| # taz.de -- Achtelfinale Frankreich gegen Belgien: Mit der Verteidigung zum Sieg | |
| > Geschlossenes Kollektiv von Gegners Gnaden: Es ist mehr die Defensive als | |
| > die vorab hochgelobte Offensive, die Frankreich weiter durchs Turnier | |
| > trägt. | |
| Bild: Da freut sich der Mann mit der Maske: Mbappé, Kolo Muani (l.) und Antoin… | |
| Düsseldorf taz | Es ist eine spektakuläre Statistik. Frankreichs | |
| Spezialität bei diesem Turnier scheint es zu sein, mit einem Minimum das | |
| Maximale herauszuholen. Rechnet man die Elfmeter und die Tore raus, bei | |
| denen der Gegner zuletzt ein Körperteil im Spiel hatte, steht Frankreich | |
| nach vier torlosen Begegnungen im Viertelfinale. | |
| Geht einer der großen Favoriten am Krückstock? Bei den großen Turnieren | |
| zuvor konnte sich Trainer Didier Deschamps [1][immer auf Kylian Mbappé und | |
| Co stützen], dieses Mal nur auf gegnerische Ungehobeltheiten und Patzer im | |
| Strafraum. | |
| In Düsseldorf war es am Montagabend der belgische Innenverteidiger Jan | |
| Vertonghen, der sich nach dem Österreicher Maximilian Wöber in die diverse | |
| französische Torschützenliste eintrug, weil er den von Randal Kolo Muani | |
| getretenen Ball entscheidend abfälschte. Dies ereignete sich in der 85. | |
| Minute, als die meisten im Stadion auf eine Verlängerung eingestellt waren. | |
| Eigentore sind kein Freiwilligendienst. Sie entstehen in gewissen | |
| Drucksituationen. So hatte Deschamps mit dem Hinweis auf den eigenen Anteil | |
| seines Teams schon recht: „Es muss ja trotzdem ein Spieler schießen.“ | |
| Während die mangelnde Durchschlagskraft im vorderen Drittel in Frankreich | |
| als prekäre Problemregion wahrgenommen wird, werden die Defensivarbeiter | |
| derweil mit Lob überschüttet. Denn auch in diesem Bereich gibt es eine | |
| erwähnenswerte Statistik. | |
| Bislang hat bei dieser EM nur Robert Lewandowski Frankreichs Torhüter | |
| überwinden können – per Elfmeter. Zum Spieler des Spiels wurde in | |
| Düsseldorf Außenverteidiger Jules Koundé erkoren. Hat sich die Elf von | |
| Deschamps, die vor allem für ihre schnelle Offensive bewundert wurde, ein | |
| neues Profil erarbeitet? | |
| ## Die Übergänge sind fließend | |
| „Ich glaube nicht, dass wir so viel defensiv gespielt haben“, erklärte | |
| Koundé. Auch dieser Hinweis war berechtigt. Die Belgier hatten zwar auf dem | |
| Aufstellungsbogen mit drei Stürmern die Devise „Attacke“ ausgegeben, nach | |
| Anpfiff schnurzelte das Versprechen jedoch in sich zusammen. | |
| Und es waren gerade Koundés Offensivläufe, die dem Team halfen, Chancen zu | |
| kreieren. Beim entscheidenden Treffer stand er eine gefühlte Ewigkeit im | |
| gegnerischen Strafraum auf der Stelle, bevor er überlegt die Kombination | |
| einleitete, die zum Eigentor führen sollte. | |
| Es würde wenig Sinn machen, die Mannschaft mit Schulnoten – Defensive sehr | |
| gut, Offensive mangelhaft – auseinanderzudividieren. Die Übergänge sind | |
| fließend. | |
| Belgiens Trainer Domenico Tedesco erklärte schließlich seine extrem | |
| defensive Spielorientierung trotz drei Stürmern damit, dass man bei dem | |
| schnellen französischen Flügelspiel entsprechendes Personal hinten brauche. | |
| So waren seine Offensivkräfte vorne häufig auf sich allein gestellt und | |
| konnten Frankreichs Verteidigung nur selten herausfordern. | |
| Turniermannschaften definieren sich durch ihre Fähigkeit zur Steigerung im | |
| erforderlichen Moment. Eine solche war beim französischen Team gegen | |
| Belgien zu erkennen. Zum Nötigsten, einem Treffer, hat es gereicht. Aber | |
| mehr wäre angesichts der 20 Abschlüsse, von denen nur zwei aufs Tor gingen, | |
| möglich gewesen. | |
| Sechs oder sieben gute Chancen hatte Deschamps gezählt. Die notorische | |
| Ineffizienz soll im Viertelfinale gegen Portugal beendet werden. Der | |
| Trainer erklärte: „Wir wollen nicht, dass das unser Schicksal ist, wir | |
| werden daran arbeiten.“ | |
| ## „Denn dann haben wir weniger Freiheit“ | |
| Das französische Nationalteam beschäftigen weiterhin Sorgen ganz anderer | |
| Art. Auf Nachfrage erklärte Jules Koundé zu den [2][Ergebnissen des ersten | |
| Wahlgangs in seinem Heimatland], er sei natürlich sehr enttäuscht, in | |
| welche Richtung es gehe. Er hoffe, dass die Menschen, die von ihrem | |
| Wahlrecht nicht Gebrauch gemacht hatten, beim zweiten Wahlgang zur Urne | |
| gehen würden, damit die Ultrarechte nicht durchkomme. „Denn dann haben wir | |
| weniger Freiheit.“ | |
| Bereits im Vorfeld der ersten Wahl hatten Kylian Mbappé und Marcus Thuram | |
| vor den Rechtspopulisten und ihren spalterischen Bestrebungen gewarnt. | |
| Mbappé sagte, [3][er hoffe, er könne das Nationaltrikot weiter mit Stolz | |
| tragen]. | |
| Diesen Botschaften mit guten Ergebnissen mehr Nachdruck zu verleihen, mag | |
| in diesen Tagen im Team eine weitere Antriebskraft sein. Die Ersatzspieler | |
| und Betreuer bildeten am Ende der Partie wieder ein großes Spalier, durch | |
| das die Siegerelf trat. Das französische Kollektiv macht einen sehr | |
| entschlossenen und geschlossenen Eindruck. | |
| 3 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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