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# taz.de -- Polens Ex-Justizminister:  Zbigniew Ziobro soll sich vor Gericht v…
> Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Justizminister organisierte
> Bandenkriminalität und Veruntreuung von Staatsgeldern vor.
Bild: Der ehemalige Justizminister und Generalstaatsanwalt sowie jetzige Abgeor…
Warschau taz | Endlich kann Polens Staatsanwaltschaft offiziell den Prozess
gegen Ex-Justizminister Zbigniew Ziobro eröffnen. Am Freitagabend hob die
Mehrheit der Parlamentarier im Sejm, dem polnischen Abgeordnetenhaus, die
Immunität des Politikers auf. Dazu mussten sie über jeden der 26
staatsanwaltlichen Vorwürfe einzeln abstimmen und dann auch über das Recht
des zuständigen Gerichts, den Angeklagten polizeilich vorführen oder sogar
verhaften zu lassen.
Hätte sich Ziobro vorher nicht immer wieder den Anhörungen des
parlamentarischen Untersuchungsausschusses entzogen, der zu Untreue und
Korruption im Justizministerium [1][der rechtsnationalen PiS] von 2015 bis
2023 ermittelte, wäre ihm der nun drohende Haftbefehl erspart geblieben.
Die Vorwürfe wiegen allesamt schwer. So soll Ziobro in seiner Amtszeit
Gründer und schließlich Chef einer Gruppe der organisierten Kriminalität
gewesen sein. Zudem legt ihm die Staatsanwaltschaft Veruntreuung in Höhe
von umgerechnet rund 35 Millionen Euro zur Last. Das Geld aus dem
sogenannten Gerechtigkeitsfonds hatte eigentlich Opfern von
Gewaltverbrechen zugutekommen sollen. Stattdessen überwiesen die
„Ziobristen“ im Justizministerium das Geld oft an Organisationen, die der
PiS oder Ziobros eigener Partei, dem „Solidarischen Polen“ und ab 2023
„Souveränen Polen“ nahestanden.
Auch rechtsklerikale Stiftungen erhielten Zuschüsse aus dem Fonds in
Millionenhöhe, ebenso Parteipolitiker, die vor allem auf dem Land mit
Geschenken wie Feuerwehrwagen oder teuren Topf- und Pfannensets für die
Landfrauen auf Stimmenfang gingen. Anscheinend wurde über die Vergabe der
Zuschüsse unter anderem bei einem Treffen in Ziobros Privathaus in Jeruzal
bei Skierniewice besprochen
Aus dem Gerechtigkeitsfonds wurde auch, so der Vorwurf der
Staatsanwaltschaft, der Ankauf des Spionagesoftwareprogramms Pegasus
bezahlt, das die PiS aber nicht zur Terrorbekämpfung einsetzte, sondern oft
zum Abhören der politischen Gegner und der Manipulation von Chatverläufen
auf deren Handys. Es kam vor, dass politische Gegner später im
PiS-Propagandasender TVP, dem ehemaligen öffentlich-rechtlichen Rundfunk,
öffentlich diffamiert wurden, um sie in den Augen der Wähler zu
kompromittieren.
Die Ermittlungsgruppe 2 der polnischen Staatsanwaltschaft hat im
Zusammenhang mit der Affäre rund um den Gerechtigkeitsfonds bereits mehrere
Personen angeklagt, darunter den PiS-Abgeordneten Dariusz Matecki, dem
darüber hinaus vorgeworfen wird, bei der polnischen Staatsfirma „Polnische
Wälder“ nur eine fiktive Stelle gehabt zu haben. Eine über 200-seitige
Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen acht weitere Personen aus dem
Umkreis von Ziobro liegt dem Gericht bereits vor.
Dem Zugriff der polnischen Justiz erfolgreich entziehen konnte sich bislang
der ehemalige Vizejustizminister Marcin Romanowski. Er erhielt in Ungarn
politisches Asyl. Wahrscheinlich wird auch Zbigniew Ziobro bei [2][Viktor
Orbán] in Ungarn um politisches Asyl bitten.
Er meldete sich nach der Abstimmung im Sejm aus Ungarn. Die umfangreiche
Klage gegen ihn habe nicht mit Gerechtigkeit oder einem funktionierenden
Rechtssystem zu tun, so Ziobro, sondern sei Ausdruck von Rache an einem
politischen Gegner. Dass man ihn in Polen sogar verhaften wolle, komme in
seinem Fall und bei seiner Krebskrankheit einem Todesurteil nahe. Im
Gefängnis werde er niemals die Behandlung bekommen können wie in Freiheit
und – so muss man hinzusetzen – im Ausland. Die öffentliche „Jagd“ auf…
solle verdecken, dass in ganz Polen Krebsoperationen auf das nächste Jahr
verschoben würden, weil die Kassen der Krankenhäuser leer seien. Zwar
dementierten die derzeit verantwortlichen Politiker der
Mitte-Links-Koalition unter Premier Donald Tusk dies sofort, doch aus
einigen Krankenhäusern waren andere Töne zu hören.
Da Ziobro anscheinend nicht die Absicht hat, in absehbarer Zeit zurück nach
Polen zu kommen und sich vor Gericht zu verantworten, wird Polens
Staatsanwaltschaft eine internationale Fahndung nach ihm ausschreiben.
Polens Staatspolitiker müssten dann darauf drängen, dass der internationale
Haftbefehl auch respektiert und der Ex-Justizminister in sein Heimatland
ausgeliefert wird.
8 Nov 2025
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## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Polen
PiS
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Polen
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