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# taz.de -- Rechter in DDR-Verlag: Der seltsame Mitinhaber
> Jahrelang war ein völkischer Siedler Mitinhaber der
> Eulenspiegel-Verlagsgruppe. Recherchen führten nun dazu, dass der Verlag
> sich von ihm trennte.
Bild: Biografie von Egon Krenz in der Edition Ost
Der Eingang wirkt wenig einladend. Das Holz des kleinen Vordachs mit roten
Ziegeln bedürfte etwas Farbe. Das Gebäude zwischen Autowerkstatt und
Schützenverein hat kaum reputatives Flair. An der weißen Hauswand können
die Namen verschiedener GmbHs und Co.KG gelesen werden. Nicht alle Felder
des Adressenschildes der Bürogemeinschaft in der Von-Ardenne-Straße sind
belegt. Ein Verlag hat hier in der Stendaler Straße seinen Geschäftssitz:
die Berliner Traditionsverlag GmbH.
Zu der Verlagsgruppe gehören die „Eulenspiegelverlagsgruppe“ und „Edition
Ost“, in der einer der Starautoren der ehemalige Staatsratsvorsitzende der
DDR, Egon Krenz, ist. Das Programm der Edition mutet osttalgisch an, die
DDR und ihrer Sicherheitsorgane werden kaum kritisch betrachtet, dafür umso
mehr die Nato und die Öffentlich-Rechtlichen. Die Geschichte des NS und des
Holocaust finden sich aber auch.
Und dennoch: über einige Jahre war einer der Geschäftsinhaber dieser linken
Verlage ein völkischer Siedler: Baldur Bachmann.
Den politischen Background des heute 43-Jährigen will der Geschäftsführer,
Andreas Kietzmann, jedoch nicht gekannt haben. „Herrn Bachmann lernte ich
im Zuge der Übernahme des Verlages kennen“ schreibt er der taz. Die
„politischen Überzeugungen waren mir unbekannt und sind auch im Nachgang
nie Thema gewesen“ antwortet Kietzmann auf die Redaktionsanfrage.
Seltsam, ging doch die Geschichte der Bachmanns vor einigen Jahren durch
alle Medien. In der sachsen-anhaltischen Region der Altmark zum Beispiel
ist Bachmann kein Nobody, sagt ein Rechtsextremismusexperte von Miteinander
e. V. In Wendemark, keine 40 Kilometer von Stendal. Dort leben
Familienangehörige der Bachmanns auf einem großen Hof mit mehreren
Gebäuden.
Der gebürtige Österreicher Bachmann ist immer wieder durch
Rechtsstreitigkeiten und Geschäftskonflikte aufgefalllen, sagt der
Mitarbeiter des „Netzwerks für Demokratie und Weltoffenheit“, das in der
Nordregion eine Beratungsstelle betreibt. Über die Einstellung der Eltern
würden in der Gemeinde keine Zweifel bestehen, versichert er der taz. 2021
berichtete sogar [1][Spiegel TV über den Clan mit seiner „völkischen
Enklave“].
Die Familie Bachmann sei von der anderen Seite der Elbe, aus der Lüneburger
Heide, nach Sachsen-Anhalt gekommen. Im Jahr 2015 musste sich das Ehepaar
[2][vor der 13. Großen Strafkammer des Landgerichts Hannover wegen des
Todes ihrer vierjährigen Tochter verantworten]. Die Staatsanwaltschaft warf
dem damals 32-jährigen Vater und der 28-jährigen Mutter eine
„Körperverletzung mit Todesfolge“ vor. Über Monate hatte sie im Jahr 2009
ihrer Tochter das lebensnotwendige Insulin nicht verabreicht. Rund um
Heiligabend verstarb die Tochter.
## Anhänger von Ryke Geerd Hamer
Die Staatsanwaltschaft vermutete, dass die Eltern sich den Lehren von Ryke
Geerd Hamer angenähert hätten und deswegen ihrer Tochter die Medizin nicht
gaben. Der 2017 verstorbene Gründer der „Germanischen Neuen Medizin“
lehrte, dass, wenn nur die „inneren Konflikte“ gelöst würden, eine
medizinische Behandlung nicht nötig sei. Bereits 1986 war dem Arzt die
Approbation entzogen worden.
Dass seine Habilitationsschrift und Lehre nicht angenommen wurden, führte
Hamer auf den Einfluss „jüdischer Logen“ zurück. Diese betrieben eine
„beispiellose Erkenntnisunterdrückungskampagne“. Er meinte weiter, dass die
„dumme alte Schulmedizin eigentlich eine jüdische Medizin“ sei, und sprach
von einem „Kampf der Talmud-Zionisten, alle Nichtjuden umbringen zu
wollen“. Die Ansichten dieses Arztes sind übrigens bis heute nicht nur im
rechtsextremen Milieu präsent.
In der Verhandlung räumte die Mutter Bachmann ein, über Bekannte auf den
Arzt Hamer aufmerksam geworden zu sein. Die Eltern Bachmann erhielten
jeweils acht Monate auf Bewährung.
Es war nicht nur die taz, die über diesen Fall berichtete, auch wenn nicht
auf die Art wie das rechte Magazin Zuerst!. Den Tod der Tochter, die auf
der Ahnenstätte Hilligenloh beigesetzt ist, wurde 2010 eine fünfseitige
„Homestory“ mit siebzehn Privatbildern gewidmet, in der die Bachmanns von
dem Tod der Tochter erzählen, der „ohne erkennbaren Grund“ eingetreten sei.
Über ihre Weltanschauung wurde nicht kritisch gesprochen, dafür die
staatlichen Behörden kritisiert, die eine Obduktion angeordnet hatten.
2015 bestritten die Bachmanns vor dem Landgericht, „patriotisch“ zu sein,
waren aber beispielsweise 2019 bei einer Kundgebung des rechtsextremen
„Volkslehrers“ Nikolai Nerling dabei. Sie besuchten Veranstaltungen der
heidnisch-völkischen „Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft�…
Das seien Familientreffen gewesen, verteidigte sich Baldur Bachmann. 2023
verbot das Bundesinnenministerium die Gemeinschaft.
Im Juli 2023 nun wurden die „Berliner Traditionsverlage GmbH“ von Andreas
Kietzmann und Baldur Bachmann mit einem Grund- und Stammkapital von 25.000
Euro gegründet. Über zwei Jahre lief die Partnerschaft. „Nach Bekanntwerden
der politischen Ausrichtung habe ich sofort Maßnahmen ergriffen, um Herrn
Bachmann aus dem Verlag auszuschließen“, betont Kietzmann.
Im Handelsregister ist Kietzmann jetzt als Geschäftsführer eingetragen, der
allein die Geschäfte führt. „Ich möchte ausdrücklich betonen, dass durch
Herrn Bachmann zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Inhalte im Verlag
stattgefunden haben“, schreibt er der taz. Die Aufgaben von Bachmann wären
„rein administrativer und juristischer Natur“ gewesen.
„Mit sehr großem Aufwand konnte nun eine rechtliche Klärung gefunden
werden“ erklärt der 65-Jährige Kietzmann. Der Geschäftsanteil Bachmanns in
Höhe von 12.501 Euro sind auf Kietzmann übergegangen. Bachmann sei somit
aus dem Verlag ausgeschieden, „um weiteren Schaden vom Verlag abzuwenden“,
so Kietzmann. Die Bachmanns müssen sich wohl neue Handlungsfelder suchen.
17 Nov 2025
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/spiegel-tv-voelkische-siedler-…
[2] /Prozess-zu-verstorbener-Vierjaehriger/!5020649
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Rechte Szene
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