# taz.de -- Bürgermeisterwahl in Sachsen: Ein linkes Chamäleon auf Stimmenfang | |
> Ein ehemaliger OB der PDS unterstützt den Rechtspopulisten Henry | |
> Nitzsche. Und die NPD tönt, sie sei die einzige Alternative zu den | |
> bürgerlichen Parteien. | |
Bild: In vielen sächsischen Kommunen ist die NPD fest verankert. | |
DRESDEN taz | Bürgermeisterwahlen in einigen sächsischen Mittelstädten | |
versprechen nicht viel Aufregung. Wenn aber ein ehemaliger | |
PDS-Oberbürgermeister und Linken-Kreisrat den volkstreuen | |
CDU-Rechtsabweichler Henry Nitzsche im Wahlkampf offen unterstützt, erregt | |
das nicht nur den Lokaljournalismus. | |
So geschehen in Kamenz in der Westlausitz, wo am Sonntag gewählt wird. Am | |
Donnerstagabend schloss die Linksfraktion im Bautzner Kreistag deshalb den | |
74-jährigen Arnold Bock aus und forderte ihn auf, sein Mandat | |
niederzulegen. "Die Grenzen der Toleranz sind für uns weit überschritten", | |
erklärte der Kreisverband Bautzen. | |
Der Hobbyflieger Bock ist populär in der Region und war bis 2004 | |
Oberbürgermeister von Kamenz, der Geburtsstadt Lessings. Zu seiner Zeit | |
hatte hier übrigens auch der damalige sächsische Ministerpräsident Georg | |
Milbradt (CDU) seinen Wahlkreis. Bei der Kreistagswahl 2009 holte Bock das | |
zweitbeste Ergebnis aller Kandidaten. | |
Seit zwei Jahren überwies er der Linkspartei allerdings keinen | |
Mitgliedsbeitrag mehr, ein Gesinnungswandel deutete sich an. | |
"Möglicherweise ein altersbedingter Realitätsverlust", sagt Sven | |
Scheidemantel, Kreisvorsitzender der Linkspartei. | |
Eine andere Erklärung lässt sich im persönlichen Zerwürfnis zwischen Bock | |
und seinem Nachfolger Roland Dantz suchen, eigentlich ein Ziehsohn von | |
Bock. Der parteilose Dantz, der von der Linkspartei unterstützt wird, ist | |
aussichtsreichster Bewerber um das Spitzenamt im Rathaus. Einer seiner drei | |
Gegenkandidaten ist Henry Nitzsche, mit dem sich Bock gemeinsam auf | |
Plakaten zeigt. | |
Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Nitzsche erschien nach | |
ausländerfeindlichen und NPD-nahen Äußerungen auch der Union nicht mehr | |
tragbar, Er trat 2006 aus der Partei aus. Danach gründete Nitzsche die | |
Wählervereinigung "Arbeit, Familie, Vaterland", seit 2011 firmiert sie | |
unter dem Namen "Bürgerbewegung pro Sachsen". | |
Die NPD wiederum, die Nitzsche bei der Landtagswahl 2009 unterstützt hatte, | |
stellt sich jetzt mit großem Getöse als einzige Alternative zu bürgerlichen | |
Kandidaten in Sachsen dar. Die "Dreierbande" von Linken, SPD und Grünen | |
habe kapituliert, wenn sie in einigen Fällen zugunsten populärer | |
parteiloser Amtsinhaber auf eigene Kandidaten verzichte, sagte | |
Pressesprecher Jürgen Gansel. | |
Der Vormarsch in den Kommunen gehört seit Längerem zur NPD-Strategie. | |
Jüngst wurde in einer Studie der Heinrich Böll Stiftung festgestellt, dass | |
die NPD dort relativ fest verankert ist. Doch die NPD-Kandidaten erreichten | |
am vorigen Sonntag in Meißen nur 3 und im erzgebirgischen Bad Schlema 6,4 | |
Prozent der Stimmen. Die beiden parteilosen Amtsinhaber gewannen mit großer | |
Mehrheit. | |
23 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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