| # taz.de -- Abiy Ahmed bekommt Friedensnobelpreis: Anerkennung zur richtigen Ze… | |
| > Die Auszeichnung für den äthiopischen Premier Abiy Ahmed würdigt den | |
| > ehrgeizigsten Reformer Afrikas – und die gesamte junge Generation des | |
| > Kontinents. | |
| Bild: Abiy ist der Star der aufstrebenden jungen Generation, die Afrika lebensw… | |
| Was für ein Triumph. Der Friedensnobelpreis für Äthiopiens Premierminister | |
| Abiy Ahmed bedeutet eine hochverdiente globale Würdigung für den derzeit | |
| ehrgeizigsten Reformer Afrikas. Abiy ist der Star der aufstrebenden jungen | |
| Generation des Kontinents, die Afrika endlich lebenswert für Afrikaner | |
| machen will. | |
| Abiy ist erst seit April 2018 im Amt, aber in seinen anderthalb Jahren an | |
| der Macht hat der heute 43-Jährige schon mehr erreicht als andere Staats- | |
| und Regierungschefs in ihrem Leben. Er hat Tausende Regimegegner aus der | |
| Haft entlassen, das große Foltergefängnis der Hauptstadt in ein Museum | |
| verwandelt, verfolgte Exilanten zurück in der Heimat willkommen geheißen | |
| und sein Land mit dem Nachbarn und Erzfeind Eritrea versöhnt. | |
| Auch hat er wichtige erste Schritte zur Beilegung der zahlreichen und | |
| blutigen inneren Konflikte des Vielvölkerstaats Äthiopien mit seinen 110 | |
| Millionen Einwohnern unternommen und insgesamt die politische und | |
| wirtschaftliche Liberalisierung auf die Tagesordnung gesetzt. | |
| Für all das würdigt ihn das Nobelpreiskomitee. Und diese internationale | |
| Anerkennung kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn gute Nachrichten aus Afrika | |
| sind immer noch die Ausnahme und nicht die Regel. | |
| ## Das Produkt eines autokratischen Systems | |
| Das ist die Sonnenseite. Die Schattenseite darf aber nicht übersehen | |
| werden. Von wirklich freien Wahlen ist Äthiopien noch weit entfernt. Die | |
| Zahl der Binnenflüchtlinge infolge lokaler Machtkämpfe steigt. Eine | |
| gefährliche Ethnisierung der Politik ist im Zuge der allmählichen | |
| politischen Öffnung nicht zu übersehen. | |
| Und grundsätzlich bleibt Abiy ein Produkt eines autokratischen Systems: | |
| Sein politischer Aufstieg erfolgte innerhalb des Militärapparats, mehrere | |
| Jahre lang leitete er Äthiopiens gefürchteten Geheimdienst. Und seinen | |
| Posten als Regierungschef verdankt er den alten Generälen, die angesichts | |
| zunehmender Proteste und Unruhe im Land ihre Rettung in einem frischen, | |
| jungen Gesicht sahen. | |
| Noch ist Äthiopiens Reform- und Friedenspolitik nicht unumkehrbar. Sie ist | |
| allzu eng mit der Person Abiy und seinem Charisma verknüpft und zu wenig in | |
| einer tatsächlichen Veränderung der Institutionen verankert. Abiy muss sich | |
| langfristig gegen seine Förderer durchsetzen, um zu bestehen – und er wäre | |
| nicht der erste Reformer, der an diesem Dilemma scheitert. Der | |
| Friedensnobelpreis befördert diese Personalisierung weiter, und das ist | |
| bedenklich. Zugleich aber stärkt die Auszeichnung Abiy gegenüber den | |
| Beharrungskräften in seinem Land – was zu begrüßen ist. | |
| ## Ein großes Land, stolz und glücklich | |
| Das Nobelpreiskomitee knüpft mit Abiy Ahmed an die Ehrung Barack Obamas an: | |
| gewürdigt wird die Erwartung und nicht nur die Leistung, die Hoffnung und | |
| nicht nur der Erfolg. Zu hoffen bleibt, dass sich dieser Nobelpreis nicht | |
| als der Moment erweist, in dem Afrikas Obama zum gefeierten Weltstar wird, | |
| nur um abzuheben. | |
| Man kann diesen Preis aber auch weniger kompliziert sehen. Äthiopien ist | |
| die letzte der mehrere Tausend Jahre alten Weltzivilisationen, die noch nie | |
| mit einem Nobelpreis geehrt worden war: Ein großes Land, und mit ihm ein | |
| ganzer Kontinent, wird jetzt einfach stolz und glücklich sein. | |
| 11 Oct 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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