# taz.de -- Musiklabels gegen Spotify: Krach ums Streaming | |
> Der Dienst Spotify hat ein Problem. Denn der Plattenvertieb ST Holdings | |
> hat seine Zusammenarbeit aufgekündigt - Musik-Streaming kannibalisiere | |
> den Verkauf. | |
Bild: Mit dieser Seite wollen Musiklabels nicht mehr kooperieren: Online-Dienst… | |
Die Geschäftsbeziehung endete mit einem Knall. Vergangene Woche kündigte | |
der britische Plattenvertrieb ST Holdings an, Musik von über 200 Labels | |
nicht mehr über Streamingdienste wie Spotify, Rdio oder Simfy zu | |
vertreiben. Als Konsequenz wäre auf einen Schlag die Mehrzahl britischer | |
Bassmusik-Artists nicht mehr auf diesen Plattformen vertreten. | |
Das Internet-Streaming von Musik kannibalisiere den Musikverkauf, gab ST | |
Holdings an. Das habe eine Studie des US-Musikbranchenverbands NARM | |
ergeben. Ein häufiges Statement, aber diesmal schlug es hohe Wellen. | |
Der Elektronikmusiker Jon Hopkins kommentierte den Vorfall mit "Fuck | |
Spotify". Für 90.000 Streams habe er 9 Euro erhalten. Und Gold Panda, der | |
gerade eine Ausgabe der DJ-Kicks-Reihe kuratiert hat, bekannte, mit dem | |
Streaming seiner Musik im letzten Jahr 22 Cent verdient zu haben. Hinter | |
beiden Statements steht ein simpler Fakt: Während ein Musiker mit dem | |
Verkauf eines 73 Cent teuren MP3s bei Itunes etwa 6 Cent verdient, bringt | |
ein einmaliges Abspielen eines Stücks bei Spotify weniger als einen | |
Viertelcent ein. | |
Zwar ist der Anteil der Künstler gegenüber dem Label bei Spotify sogar ein | |
wenig höher, aber um die Summe eines gekauften MP3s zu erhalten, muss | |
dasselbe Stück 310-mal gestreamt werden. | |
## Mythos des Web 2.0: der "Long Tail" | |
Bei Spotify versteht man die ganze Aufregung nicht: "Mit einem MP3 kann man | |
einmal pro Kunde Geld verdienen, mit einem Streaming auf Spotify viele | |
Jahre lang", erläutert Spotify-Sprecherin Alison Bonny und fügt hinzu: "Bei | |
Spotify kann ein Künstler auch mit dem ,long tail' seines Backkatalogs Geld | |
verdienen." | |
Hier kommt ein Mythos des Web 2.0 ins Spiel: der "Long Tail". Weil es so | |
günstig sei, digitale Produkte verfügbar zu halten, würden auch | |
Nischenprodukte nachgefragt. Allerdings ist am Ende des langen Schwanzes | |
die Nachfrage so gering, dass daran kaum verdient wird. Auch die 100 | |
Millionen Euro, die Spotify nach eigenen Angaben an Künstler, | |
Verwertungsgesellschaften und Labels ausgeschüttet hat, kommen in erster | |
Linie den paar großen Acts der Majors zugute. | |
Die Indies lassen derweilen die Muskeln spielen. Zwar lässt die Studie der | |
NARM den Schluss nicht zu, dass mit dem Rückzug aus den Streamingangeboten | |
auch gleichzeitig mehr Musik verkauft würde, aber ST Holdings hat das | |
kulturelle Kapital auf seiner Seite. Ihre Künstler, etwa | |
Dubstep-Produzenten wie Scuba oder BenUFO, sind bei genau der Zielgruppe | |
populär, für die Streamingservices bedeuten, auch technologisch irgendwie | |
vorne mit dabei zu sein. Und Spotify braucht diese wiederum, um weiter für | |
Investoren attraktiv zu bleiben. | |
Nirgendwo war das Entsetzen über den Rückzug von ST Holdings größer als auf | |
den einschlägigen Technologieseiten. Die Konsequenz: Am Mittwoch erklärte | |
Chris Parkinson von ST Holdings: "Wir stehen in Verhandlungen mit Spotify." | |
24 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Werthschulte | |
## TAGS | |
Streaming | |
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