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# taz.de -- Neue Strategien der Rechtsextremisten: NPD fordert "seriöse Radika…
> Die NPD kämpft mit schlechten Umfragewerten. Eine neue Strategie soll
> Abhilfe schaffen: weniger offene Nazi-Ideologie, mehr mehrheitsfähiger
> Sozial-Rassismus.
Bild: Den Blick stramm nach rechts: Holger Apfel (NPD).
BREMEN taz | Ein kleines zusätzliches Wörtchen soll die Wahlchancen der NPD
steigern. Statt "Ausländer raus" könnte es bald "Kriminelle Ausländer raus"
heißen. Mit der sprachlichen Nuancierung hoffen Parteistrategen
rassistische Ressentiments in der bürgerlichen Mitte anzusprechen. Nach
einer Umfrage dümpelt die Partei bei 3 Prozent.
Nicht nur der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt braucht nach dem Scheitern
des Landtagseinzuges in Sachsen-Anhalt und dem Rechtsstreit um die Fusion
mit der DVU einen Erfolg. Die Partei hofft auf einen Einzug in die
Bremische Bürgerschaft. Nach der hiesigen Wahlregelung genügt es, entweder
in Bremen oder in Bremerhaven über 5 Prozent zu kommen. Stimmen von
Protest- oder Überzeugungswähler könnte am 22. März aber nicht für den
Wahlerfolg genügen. "In Bremen hofft die NPD auch mehr Stimmen aus der
verunsicherten Mittelschicht zu gewinnen", sagt Martin Langebach,
Rechtsextremismusexperte von der Universität Düsseldorf.
Schon länger werde in der Partei überlegt, die Strategien andere
rechtgerichteter Parteien in Europa zu übernehmen und Positionen zur
Überfremdung vermeintlich moderater zu formulieren. Statt tumber
Blut-und-Boden-Idiologie soll nun ein populistischer Sozial-Rassismus
Wähler in der verunsicherten Mitte ansprechen.
## Volksverhetzendes Spiel
An der Weser hatte die NPD das Internet-Spiel "Faust räumt auf" online
gestellt, in dem gegen "kriminelle Ausländer", die eine "Belastung für das
Sozialsystem" wären, gehetzt wurde. Per Mausklick verteilte der Bremer
Spitzenkandidat Matthias Faust "Rückkehr-Tickets" an "ausländische
Gewalttäter, Drogendealer und Sozialschmarotzer" für die "Heimreise". Keine
neue Botschaft, aber die von NPD-Strategen geforderte neue Betonung klingt
durch. Die Staatsanwaltschaft schritt dennoch wegen Volksverhetzung ein.
Das Spiel ist wieder offline.
Langebach vermutet, dass nach der Wahl in Bremen weiter stärker in der
Partei um Grundpositionen und Grundwerte gerungen wird. Vor allem aus der
sächsischen NPD-Landtagsfraktion wird vehement ein Kurswechsel hin zu einer
"seriösen Radikalität" gefordert.
Knapp 5000 Stimmen hatten am 20. März der NPD im Magdeburg für den Einzug
gefehlt. "Nach der Wahl ist vor der Wahl" erklärte einen Tag später das
NPD-Präsidium und machte alleine die "Großwetterlage" wegen dem Unglück in
Japan und die "Schmutzkampagne" gegen ihren Spitzenkandidaten Matthias
Heyder als ursächlich aus. Kurz vor der Wahl belegten interne E-Mails der
NPD und Einträge in dem Internet-Forum "Frei Freunde" Heyders offenen
Rassismus und eindeutige Militanz. Diese erste Wahlanalyse verstimmte
manchen NPDler.
In einer internen Mail betonte am 25. März der parlamentarische Berater der
sächsischen NPD-Fraktion Peter Schreiber, das Heyders "Verbalradikalismus"
zum Misserfolg beigetragen hätte. In der Mail, die der Landtagsfraktion der
Grünen in Dresden zugespielt wurde, greift Schreiber auch auf eine
Überlegung des saarländischen NPD-Chefs Frank Franz zurück. Auf Facebook
hatte Franz am 24. März gepostet, dass der NPD nahestehende Parteien
außerhalb Deutschlands erfolgreicher seien, da sie in ihrer Politik gegen
die "Überfremdung" nicht so "rigoros auf das Abstammungsprinzip" eingingen,
sondern sich "'nur' mit kriminellen und arbeitslosen Ausländern
'beschäftigen'".
## NPD buhlt um Wähler aus der Mitte
Auch der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel meldete sich in
der Deutschen Stimme, dem Parteiorgan der NPD, zu Wort. Er monierte den
ausbleibenden Wählerzuspruch und stellte die Strategie auf: Die NPD muss
"das Augenmerk zuerst auf diejenigen richten, die wirtschaftlich noch etwas
zu verlieren haben". Im selben Blatt griff einen Monat später der
sächsischen NPD-Fraktionschef Holger Apfel die Argumentation von Gansel
auf. Auch er wolle mit einem "bürgernahen zukunftsorientierten
Nationalismus" Anhänger und Wähler gewinnen. Die sozialen Themen, wie die
Sorgen der Rentner, sollten noch mehr aufgegriffen werden.
Nach innen könne die Stammkleintel aber ruhig weiter bedient werden.
Märsche gegen die alliierten Bombenangriffe und die Pflege des
vermeintlichen Brauchtums hält er für die weltanschauliche Festigung
weiterhin für angebracht, sie sei "sinn- und identitätsstiftend". Apfel
möchte die Partei weder zu traditionell noch zu subkulturell ausgerichtet
wissen. Beides könnte Wähler verschrecken. Die nervöse
Gesellschaftsschicht, die sich vom Sozialstaat allein gelassen fühlt und
Thilo Sarrazin zustimmt, soll zukünftig umworben werden.
Ein Problem bleibt allerdings bestehen: "Positionen ändern ist das eine,
das nötige Personal für diese Strategie zu haben das andere", sagt
Langebach. Selbst Apfel räumt die "mangelnde Qualität von NPD-Kandidaten"
ein.
20 May 2011
## AUTOREN
Andreas Speit
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