# taz.de -- Machtpolitik blockiert Umweltorganisation: Nachhaltig nur im eigene… | |
> Die Arbeit der UN zu Umwelt und Nachhaltigkeit soll mehr Raum bekommen – | |
> das fordern fast alle Staaten und Aktivisten. Doch nationale Interessen | |
> verhindern vieles. | |
Bild: Schon diese jungen Aktivistinnen wissen um die Problemstellung Umwelt vs.… | |
GENF taz | Schon der damalige CDU-Umweltminister Klaus Töpfer hob das Thema | |
vor 20 Jahren auf die Agenda: Aus dem United Nations Environment Programme | |
(Unep) sollte eine eigene Organisation werden: die United Nations | |
Environment Organisation (Uneo). Jetzt, Anfang Mai, erneuerte | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel die damalige Forderung Töpfers. Doch diese | |
Idee einer Umweltorganisation wird vermutlich auch in diesem Jahr an den | |
mächtigen Gegnern scheitern. | |
Dabei sind sich eigentlich fast alle Staatsvertreter und | |
Nichtregierungsorganisationen einig: Die internationale Umwelt- und | |
Nachhaltigkeitspolitik muss angesichts von globalen Herausforderungen wie | |
dem Klimawandel besser koordiniert werden. Bisher agiert die | |
Staatengemeinschaft eher ineffektiv: Neben dem Unep mit Sitz in Nairobi | |
existiert die auf der Rio-Konferenz 1992 etablierte Kommission für eine | |
nachhaltige Entwicklung. | |
Daneben gibt es fast 500 zwischenstaatliche Verträge wie etwa das | |
Washingtoner Artenschutzabkommen, alle arbeiten mit eigenständigen | |
Sekretariaten an unterschiedlichen Orten. Um in diesem Gefüge eine globale | |
Rolle zu spielen, ist das Unep schlecht gerüstet: 2010 verfügte es als eine | |
der kleinsten UN-Behörden über ein Budget von nur 360 Millionen Euro und | |
900 Angestellte weltweit. Zum Vergleich: Das deutsche Umweltministerium hat | |
einen Etat von 1,6 Milliarden Euro und 800 Mitarbeiter. | |
## Das UNO-Entwicklungsprogramm müsse aufgewertet werden | |
Der Vorschlag einer eigenen Organisation stößt bei vielen Ländern des | |
Südens auf Zurückhaltung. Sie fordern, dass zugleich auch das | |
Entwicklungsprogramm der UNO aufgewertet werden müsse. Die USA lehnen neue | |
Organisationen der Vereinten Nationen aus finanziellen Gründen gar | |
grundsätzlich ab. Mit mehr als 20 Prozent Anteil am Haushalt der UN sind | |
die USA der mit Abstand größte Beitragszahler. Selbst die | |
Nichtregierungsorganisationen in den Bereichen Umwelt und Entwicklung haben | |
in dieser Frage keine einheitliche Position. | |
Die Debatte über verbesserte Strukturen der Global Governance, also der | |
gemeinsamen politischen Linie der Staatengemeinschaft, lenkt von den | |
politischen Kernproblemen ab: Viele Staaten – darunter auch Deutschland und | |
andere Befürworter einer ständigen UN-Umweltorganisation – erfüllen ihre | |
bisherigen Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend. | |
Die Ziele der etwa 500 Umweltverträge, des Klima-schutzrahmenabkommens von | |
Kioto sowie der Millenniumsziele zur Halbierung der globalen Armut sind | |
nicht gesichert. Als Mitglieder der 1993 gegründeten | |
Welthandelsorganisation haben Staaten des Nordens wie des Südens dafür | |
gesorgt, dass im Zweifel bislang stets der Freihandel den Vorrang vor dem | |
gemeinsamen Umweltschutz erhielt. | |
## Die Umwelt verliert weiterhin im Kampf mit dem Handel | |
Manche NGOs befürchten, dass selbst eine United Nations Environment | |
Organisation im Konflikt mit der Welthandelsorganisation das Nachsehen | |
hätte. Sie fordern deshalb die Schaffung eines Nachhaltigkeitsrates als | |
neue Kerninstitution der Vereinten Nationen – mit Kompetenzen bei | |
Umweltschutz- und Nachhaltigkeitszielen, wie sie der Sicherheitsrat im | |
Falle einer „Gefährdung des Friedens“ hat. | |
Doch ein solcher Nachhaltigkeitsrat könnte nur entstehen, wenn die | |
UNO-Charta geändert würde. Dem müssten zwei Drittel der 193 | |
Mitgliedsstaaten zustimmen, inklusive der fünf ständigen Mitglieder des | |
Sicherheitsrates USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich. Dies | |
scheint jedoch wenig realistisch. | |
30 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
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