# taz.de -- Assad bei Putin: Überraschungsgast in Moskau | |
> Russlands Präsident lässt den syrischen Diktator antanzen. Zudem | |
> verkündet er, zu einer politischen Lösung des Krieges beitragen zu | |
> wollen. | |
Bild: Zu Gast bei Freunden. | |
Moskau taz | Für Wladimir Putin ist es schon zur Gewohnheit geworden. Der | |
Kremlchef muss die Welt immer wieder überraschen. Am Mittwoch gelang es ihm | |
mit der Blitzvisite des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in Moskau. | |
Dienstagabend muss der Syrer angereist sein. Als der Kreml dies am nächsten | |
Morgen kundtat, soll sich Assad schon wieder in Syrien befunden haben. | |
Der russische Nachrichtensender Rossija24 zeigte zehn Minuten des | |
sogenannten Arbeitstreffens. Noch zugegen waren Außenminister Sergej Lawrow | |
und der zurzeit noch viel wichtigere Verteidigungsminister Sergej Schoigu. | |
Später fand noch ein Treffen in größerem Kreis mit Sicherheitsratschef | |
Nikolai Patruschew, dem Chef des Auslandsgeheimdienstes Michail Fradkow und | |
Premierminister Dmitrij Medwedjew statt. | |
Angeblich ist Wladimir Putin der syrische Präsident nicht sonderlich | |
sympathisch. Daraus macht Moskau auch kein Hehl. Putins Gesichtszüge | |
zeigten nicht den Anflug eines Lächelns, als er die Gründe des russischen | |
Eingreifens in Syrien Assad noch einmal darlegte. Gleich zu Anfang machte | |
Putin klar, dass der Kreml den Syrer kurzfristig nach Moskau eingeladen | |
hatte. Einbestellt wäre wohl treffender. Geheim blieb, wie Assad die erste | |
Auslandsreise seit Beginn des Syrienkriegs gelang. Vermutlich wurde er von | |
der russischen Luftwaffenbasis im syrischen Latakia ausgeflogen. | |
„Das syrische Volk leistet fast allein Widerstand und kämpft seit einigen | |
Jahren mit dem internationalen Terrorismus“, sagte Putin. Erst in letzter | |
Zeit gebe es positive Ergebnisse. Damit spielte der Kremlchef auf die | |
Landgewinne der syrischen Armee an, seitdem Russland dem Verbündeten aus | |
der Luft Schützenhilfe leistet. Für das heimische Publikum wiederholte | |
Putin auch den vermeintlichen Grund der Intervention noch einmal: den Kampf | |
gegen den Terror des IS, in dessen Reihen auch „Russen und Bürger | |
ehemaliger Sowjetrepubliken“ kämpfen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass sie | |
mit Kampferfahrung und ideologisch gestärkt nach Russland zurückkommen.“ | |
## Verhaltene Reaktionen | |
Entscheidender war indes der vor allem fürs Ausland bestimmte Hinweis: | |
Russland sei bereit, auch zu einer politischen Lösung des Konflikts einen | |
Beitrag zu leisten, „im Einklang mit den anderen Großmächten“, so Putin. | |
Schon am Freitag sollen die Außenminister Russlands, der USA, | |
Saudi-Arabiens und der Türkei in Wien die Lage in Syrien erörtern, | |
verkündete das russische Außenministerium. | |
Die Reaktionen aus dem Westen auf Assads Moskaureise waren verhalten. Ein | |
Sprecher Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeiers (SPD), sagte, es sei | |
zu hoffen, dass „auch zur Sprache gekommen“ sei, dass die Art der | |
Kriegsführung der syrischen Armee völkerrechtswidrig sei. | |
Vielleicht wurden in Moskau auch Szenarien für einen Rückzug Assads | |
entworfen, die Moskau auf längere Sicht die jüngst erzielten taktischen | |
Vorteile sichern könnten. Der Kreml ist darauf angewiesen, dass die | |
herrschende Elite Syriens auch in einer neuen Regierungskonstellation | |
tonangebend bleibt. Ansonsten wird Russland nicht nur Militärbasen | |
verlieren. Auch die sunnitische Mehrheit in der Region dürfte sich gegen | |
einen Verbleib Moskaus vor Ort verwahren. Nur ein militärischer Sieg kann | |
es davor bewahren. Der ist jedoch, wenn überhaupt, nur durch Bodentruppen | |
zu erringen, deren Einsatz der Kreml nach den Erfahrungen im | |
Afghanistankrieg bislang ablehnte. | |
Hätten Russlands Militärs zu entscheiden, wäre die Infanterie schon | |
ausgerückt, meinen Beobachter in Moskau. Der Druck auf den Kreml seitens | |
der Militärs soll wachsen. | |
21 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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