Januar in Kraft treten.
Die Brennelementsteuer soll dem Bund bis zu 2,3 Milliarden Euro im Jahr
einbringen. Weil diese Ausgabe aber die Gewinne der Energiekonzerne
schmälert, werden sie Schätzungen zufolge pro Jahr 500 bis 600 Millionen
Euro weniger Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer zahlen; diese fließen an
die Länder bzw. an die Kommunen. "Unsere Interessen sind massiv betroffen",
sagte der niedersächsische Regierungssprecher Franz-Rainer Enste der taz,
"es geht nicht um Peanuts." Am Donnerstagabend sollte es noch Verhandlungen
der CDU-Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geben.
Falls man sich dort nicht auf einen finanziellen Ausgleich einige, sei es
"naheliegend", den Vermittlungsausschuss anzurufen, sagte Enste. Ähnlich
äußerte sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).
Schleswig-Holstein erhebt noch weitergehende Forderungen: Das Land wolle
auch die Kosten für die wegen der längeren Laufzeiten ausgeweitete
Atomaufsicht erstattet bekommen, sagte Regierungssprecher Rainer Thumann.
Der mögliche Einspruch der Länder bezieht sich allerdings nur auf das
Gesetz zur Einführung der Brennelementesteuer. Gegen die
Laufzeitverlängerung selbst zeichnet sich kein Veto ab. Von den
unionsregierten Ländern will nur das Saarland dagegen stimmen.
Schleswig-Holstein wird sich, ebenso wie die Länder mit großer Koalition,
voraussichtlich enthalten. Damit gibt es im Bundesrat keine Mehrheit für
das Gesetz. Weil die Bundesregierung es als nicht zustimmungspflichtig
deklariert hat, spielt das aber keine Rolle.
Wenn der Bundesrat die Laufzeitverlängerung passieren lässt, wird das
Gesetz unmittelbar danach dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung
vorgelegt. Er muss prüfen, ob "durchgreifende verfassungsrechtliche
Bedenken" gegen das Gesetz bestehen. Und das ist beim Atomgesetz nach
Ansicht der Deutschen Umwelthilfe der Fall: Die Umgehung des Bundesrats sei
ebenso verfassungswidrig wie die Genehmigung längerer Laufzeiten trotz
ungelöster Entsorgung, argumentiert der Verband.
Auch das Online-Netzwerk Campact drängt Wulff, die Unterschrift zu
verweigern. "Was die Regierung plant, ist kalkulierter Verfassungsbruch",
sagte Geschäftsführer Christoph Bautz. "Nun kann Christian Wulff beweisen,
wie unabhängig er tatsächlich ist." Mehr als 100.000 Unterschriften hat
Campact dem Bundespräsidenten bereits übergeben. Heute startet zudem in 400
Kinos ein Werbespot unter dem Motto "Wulff, tus nicht!"
Als niedersächsischer Ministerpräsident hatte Wulff noch die Ansicht
vertreten, das Atomgesetz sei zustimmungspflichtig. Wie er heute darüber
denkt, dazu war aus dem Präsidialamt nichts zu erfahren. Eine Sprecherin
teilte auf Anfrage lediglich mit, Wulff werde das Gesetz "gründlich
prüfen".
25 Nov 2010
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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