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# taz.de -- Russische Sprache in der Ukraine: Schutzlos per Gesetz
> Die russische Sprache wird doch von der Europäischen Charta der Regional-
> oder Minderheitensprachen gestrichen. Ein erster Anlauf im Oktober
> scheiterte.
Bild: Eine von russischen Angriffen zerstörte Wohnung in Charkiw
Das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, hat am Mittwoch in letzter
Lesung ein Gesetz zum Schutz von Minderheitensprachen verabschiedet. Mit
der neuen Vorschrift will Kyjiw seine Gesetzgebung mit der Europäischen
Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarates in Einklang
bringen.
[1][In dem neuen Gesetz, das zu schützende Minderheitensprachen auflistet,
wird Russisch nicht erwähnt]. Aus dem Katalog gestrichen wurde auch
Moldauisch, das ausschließlich als Rumänisch aufgeführt wird. Befürworter
des Gesetzes sind der Auffassung, dass dieses den Minderheitenschutz
verbessere, die Gesetzgebung harmonisiere und das internationale Standing
der Ukraine im Bereich Menschen- und Minderheitenrechte stärke.
Außerdem würden Sprachen nun korrekt benannt. So spreche man jetzt von
„Hebräisch“ und nicht von der „jüdischen Sprache“. Endlich gebe es ei…
einheitliche Rechtsgrundlage, vermeide widersprüchliche Regelungen und der
Minderheitenschutz werde umgesetzt. Minderheitensprachen würden künftig im
Bildungsbereich, den Medien und bei staatlichen Behörden präsenter sein, so
die Argumentation der Befürworter des Gesetzes.
Auch der Abgeordnete Wolodymyr Wjatrowytsch begrüßte die Entscheidung des
Parlaments. „Ich gratuliere und danke allen, die diesen Tag möglich gemacht
haben“, textete der sichtlich erfreute Wjatrowytsch auf seiner
Facebook-Seite.
## Ukrainische Erinnerungspolitik
Wjatrowytsch steht wie kaum ein anderer für die ukrainische
Erinnerungspolitik nach 2014. In diesem Jahr wurde er Chef des der
Regierung unterstellten Instituts für Nationales Erinnern. Erst mit der
Abwahl von Präsident Petro Poroschenko 2019 musste er diesen Posten räumen.
Seit 2019 ist Wjatrowytsch Abgeordneter der Partei Europäische Solidarität.
Wenn es um den Bau oder Abbau von Denkmälern geht, wird immer eine
Stellungnahme dieses Instituts eingeholt. Das Gleiche gilt für staatliche
Feier- und Gedenktage, den Geschichtsunterricht und den Umgang mit Symbolen
der sowjetischen Vergangenheit.
Ein entsprechender Gesetzesentwurf zum Status von Minderheitensprachen war
bereits im Oktober 2025 von der Regierung eingebracht worden, [2][jedoch
zunächst unter Verweis auf europäische Bedenken zurückgezogen worden].
Scharf kritisiert wird das neue Gesetz von der Odessitin Anastasia
Piliavsky. Die Professorin für Anthropologie am King’s College in London,
die auch für den Spectator, den Economist und die Times of India schreibt,
ist Gründerin von Cosmopolis. Dabei handelt es sich um einen
Zusammenschluss von Intellektuellen, die sich dem Schutz kultureller
Freiheiten verschrieben haben.
## Juristische Grundlage
Sie beklagt, dass die vollständige Verdrängung des Russischen aus dem
öffentlichen Leben, dem Bildungswesen und im Geschäftsleben nun auch eine
juristische Grundlage erhalten habe. Dies sei beispiellos in Europa.
„In der EU gibt es kein einziges Land, in dem eine Gruppe von mehr als 10
Prozent der Bevölkerung keinen Schutz ihrer Sprachrechte genießt. In der
Ukraine geht es um 50 Prozent und mehr“, so Piliavsky gegenüber der taz.
Dieses Vorgehen werde von der breiten Bevölkerung nicht unterstützt, wie
ihre Beobachtungen in den sozialen Netzen zeigten. „Da die Ukraine 1991 als
politische Nation sowohl russisch- als auch ukrainischsprachiger Bürger
gegründet wurde, empfinden manche diesen Schritt als Bruch des
ursprünglichen gesellschaftlichen Vertrags.“ Mit Kulturpolitik habe dieser
Schritt nichts zu tun. „Das ist vielmehr ein Schlag gegen die innere
Einheit unseres Landes“, so Piliavsky.
5 Dec 2025
## LINKS
[1] /Sprachenpolitik-in-der-Ukraine/!6116559
[2] /Russisch-in-der-Ukraine/!6125984
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
russische Minderheit
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